Zum Mauerfall am 9. November 1989 bezieht Roland Rust, der leitende Pfarrer des Evangelischen Kirchenkreises an Lahn und Dill, deutlich Stellung:

Die Ereignisse um den 9. November 1989 waren für mich persönlich, ich stamme selbst aus der DDR, sehr bewegend. Gerne hätte ich sie in Berlin ganz nah miterlebt – aus beruflichen Gründen war das aber nicht möglich.

So blieben nur die Radio- und Fernsehprogramme, Zeitungen und Telefonate: Endlich war die Trennung von Verwandten und Freunden im „Osten“ überwunden. Endlich gehörten die Ohnmachtserfahrungen, nicht nur beim Grenzübertritt, der Vergangenheit an. Endlich war sie wie weggefegt, die Angst vor Bespitzelung und Verrat. Eine Reise in die alte Heimat wurde nun ganz ohne bürokratische Hemmnisse und Schikanen möglich.

Was für ein großartiges Geschenk! Auch dreißig Jahre nach dem Mauerfall erinnere ich mich staunend und dankbar an die Kraft der Friedensgebete und Gottesdienste jener Zeit. Mit großem Respekt denke ich an die vielen Menschen in der DDR, die sich für einen demokratischen Neubeginn eingesetzt haben – mutig, besonnen und fromm.

Nach wie vor freue mich darüber, ehemalige Grenzübergänge wie Berlin Friedrichstraße, Herleshausen, Marienborn frei und ungehindert passieren zu können. Endlich ist diese elende Grenze, Spätfolge der Nazi-Zeit, überwunden! Und es ist an uns, für die neu anvertraute Freiheit Verantwortung zu übernehmen und für eine menschenfreundliche Gesellschaft einzutreten – auch dreißig Jahre danach.