Hunderte Zuschauer haben in den drei Lahnauer Ortsteilen an Heiligabend die „Rollende Weihnacht“ erlebt. Maria und Josef mit dem Jesuskind fuhren durch fast alle Straßen der Gemeinde und wurden von den Bewohnern erwartet, die sich warm eingekleidet auf die Ankunft der Heiligen Familie freuten.

„Ich finde es gut, unter den jetzigen Bedingungen, etwas anzubieten. Wenn wir nicht in die Kirche können, kommt die Kirche zu uns“, zeigt sich Tabea Will in Dorlar begeistert, die gemeinsam mit Mann und ihrer 11-monatigen Tochter die „Rollende Weihnacht“ herbei sehnt. Wenig später kommen vier Autos mit der weihnachtlichen Szene vorbei gefahren. Auf einem Anhänger steht ein geschmückter Weihnachtsbaum und Engel schweben in der Luft, ein weiterer Autoanhänger zeigt die Hirten von Bethlehem, umgeben von ihren Schafen. Ganz zum Schluss folgen die drei Weisen aus dem Morgenland mit einem Kamel. Bei sechs Grad plus nach dem Ende des mittäglichen Regens lässt es sich gut an der Straße ausharren.

Pfarrerin Manuela Bünger resümiert, dass die Reaktionen „überwältigend und berührend“ waren. „Die Menschen haben Spenden in die Autos hineingeworfen und manche Träne floss“. Auch die katholische Gemeindereferentin Alexandra Mühl von der Pfarrgemeinde Mariä Schmerzen in Dorlar ist begeistert.

Über 100 Personen aus den drei Ortsteilen haben sich an der Vorbereitung der Aktion beteiligt. Als im Herbst absehbar war, dass die 7-Tage-Inzidenz-Werte immer weiter steigen, hatten die drei evangelischen Kirchengemeinden und die katholische Pfarrgemeinde entschieden, auf Präsenzgottesdienste zu verzichten. Im ökumenischen Arbeitskreis entwickelten sie mit Mühl sowie Pfarrerin Manuela Bünger und Pfarrer Frieder Ackermann die Idee der „Rollenden Weihnacht“.

Rasch beteiligten sich viele Gemeindemitglieder und auch die Burschenschaft Waldgirmes an der Umsetzung. Im Gemeindezentrum in Dorlar, aber auch in den heimischen Garagen haben die ehrenamtlichen Helfer fleißig gewerkelt. Die vorgestellten Ideen haben die Helfer unterschiedlich umgesetzt. Manche Figuren erhielten ein bunt bemaltes Gesicht. Andere kamen in prächtiger Kleidung auf den Autoanhängern daher. Ein Kamel bestand aus einer urig geformten Wurzel.

Zu den Gestaltern gehörte auch Pfarrer Ackermann, der es sich nicht nehmen ließ, ebenfalls einen Motivwagen zu lenken. Der 52-jährige Dorlarer Physiklehrer Marc Schäm erklärte sich wie Pfarrer Ackermann und zehn weitere Autobesitzer bereit an Heiligabend zweieinhalb Stunden durch die Straßen zu fahren und die mobile Weihnachtsgeschichte zu seinen Mitbürgern zu bringen. Seine Ehefrau und auch die beiden Töchter waren von der Aktion so angetan, dass sie den Ehemann und Vater im Auto begleiteten.

Schäm fand es gut, dass die „Rollende Weihnacht“ nur ein Baustein der Aktion zu Heiligabend war. Ein Team hatte ein zwölfseitiges Heft erstellt unter dem Titel „Weihnachten kommt heute zu dir“ gestaltet. Darin sind die Weihnachtsgeschichten aus dem Lukas- und dem Matthäusevangelium abgedruckt. Die Leser finden in dem Heft eine zweiseitige Andacht für Erwachsene und eine kürzere für Kinder. Zudem ist der Zeit- und Wegeplan für die „Tour durch die Dörfer darin abgedruckt, damit die Bürger zur rechten Zeit an die Straße kommen konnten. Der Waldgirmeser Grafiker Andreas Gerhardt verschönerte das Weihnachtsheft mit bunten Zeichnungen. Außerdem lag jedem Heft ein Bastelbogen für drei Sterne und eine Teelichtbanderole bei, damit die Familien im warmen und geschmückten Wohnzimmer den Sinn der Weihnacht aufnehmen konnten.

In der Woche vor dem Weihnachtsfest haben Helfer die Hefte in einer Auflage von 4500 Exemplaren an alle Haushalte verteilt. „Es war für mich sehr spannend, vor dem Start der drei Züge am Lahnufer, alle 12 Wagen auf einmal zu sehen und dabei zu entdecken, wie viel Kreativität Zeit und Engagement die Lahnauer in das Projekt gesteckt haben“, ist Gemeindereferentin Mühl beeindruckt. „Es ist super, wenn zuerst eine Idee da ist, die dann nach der Umsetzung in der Realität noch viel schöner ist, als vorher gedacht“.

In ihrer Begeisterung über die gelungene Aktion schwingt die Hoffnung mit, dass durch dieses Projekt Hoffnung und Freude einmal auf ganz andere Art die Menschen erreicht haben. „Es ist ein echtes ökumenisches Gemeinschaftsprojekt, das keine Gemeinde für sich alleine hätte stemmen können“, ist die Gemeindereferentin Alexandra Mühl überzeugt.

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