Evangelische Weihnachtsgottesdienste an Lahn und Dill:
Mit mehr als 220 Gottesdiensten haben evangelische Christen in den Kirchen an Lahn und Dill das Fest der Geburt Jesu gefeiert. Für überfüllte Kirchen sorgte dabei das breit gefächerte Veranstaltungsangebot mit Gottesdiensten für Alleinstehende, Erwachsene, Jugendliche und Familien mit kleinen und großen Kindern. Dabei beteiligten sich auch Katechumenen, Konfirmanden, Kindergottesdienst-Kinder, Chöre und Instrumentalgruppen an der Gestaltung.
Die Predigten und Krippenspiele zeigten den Gottesdienstbesuchern eine andere Perspektive als die gewohnte auf: statt materiellem Reichtum stand die Herzensfreude im Mittelpunkt, statt Events und Spektakel der Blick auf das Kleine, Unscheinbare, statt Neid, Gier und Verdrängung des Bösen Gottes Heil und Frieden für die Welt und das eigene Leben.
Dass Christus als König in die Welt kam, der statt Gold und teuren Schätzen Freude fürs Herz und fürs Leben gibt, stellten Kinder im Krippenspiel in Niedergirmes dar. „Ein Lied für den König“ hieß das von Joe Biermann und Pfarrerin Ellen Wehrenbrecht eingeübte Stück, in dem ein Hirtenjunge dem Christuskind eine Flötenmelodie schenkt. „Der Heiland hat sein Herz gerührt und ihn zum rechten Weg geführt“, fasst der Großvater des Jungen das Geschehen zusammen.
Um „Fünf Weihnachtsmänner und die Geschichte dahinter“ ging es im Krippenspiel von Pfarrer Siegfried Meier, das zehn Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren in der Kreuzkirche in Wetzlar unter Leitung von Jugendmitarbeiterin Barbara Agricola aufgeführt haben. Hier erklärt ein Opa seinen Enkeln, dass Weihnachten ursprünglich nichts mit Weihnachtsmännern zu tun hat, sondern mit der Geburt des Christuskindes, mit dem Retter, den Gott in die Welt geschickt hat. Wie das aussehen kann, legte Pfarrer Jörg Süß in seiner anschließenden Christvesper-Predigt über Jesaja, Kapitel 9, Verse 1 bis 6, dar: „In einer Welt, in der Spektakel und Event zählen, wird das, was unspektakulär und zurückhaltend daher kommt, nicht gewürdigt oder gar übersehen“, sagte der Wetzlarer Superintendent. Damit stelle Gott auf den Kopf, was bei Menschen gelte. Bei ihm zähle das Kleine, Geringe, Nicht-Beachtete.
Was wäre, wenn man alles Böse und alles Leid auf der Welt und im eigenen Leben ausklammern könnte? Diese Frage stellte Pfarrer Volkmar Kamp in seiner Predigt an Heiligabend. Aber: „So ist die Welt nicht, so ist Weihnachten nicht“, stellte der Theologe fest. Doch „genau in diese Welt hinein wird das Kind geboren. Heute feiern wir, dass die Liebe siegt. Glaub der Liebe des Kindes in der Krippe, vertrau ihm mehr als dem, was dich fertig macht, denn deine Zukunft liegt in seinen guten Händen.“
„Bethlehem ist überall“ hieß es im von Pfarrer Reiner Wagner selbst verfassten Musical. 25 Kinder und die Band „Unicum“ waren an der Aufführung in Niederkleen beteiligt, in der das Verhalten der Menschen untereinander und in der Politik kritisch betrachtet wurde: „Uneinsichtig sind die Leute, voller Missgunst, Neid und Gier. Schöner Schein beherrscht das Heute, und am Rand verkümmern wir.“ So zu reden und zu handeln wie Jesus, damit das Leben und die Welt heil werden, lautete demgegenüber sein Appell.
Pfarrer Wolfgang Grieb sagte in der Paulskirche Hermannstein, dass Gott sich angesichts vieler dunkler Erfahrungen im Weltgeschehen und im persönlichen Leben im Friedenskind zeige: „Wo der Lichtkreis des Kindes aufgenommen wird, gehen Fäuste auf. Da geschieht Versöhnung, wird es hell inmitten der bleibenden Bedrohung von Leid.“ Diese Friedenskraft präge nicht nur Christen, sondern auch von Gottesliebe erfüllte Muslime.
Und einen besonderen musikalischen Genuss gab es neben vielen anderen auch:Bachs Kantate „Und es waren Hirten in derselben Gegend“ aus dem Weihnachtsoratorium führte Kantor Dietrich Bräutigam mit dem Wetzlarer Bach-Collegium und der Kantorei am zweiten Weihnachtstag im Rahmen des traditionellen Kantatengottesdienstes im Dom auf.
bkl
Bild 1: Was es mit der Bedeutung von Weihnachten jenseits aller Weihnachtsmänner auf sich hat, erfuhren die Gottesdienstbesucher beim Krippenspiel in der Kreuzkirche in Wetzlar. Die vier Adventskerzen symbolisieren die Ankunft Jesu Christi.Bild 2: In Niedergirmes spielten die Hirten im von Joe Biermann und Pfarrerin Ellen Wehrenbrecht eingeübten Krippenspiel eine wichtige Rolle.
Bild 3: Die Kantate „Und es waren Hirten in derselben Gegend“ aus dem Bach’schen Weihnachtsoratorium war am 2. Weihnachtsfeiertage im Gottesdienst im Dom zu hören.