Die Predigt in diesem Ostergottesdienst stammt von Dr. Siegfried Meier, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Wetzlar, Bezirk Heilig-Geist. Der Gottesdienst wurde in der Wetzlarer Hospitalkirche aufgenommen und ist als Video abrufbar auf der Homepage der Kirchengemeinde Wetzlar: http://www.evangelisch-in-wetzlar.de

 

Peter Sinkel bringt die Osterkerze nach vorne und ruft:

„Der Herr ist auferstanden!“

Gemeinde antwortet: „Er ist wahrhaftig auferstanden!“

 

Orgelvorspiel

 

EG 103, 1-6

1. Gelobt sei Gott im höchsten Thron samt seinem eingebornen Sohn, der für uns hat genug getan. Halleluja, Halleluja, Halleluja.

2. Des Morgens früh am dritten Tag, da noch der Stein am Grabe lag, erstand er frei ohn alle Klag. Halleluja, Halleluja, Halleluja.

3. Der Engel sprach: »Nun fürcht’ euch nicht; denn ich weiß wohl, was euch gebricht. Ihr sucht Jesus, den find’t ihr nicht.« Halleluja, Halleluja, Halleluja.

4. »Er ist erstanden von dem Tod, hat überwunden alle Not; kommt, seht, wo er gelegen hat.« Halleluja, Halleluja, Halleluja.

5. Nun bitten wir dich, Jesu Christ, weil du vom Tod erstanden bist, verleihe, was uns selig ist. Halleluja, Halleluja, Halleluja.

6. O mache unser Herz bereit, damit von Sünden wir befreit dir mögen singen allezeit: Halleluja, Halleluja, Halleluja.

 

P:   Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen

Geistes,

G: Amen.

P:   Unsere Hilfe steht im Namen des HERRN,

G:  der Himmel und Erde gemacht hat.

 

P:

Herzlich willkommen zu diesem Gottesdienst – und zum ersten Mal sage ich dazu: herzlich willkommen an den Bildschirmen, den tablets oder wo auch immer sie diesen Gottesdienst aus der Hospitalkirche sich ansehen, wir wollen mit Ihnen Gottesdienst feiern und nutzen zu diesen ungewöhnlichen Zeiten eben diese ungewöhnlichen Mittel.

Wir beten den 1. Teil von Psalm 118 im Wechsel, im Gesangbuch Nr. 751.1. Der Psalm wird gleich eingeblendet, ich darf Sie bitten, die eingerückten Verse zu übernehmen:

Danket dem Herrn; denn er ist freundlich,
und seine Güte währet ewiglich.
Der Herr ist meine Macht und mein Psalm
und ist mein Heil.

Man singt mit Freuden vom Sieg in den Hütten der Gerechten:
Die Rechte des Herrn behält den Sieg!
Die Rechte des Herrn ist erhöht;
die Rechte des Herrn behält den Sieg!
Ich werde nicht sterben, sondern leben
und des Herrn Werke verkündigen.
Der Herr züchtigt mich schwer;
aber er gibt mich dem Tode nicht preis.

Tut mir auf die Tore der Gerechtigkeit,
dass ich durch sie einziehe und dem Herrn danke.
Das ist das Tor des Herrn;
die Gerechten werden dort einziehen.
Ich danke dir, dass du mich erhört hast
und hast mir geholfen.

Der Stein, den die Bauleute verworfen haben,
ist zum Eckstein geworden.
Das ist vom Herrn geschehen
und ist ein Wunder vor unsern Augen.
Dies ist der Tag, den der Herr macht;
lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein.

 

EHR SEI DEM VATER UND DEM SOHN UND DEM HEILIGEN GEIST WIE ES WAR IM ANFANG JETZT UND IMMERDAR UND EWIGKEIT ZU EWIGKEIT. AMEN.

 

Bekenntnis

Herr Jesus Christus, auferstandener Herr, wir leben in Unsicherheit und Angst. Manche Arbeitsplätze werden aufgewertet, andere scheinen überflüssig zu sein. Wir haben nicht gelernt, damit umzugehen. Wie sehen die hohen Krankheitszahlen, wie hören von den vielen Toten, wir werfen Blicke in die Nachbarländer, wir wissen nicht, was kommt. Du bist der Erste, der Letzte und der Lebendige. Auf wen könnten wir vertrauen, wenn nicht auf Dich. Du hast das Elend kennengelernt und die Last von Krankheit und Verachtung getragen. Zu Dir rufen wir:

Gnadenzuspruch: „Der Herr ist auferstanden!“ / „Er ist wahrhaftig auferstanden!“

Kollektengebet

Herr, dreieiniger Gott, um dem Tod und der Angst nicht das letzte Wort zu gönnen, hast Du Jesus Christus, Deinen Sohn, unsern Herrn auferweckt, hast Du bestätigt; Du warst und bist in ihm, und in ihm werden wir leben, befreit von allem, was uns jetzt Sorge und Angst macht. Du bist der Herr. Du allein lebst und regierst von Ewigkeit zu Ewigkeit,

G: Amen.

 

Schriftlesung (Evangelium): Matthäus 28, 1-10

Als aber der Sabbat vorüber war und der erste Tag der Woche anbrach, kamen Maria von Magdala und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen.  Und siehe, es geschah ein großes Erdbeben. Denn der Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat hinzu und wälzte den Stein weg und setzte sich darauf.   Seine Gestalt war wie der Blitz und sein Gewand weiß wie der Schnee.  Die Wachen aber erschraken aus Furcht vor ihm und wurden, als wären sie tot.  Aber der Engel sprach zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, dass ihr Jesus, den Gekreuzigten, sucht.   Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht die Stätte, wo er gelegen hat;   und geht eilends hin und sagt seinen Jüngern, dass er auferstanden ist von den Toten. Und siehe, er wird vor euch hingehen nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen. Siehe, ich habe es euch gesagt.   Und sie gingen eilends weg vom Grab mit Furcht und großer Freude und liefen, um es seinen Jüngern zu verkündigen.   Und siehe, da begegnete ihnen Jesus und sprach: Seid gegrüßt! Und sie traten zu ihm und umfassten seine Füße und fielen vor ihm nieder.   Da sprach Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Geht hin und verkündigt es meinen Brüdern, dass sie nach Galiläa gehen: dort werden sie mich sehen.

 

L: Evangelium unseres Herrn Jesus Christus!

G: Lob sei Dir, o Christe.

Glaubensbekenntnis

EG 100, 1-5

 

  1. Wir wollen alle fröhlich sein in dieser österlichen Zeit; denn unser Heil hat Gott bereit’. Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja, gelobt sei Christus, Marien Sohn.

 

  1. Es ist erstanden Jesus Christ, der an dem Kreuz gestorben ist, dem sei Lob, Ehr zu aller Frist. Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja, gelobt sei Christus, Marien Sohn.

 

  1. Er hat zerstört der Höllen Pfort, die Seinen all herausgeführt und uns erlöst vom ewgen Tod. Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja, gelobt sei Christus, Marien Sohn.

 

  1. Es singt der ganze Erdenkreis dem Gottessohne Lob und Preis, der uns erkauft das Paradeis. Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja, gelobt sei Christus, Marien Sohn.

 

  1. Des freu sich alle Christenheit und lobe die Dreifaltigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja, gelobt sei Christus, Marien Sohn.

 

Predigt

EG 112, 1-4

 

  1. Auf, auf, mein Herz, mit Freuden nimm wahr, was heut geschicht; wie kommt nach großem Leiden nun ein so großes Licht! Mein Heiland war gelegt da, wo man uns hinträgt, wenn von uns unser Geist gen Himmel ist gereist.

 

  1. Er war ins Grab gesenket, der Feind trieb groß Geschrei; eh er’s vermeint und denket, ist Christus wieder frei und ruft Viktoria, schwingt fröhlich hier und da sein Fähnlein als ein Held, der Feld und Mut behält.

 

  1. Das ist mir anzuschauen ein rechtes Freudenspiel; nun soll mir nicht mehr grauen vor allem, was mir will entnehmen meinen Mut zusamt dem edlen Gut, so mir durch Jesus Christ aus Lieb erworben ist.

 

  1. Die Höll und ihre Rotten, die krümmen mir kein Haar; der Sünden kann ich spotten, bleib allzeit ohn Gefahr. Der Tod mit seiner Macht wird nichts bei mir geacht’: er bleibt ein totes Bild, und wär er noch so wild.

 

Fürbittengebet

Herr Jesus Christus,

„Der Tod mit seiner Macht wird nichts bei mir geacht“ haben wir gesungen. In unseren besten Tagen geht das auch leicht über die Lippen, weil wir wissen: Du bist der Sieger, Du bleibst der Sieger, auf Dich ist Verlass. Wir haben aber auch die anderen Bilder vor Augen, die uns Angst machen, und darum bitten wir Dich, dass sie uns nicht überwältigen. Dass sie uns nicht vom Beten abhalten, dass wir für diejenigen beten, die in Angst sind, wegen ihrer Gesundheit, wegen ihres Arbeitsplatzes, wegen ihrer Freunde und Familie, die gefährdet sind, weil alles nicht so läuft, wie wir gerade wollen. Viele arbeiten unter Hochdruck und gerade für sie bitten wir Dich, dass sie in Ruhe arbeiten können, dass sie die Mittel haben, Kranke zu versorgen, Sterbende zu begleiten. Und die vielen, die uns mit Lebensmitteln versorgen, die Kinder betreuen und ältere Menschen, die gar nicht an Urlaub oder Ferien denken können – für die bitten wir Dich auch, dass wir sie nicht nur jetzt vor Augen haben und für sie beten, sondern dass sie uns auch sonst lieb und wert sind. Und – ja, für alle Unvernünftigen bitten wir Dich auch, die sinnlos durch die Gegend rasen, andere verprellen und ihre Form von Freiheit und Freizeit andere spüren lassen, deren Lebensstil geeignet ist, vielen Schaden zuzufügen. Schenke ihnen Weisheit – und auch den vielen, die sich ernsthafte Gedanken um andere machen, deren Job es ist, dass alles organisiert ist und organisiert wird, was zu machen ist.

Du bist der auferstandene Herr, der uns Trost schenkt, der die Angst vertreibt, der uns mutig und fröhlich singen lässt, – nicht, als ob nichts wäre, sondern so, dass wir Grund haben, Dich zu loben, weil Du auferstanden bist und uns nicht in der Angst lässt.

Amen.

Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

 

EG 99

Christ ist erstanden von der Marter alle; des solln wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein. Kyrieleis.

Wär er nicht erstanden, so wär die Welt vergangen, seit dass er erstanden ist, so lobn wir den Vater Jesu Christ. Kyrieleis.

Halleluja, Halleluja, Halleluja! Des solln wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein. Kyrieleis.

 

P:              Gehet hin im Frieden des Herrn.

G:               Gott   sei   Lob   und Dank.

P: Segen

G: Amen, Amen, Amen.

Orgelnachspiel

 

Predigt

mit Apokalypse 1, 17+18

 

Liebe Gemeinde,

ein unbekannter Anrufer rief in diesen Tagen im Gemeindeamt an, Sorge in der Stimme, nannte seinen Namen nicht sondern fragte einfach: „Ist das schon die Apokalypse?“ Und er erhielt die beherzte Antwort: „Nein, diese Zeit geht vorbei!“

Apokalypse“, das ist sicher ein Stichwort, dass die Kommentatoren im Gepäck haben, um es bei Gelegenheit herauszuziehen, wenn es um Vernichtung geht, um Chaos, um eine nicht beherrschbare Situation, die alles in den Abgrund reißt. Besonnene Kommentatoren halten sich damit zurück, aber ihre Meinung zur Lage geben ja auch die unbesonnenen weltweit zur Kenntnis.

Apokalypse bedeutet „Enthüllung“, „Eröffnung“. Eigentlich soll eine Apokalypse die Augen öffnen für das, was wirklich ist. Darum lautet an Ostern der Wochenspruch „Ich war tot und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit“, ein Vers aus dem 1. Kapitel der Apokalypse, der Offenbarung, genauer: der Offenbarung des Johannes, dem letzten Buch der Bibel, oder noch genauer: Offenbarung Jesu Christi, denn der ist es, der sich hier zu erkennen gibt. Und daher müssen wir wenigstens den Vers zuvor und den Halbvers danach auch noch dazu nehmen: Johannes sieht Jesus Christus in seiner Herrlichkeit, die ihn, Johannes auf den Boden wirft (Apk 1, 17+18): „Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot; und er legte seine rechte Hand auf mich und sprach zu mir: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.“

Wie tot zu seinen Füßen. Er sieht Jesus und fällt wie tot zu seinen Füßen. Nicht, weil er nicht wüsste, dass Jesus auferstanden ist, das weiß er sehr wohl. Johannes ist auf diese verlassene Insel geschickt worden, weil er den Mund nicht halten konnte und wollte, weil er von dem auferstandenen Jesus Christus geredet hat und weiter reden will. Das lässt man sich an oberer Stelle nicht einfach sagen. Auch da gilt: keine anderen Götter, keiner, der hier über den Staatsgöttern steht. Ein auferstandener Gekreuzigter, der auf Roms Geheiß gekreuzigt wurde. Das wäre ja noch schöner. Da oben hat man das Sagen. Das Imperium schlägt zurück und schickt Johannes auf die Insel.

Aber dass Jesus Christus hier vor ihm steht, majestätisch, beherrschend, glänzend, prachtvoll – das bringt ihn außer Fassung und auf die Knie.

Wer hat hier das Sagen? Rom – oder Christus? Wer hat hier das Sagen: der Tod – oder Christus? Wer geht hier vor wem in die Knie?

Jesus spricht ihn an, legt seine rechte Hand auf Johannes, vielleicht auf die Schulter oder den Kopf, jedenfalls eine fürsorgliche Geste – und das von dem, dem alle Macht gegeben ist; der legt die Hand auf, wie zum Segen. Der ist weder kontaktscheu noch auf Distanz zu denen, die an ihn glauben.

Fürchte dich nicht. Wie bei den Hirten zu Weihnachten und den Frauen am Ostergrab. Fürchtet euch nicht. Ihr habt keinen Grund mehr, euch zu fürchten, jetzt bin ich ja da, ich bin jetzt bei euch, gegenwärtig, niemand von früher sondern jetzt da. Fürchte dich nicht. Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige.

 Der Erste und der Letzte? Der zuerst da war und auch am Ende noch bleiben wird? Der das alles umfasst, auch unsere Zeit, auch unser Leben, vom ersten bis zum letzten Tag hin? Wer sollte das sonst sagen, wenn nicht der Sohn Gottes, Mensch geworden, als Mensch gestorben und dann auferstanden?

Er ist der Erste und der Letzte und der Lebendige. In ihm ist das Leben. Der Lebendigesonst ist in der Bibel so nur von Gott, dem Vater die Rede. Aber hier: der Lebendige, das ist der, der das Leben in sich hat. Das ist der, den andere zu Tode bringen wollten, um ihm das Leben zu nehmen, was davon geprägt war, uns von Gott zu erzählen, zu heilen, Gemeinschaft herzustellen, zu segnen und für uns zu sorgen. Er ist der Erste und ist der Letzte, die anderen haben nicht das letzte Wort, die anderen haben nicht mehr das Sagen, das hat er alleine. Und damit ist auch nicht unser erstes oder letztes Wort entscheidend, wie es unter uns weitergeht, wie es mit uns weitergeht. Dann ist das in seiner Hand. In seiner segnenden Hand.

 Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.

Hier könnte man jedes Wort auf die Goldwaage legen und das ist auch pures Gold, was er hier sagt. Ich war tot – wer kann das von sich sagen? Nicht mal „ich bin tot“ – sondern nur: wir werde alle sterben. Wir werden alle tot sein. Aber – so sagt Marin Luther – „es wird keiner für den anderen sterben, sondern jeder wird in eigener Person für sich mit dem Tod kämpfen … es kann geschehen, dass ich dann weder bei dir bin, noch du bei mir bist. Im Sterben muß jeder selbst die Hauptsachen, die einen Christen betreffen, gut kennen“ – darunter die wichtigste, „dass uns Gott seinen einzigen Sohn gesandt hat, damit wir an ihn glauben.“ „Ich war tot“ – das gehört fortan dazu, wenn wir von Jesus Christus sprechen. Er war tot – und ist es nicht mehr. Er ist für uns gestorben und lebt für uns. Gottes Sohn, der gestorben ist, der aber auferweckt wurde. Gottes Sohn, der tot war – wie wir das erleben werden – aber der lebendig ist von Ewigkeit zu Ewigkeit. Was für ein Satz.

Tot für alle Ewigkeit. Verdammt in alle Ewigkeit – das hätten die vereinigten Machthaber Jerusalems gesagt. Am Kreuz gestorben, einen verfluchten Tod. Und die Römer schickten einen hin, der zuverlässig überprüfen sollte, ob „tot“ auch wirklich „tot“ heißt. Jesus war Geschichte. Jesus war. Das hätte man schreiben können, verurteilt, hingerichtet, Akte geschlossen.

Und wir beten das auch noch nach: gelitten, gekreuzigt, gestorben, begraben, es klingt immer tiefer und endgültiger. Und wir setzen noch eins drauf oder drunter: hinabgestiegen in das Reich des Todes. So endgültig, wie ein Sarg nur sinken kann. Da unten ist das Ende, von da kommt keiner mehr zurück. Das Reich des Todes. Wo der Tod das Sagen hat.

Aber was für ein Bild: ich habe die Schlüssel des Todes und der Hölle. Wenn ich zuschließe, dann bleibt der Tod drin. Und wenn ich aufschließe, dann kommen alle die aus dem Reich des Todes, die der Tod dann eben nicht mehr halten kann. Ich habe den Schlüssel zur Hölle – „Hades“, steht da, das ist die griechische Bezeichnung für das Totenreich, wo sozusagen die Toten leben, auch wenn sich das wie ein Widerspruch anhört. Aber der Hades, das sagten sich die Griechen, das muss der Ort sein, wo die Toten sind. Wo sollen sie denn auch sonst sein, der Tod hat das Leben besiegt, die Menschen sind gestorben, da ist keine Hoffnung mehr.

Und je mehr der christliche Glaube sich in unserer Gesellschaft verflüchtigt, umso mehr kommen die alten Gespenster wieder ins Bewusstsein, wie schräg das sein muss im Totenreich, und junge Leute beginnen das faszinierend zu finden. Totenreich als Sehnsuchtsreich, hatten wir vor ein paar Jahrhunderten auch schon mal, aber erstrebenswert ist das nicht – vor allem deswegen nicht, weil es den Schlüssel klar in die Hand des Todes gibt.

Das Totenreich – das ist aber auch immer die Macht des Todes, die in das Leben hineinragt und uns unsicher macht. Wer krank ist, ist nicht mehr so lebendig wie zuvor. Wer sich nicht mehr selbst versorgen kann, auch. Wer im Krankenhaus liegt und an den Maschinen hängt, ebenso. Aber auch die anderen gehören dazu, deren Tag von der Angst beherrscht ist. Wo der Lebendige ganz klein gemacht wird unter den alltäglichen Sorgen, die ich nicht klein reden will, im Gegenteil, die Sorge um den Arbeitsplatz ist schlimmer als die Sorge um eine Krankheit. Denn eine Krankheit können wir bekommen und wieder loswerden, aber die Arbeit bestimmt unser Leben, unseren Wert, unser Ansehen, ob wir das wahrhaben wollen oder nicht. Das Totenreich ist ein dämonisches Reich. Vielleicht lächeln wir darüber und denken: Dämonen, du liebe Güte, Märchenstunde! Aber warum ist die Sprache der Medien und der Verantwortungsträger im Moment so, als zögen wir in den Krieg? Der unsichtbare Feind, aufrüsten mit Schutz-Kleidung, militärische Sprache der Präsidenten – und doch ein Feldzug, in dem Panzer nichts nützen. Wir geben dem Feind einen Namen – aber anders haben es die Generationen in frühen Zeiten auch nicht gemacht. Was Macht über uns hat, das ist der Feind. Und wenn der sich nicht kontrollieren lässt, dann hat er etwas Unberechenbares. Dämonisches eben.

Ich habe die Schlüssel der Hölle und des Todes. Des Todes, ja, den wir alle sterben. Und auch zum Reich derer, für die ihr nur einen Kunstnamen findet.

Wer hat die Macht? Die Toten? Der Lebendige? Der Auferstandene. Auch wenn wir dieses Jahr Ostern anderes feiern und nicht so zusammenkommen wie sonst, gerade deshalb müssen wir es hören: Christus ist der Auferstandene, der tot war und lebendig ist – der sich uns segnend zuwendet. Dazu werden uns die Augen geöffnet. Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!

Amen.