Superintendent Hartmut Sitzler predigt in der Vorbereitungszeit auf Ostern:

„Wir fragen oft: ‚Wo bist du, Gott?‘ Die Bibel aber fragt: ‚Wo bist du, Mensch?‘“, so Dr. Hartmut Sitzler, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises an Lahn und Dill.

Der Theologe sprach im Rahmen der Fastenpredigt-Reihe zum Thema „Nicht mehr gut?! Gottes Schöpfung in der Krise …“, initiiert von der katholischen Pfarrei Unsere Liebe Frau. Die 40 Tage währende Vorbereitung auf das Osterfest wird in der katholischen Kirche „Fastenzeit“ genannt, in der evangelischen Kirche „Passionszeit“. Die Liturgie der Reihe im Wetzlarer Dom gestaltet der katholische Pfarrer Peter Hofacker, der auch Bezirksdekan ist. Den Gemeindegesang begleitete Thorsten Schauß an der Orgel.

Sitzler hatte seiner Predigt den Titel „Unter den Bäumen im Garten – unsere Verantwortung“ gegeben. Der Bedeutung des Begriffes „Verantwortung“ aus christlicher Sicht spürte der Theologe nach, indem er die biblischen Geschichten vom Sündenfall und vom Brudermord Kains aufgriff. Adam und Eva hätten sich vor Gott versteckt statt verantwortlich zu reagieren und die Frage Gottes „Wo bist du, Mensch?“ mit „Hier bin ich“ zu beantworten. Genauso hätte die Frage Gottes an Kain „Wo ist dein Bruder?“ beantwortet werden müssen mit „Da ist mein Bruder“. Gott spreche mit diesen Fragen das Innerste des Menschen an und damit sein Gewissen.

Der Mensch habe sich heute angewöhnt, nur noch zu fragen: „Was kostet es und was bringt es mir?“ Diese Denkweise sei eindimensional, unterstrich Sitzler. So sei bei einem Kunstwerk nicht der Wert des Kaufpreises entscheidend, sondern dass es eine sonst unsichtbare Wirklichkeit erschlösse, zum Beispiel als Schönheit. Die Dinge würden jedoch zu Objekten gemacht und der Mensch verdinglicht, selbst nur noch als Mittel zum Zweck gesehen, sagte der Theologe. „Das eindimensionale Denken hat unser Verhältnis zur Umwelt und zur Natur aufgelöst.“ Denn auch hier ginge es nur noch darum, die Natur als Ressource und damit als Mittel zum Zweck nutzen zu können. Die Tür, um aus diesem Denken herauszukommen, heißt Verantwortung“, so der Superintendent. Es ginge darum, die Natur zu schützen, weil die Schönheit der Schöpfung Menschen berühren könne. „Mögen wir solche innere Offenheit haben, dass wir uns von Gott ansprechen lassen, wenn er uns fragt: ‚Wo bist du? Wo ist deine Schwester, dein Bruder?‘“, schloss Sitzler.

„Der Mensch wird seiner Verantwortung, die ihm Gott anvertraut und zugetraut hat, nicht gerecht“, so Pfarrer Peter Hofacker im Vorfeld der Veranstaltungsreihe. „Er zerstört das Klima und so die Pflanzen und Tiere heute und die Zukunft seiner Kinder. Wir wollen das Wort Gottes hören – und gemeinsam etwas tun. Dazu gehören in den vielfältigen Angeboten der diesjährigen Fastenzeit auch die Predigten der profilierten Predigerinnen und Prediger aus dem jeweiligen Fachgebiet.“

Die Reihe der Fastenpredigten wird samstags, jeweils von 18 bis 18.30 Uhr im Vorfeld der Vorabendmesse fortgesetzt. Am 26. März predigt Winfried Montz, Leiter der Abteilung Weltkirche im Bistum Limburg zum Thema „Es geht! Gerecht. – mit Mut machenden Geschichten weltweit“. „Fünf Brote und zwei Fische – Frauen trotzen dem Klimawandel in Bangladesch“ lautet der Leitgedanke für die Predigt von Dagmar Schwarze-Fiedler, Referentin von NETZ Bangladesch, Wetzlar, am 2. April. „Mensch, werde Mitgeschöpf! Von der Ehrfurcht vor dem tierischen Leben“ hat die Tierärztin Dr. Ruth Funk ihre Predigt am 9. April überschrieben.

bkl

 

Bild 1: Superintendent Dr. Hartmut Sitzler predigte im Dom über die Bedeutung der Verantwortung. Pfarrer Peter Hofacker (l.) feierte die Liturgie.

Bild 2: Ökumenische Begegnung im Rahmen der Fastenpredigt-Reihe: Superintendent Dr. Hartmut Sitzler (l.) hielt die Predigt, Bezirksdekan Peter Hofacker (r.) gestaltete die Liturgie.