Veranstaltungen zum Reformationstag in der Region an Lahn und Dill:

„Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen. Er hilft uns frei aus aller Not, die uns jetzt hat betroffen.“ Diesen altbekannten Luther-Choral haben zahlreiche Protestanten in der Region an Lahn und Dill auch an diesem Reformationsfest gehört oder im Freien gesungen, dabei auch an die derzeit verschärfte Pandemie-Situation gedacht und für die Betroffenen gebetet. An den Beginn der evangelischen Kirche vor mehr als 500 Jahren erinnern Protestanten in aller Welt am Reformationstag. Die 95 Thesen des damaligen Augustinermönchs Martin Luther (1483-1546) gegen kirchliche Missstände haben dabei den Beginn einer christlichen Erneuerungsbewegung markiert. Zentral ist die Erkenntnis der Reformatoren, dass Menschen unabhängig von Leistung oder Können von Gott geliebt und wertgeschätzt sind, theologisch „Rechtfertigung“ genannt. Darum ging es auch in den zahlreichen Gottesdiensten in der Region an Lahn und Dill, die unter strengen Auflagen stattfinden mussten.

Die Legende vom Tintenfasswurf Martin Luthers hatte der Wetzlarer Pfarrer Dr. Siegfried Meier zum Anlass für ein in Reimen selbst verfasstes Theaterstück genommen, in dem die theologische Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen der Reformation den Dreh- und Angelpunkt bildete. Der Tintenfasswurf gegen den Teufel wird zumeist auf der Wartburg verortet, wo Luther die Bibel übersetzte, der Ursprung der Sage liegt jedoch in Wittenberg, weshalb das Stück auch mit „Luther in Wittenberg“ betitelt war. Tobias Gisse spielte in dem kleinen Schauspiel, das in der Hospitalkirche und in Dalheim aufgeführt wurde, den Teufel, der aus dem Off zu hören war.

Wie der Satan versucht, den Reformator mit geschickten Einwänden zu verwirren, ihm das Wort im Mund herum zu drehen oder ihm Macht, Geld und Ruhm verspricht und wie Luther im Gegenzug fortwährend scharfsinnig pariert und seine Gewissheit, in Christus geborgen zu sein, in den Vordergrund stellt, konnten die Gottesdienstbesucher eindrücklich erleben.

Mit den Worten: „Ihr müsst ein armer Teufel sein, erkennt ihr nicht das ‚Ich-bin-dein‘, das klare Wort spricht von dem Heil, was durch Christus wird zuteil – mit Tinte in das Herz geschrieben!“ und einem spektakulären Wurf Luthers mit dem Tintenfass in Richtung Teufel endete das Stück.

Zu einer „Reformationsandacht auf dem Weg“ hatten sich etwa 30 Christinnen und Christen auf dem Aßlarer Backhausplatz versammelt. Hier regte Pfarrerin Friederike Schuppener im Blick auf die Kehrtwende, die die Reformation bedeutet habe, dazu an, umzudenken und in den nächsten vier Wochen auch angesichts der Corona-Situation das Alltagsleben zu reduzieren. Zeit, darüber nachzudenken, hatten die Teilnehmenden beim gemeinsamen Weg an der Volksbank vorbei und bergauf zur Kirche. Dort sprach die Pfarrerin ihnen Kraft und Mut zu, die die Menschen spüren konnten, als sie sich mit dem Rücken eng an die Kirche lehnten.

Andere Gemeinden hatten Hörgottesdienste und Videoclips zum Reformationsfest ins Internet gestellt. So ist auf der Homepage der Kirchengemeinde Hermannstein eine Beschreibung über „Luthers Lockdown auf der Wartburg“ zu finden. Martin Luther sei zum Rückzug aus dem öffentlichen Leben gezwungen gewesen, nachdem er sich auf dem Reichstag zu Worms 1521 vor dem Kaiser geweigert hatte, seine Überzeugung zu widerrufen, so Pfarrer Wolfgang Grieb in seiner Grußbotschaft: „Mit der Übersetzung des Neuen Testamentes in dieser Zeit der völligen Kontaktbeschränkung hat Luther den Menschen damals und uns allen die Möglichkeit gegeben, das Evangelium von dem Gott zu lesen, dessen Liebe in Christus größer ist als jede Not.“

Musikalische Vespern in der Braunfelser Friedenskirche und in der Wetzlarer Unteren Stadtkirche machten ebenfalls auf die Reformation aufmerksam.  Peter Hagen mit Gitarre und Laute sowie Joachim Eichhorn an der Orgel begleiteten die Lesungen von Luther-Chorälen und biblischen Texten durch Pfarrer Christian Silbernagel in der Unteren Stadtkirche musikalisch.

bkl

 

[vc_single_image image=”10937″ img_size=”full”]Im Theaterstück „Luther in Wittenberg“, das Pfarrer Siegfried Meier auch im Dalheimer Gemeindezentrum mit Tobias Gisse aufführte, betet Martin Luther auf Knien, seine Schriften und das legendäre Tintenfass vor sich.