Biographischer Rückblick von Clemens Ronnefeldt auf 40 Jahre Friedensarbeit:

Zur ersten Veranstaltung im Rahmen der Ökumenischen Woche, zu der die katholischen Gemeinde Schwalbach und der Arbeitskreises Frieden im Evangelischen Kirchenkreis an Lahn und Dill eingeladen hatte, begrüßte Pastoralreferent Richard Ackva die 15 Gäste gemeinsam mit Clemens Ronnefeldt, Referent für Friedensfragen beim Internationalen Versöhnungsbund. Er war gebeten worden, zu erzählen, wie sein Glaube ihn in seiner vierzigjährigen Arbeit motiviert und getragen hat.

„Normalerweise spreche ich nicht von meinem Glauben, wenn ich über meine Recherchen zu politischen Konflikten rede.“ Seine Mutter legte die Grundlage für seinen Glauben. Sie nahm ihn als kleines Kind in Gottesdienste mit, wenn sie die Orgel spielte. Er wurde Ministrant: Christus in den Armen zu begegnen, prägte sich ihm wie eine Verheißung ein. Sein Vater war als 17-Jähriger zum Kriegsdienst im Russlandfeldzug  eingezogen worden. Er überlebte zwar, aber, wie er später einmal sagte: „Emotional war ich tot“! Die Mutter starb, als er 11 Jahre alt war. In der Auseinandersetzung damit  fand er Trost in dem Satz aus der Bergpredigt Jesu: „Suchet zuerst nach dem Reich Gottes, so wird euch alles andere gegeben werden.“ Ein Besuch während des Theologiestudiums in Tansania öffnete ihm die Augen für die Not der Menschen. Nicht die Existenz verschiedener Konfessionen nahm er als Hauptproblem der Kirche wahr, sondern die Spaltung zwischen arm und reich. So setzte sich die Haltung durch, die Welt von unten sehen zu wollen – mit den Menschen arbeiten und nicht für sie. Während er sich nach seinem Studium im Hunsrück mit einer kleinen Gruppe gegen die Politik der atomaren Abschreckung mit Cruise-Missiles einsetzte, verdiente er seinen Lebensunterhalt als Mitarbeiter in einem Großhandel für Umweltschutzpapier.

Während dieser Zeit, 1986 bis 1992, war er Diözesanvorsitzender von Pax Christi Mainz. Ein Versuch, dem drohenden Irakkrieg entgegen zu treten, führte ihn mit einer Delegation nach Bagdad. Die Einschätzung in der Zivilbevölkerung zu dieser Aktion brachte eine Krankenschwester im kirchlichen St. Raphaelskrankenhaus in Bagdad auf den Punkt – dort übergaben sie Medikamente: „Euer Besuch ist für uns wie frischer Tau in der Wüste.“ Eine Marktfrau, bei der die Gruppe Gemüse einkaufen ging, wollte kein Geld dafür.

1992 übernahm Clemens Ronnefeldt von Richard Ackva die Stelle des Friedensreferenten beim Internationalen Versöhnungsbund deutscher Zweig, die er bis heute ausfüllt. Es war die Zeit der Kriege im ehemaligen Jugoslawien. Die Ausführung humanitärer Versorgung und besonders die Arbeit mit Flüchtlingskindern war wieder eine Erfahrung der Begegnung mit Christus für ihn. Ein Aufruf an Soldaten zur Befehlsverweigerung im Kosovo-Krieg handelte ihm mit anderen ein Gerichtsverfahren ein. Es endete mit einem Freispruch: Die Soldaten hätten erkennen müssen, dass dieser Krieg völkerrechtswidrig war. Immer mehr sah sich Clemens Ronnefeldt motiviert, seine Erfahrungen schriftlich, auch in Buchform zu verarbeiten. Eine Einsicht in Dorothee Sölles Buch „Mystik und Widerstand“ hat ihn beeindruckt: Sie schrieb: „Ein Christ/eine Christin ist absolut furchtlos, grenzenlos glücklich und immer in Schwierigkeiten“. Es folgten weitere Reisen mit Delegationen in den Nahen und Mittleren Osten, Begegnungen und Konferenzen und immer wieder Vorträge in Gemeinden und vor Schulklassen.

„Was würde Jesus heute tun?“ Über dieser Frage gab es am Schluss der Veranstaltung im Blick auf den Krieg in der Ukraine eine engagierte Diskussion. Wichtig sei, die Zivilbevölkerungen nicht nur in der Ukraine, sondern auch in Russland zu sehen und Kontakte zu halten. Die russische Regierung sieht sich nicht nur mit einem starken Widerspruch in der Bevölkerung konfrontiert, sondern auch im Militär. „Was wir jetzt erleben ist ein Stellungskrieg, in dem das Militär auf beiden Seiten sich abnutzt.“ Hier fragte Clemens Ronnefeldt: „Wann kommt der Punkt, wo beide Seiten bereit sind zu verhandeln?“ Hier gewinnen ausgearbeitete Friedenspläne wie z.B. von der italienischen Regierung oder von dem ehemaligen Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, an Bedeutung. Am Ende von Friedensverhandlungen wird die Frage nach einer Europäischen Sicherheits- und Friedensordnung stehen. Hierzu und zu der Frage nach einer ‚gemeinsamen Sicherheit‘ gibt es die Initiative der Badischen Landeskirche ‚Sicherheit Neu Denken‘. Christliche Friedensarbeiter*innen können sich immer wieder wie Reben am Weinstock von Christus nähren lassen. Sie brauchen nicht aus eigener Kraft leben, sondern – hier verwies der Referent auf Pfingsten – sich täglich neu mit Gottes Geist beschenken lassen.

Ernst von der Recke