Zehn Jahre Förderverein Untere Stadtkirche:
Als „Tankstelle für die Seele“ bezeichnet der 1. Vorsitzende des Fördervereins Untere Stadtkirche das Gotteshaus am Schillerplatz. Dabei verweist er auf die Geschichte der Kirche, die eigentlich nur der Chorraum des einstigen Franziskanerklosters ist. Den größeren Teil des Klosters nutzt derzeit die Wetzlarer Musikschule Lahn-Dill.
„Im Jahr 2014 hat sich eine Gruppe in der Kirchengemeinde gebildet, die sich zum Ziel gesetzt hatte, die Untere Stadtkirche am Rande der Innenstadt wieder in den Blickpunkt zu rücken und auf andere Weise zu nutzen“, erinnert sich Joachim Eichhorn, der bis 2011 als Kirchenmusikdirektor in der Kirchengemeinde tätig war und von Beginn an zum Vorsitzenden gewählt wurde. Unter den Impulsgebern war der einstige Presbyter Gerhard Gäde, der auch das Zusatzgestühl auswählte. Von ihm stammt der massive Eichentisch, der als Altar genutzt wird.
Der Förderverein setzt sich dafür ein, dass Ausstellungen, Vorträge und Konzerte wieder neues Leben in das seit 1284 erbaute Gotteshaus mit Leben gefüllt wird. „Unser Anliegen ist, für diese Kirche Mittel einzuwerben und den Baulastträger, die Kirchengemeinde, finanziell und ideell zu unterstützten“, beschreibt der 78-Jährige die Ziele des Fördervereins.
Inzwischen hat er fast 100 Mitglieder und hat 200.000 Euro für die Sanierung eingeworben. Das sind neben Mitgliedsbeiträgen Spenden von Unternehmen und Einzelspendern. Besonders zu nennen sind dabei die Sparkasse Wetzlar, die mit ihrer Sparkassenstiftung Projekte fördert. Oder die Wetzlarer Bürgerstiftung, die bislang 30.000 Euro zugesteuert hat. Die Wetzlarer Fotofreunde gehören ebenso dazu, die jedes Jahr nach Ostern die Ausstellungssaison mit ihren Bildern eröffnen. Einige Wetzlarer sammeln bei Geburtstagen oder Trauerfällen Spenden für die Sanierung. 2019/2020 wurde der Dachstuhl für 300.000 Euro erneuert. „Es war ein großer Erfolg, dass die Dachstuhlsanierung abgeschlossen wurde und damit für die weiteren Sanierungen erst einmal Ruhe ist“, sagt Eichhorn. Die Zahl der Schäden sind noch lang. Als nächstes müsse der Kreuzgang dringend in Ordnung gebracht werden, denn dort dringe Wasser durch das Dach. Zudem ist die Feuchtigkeit von unten her zu beheben.
Vor sieben Jahren hat die Kirchengemeinde an den Außenmauern den Putz bis auf eine Höhe von 50 Zentimetern abschlagen lassen, um so der Feuchtigkeit draußen die Möglichkeit zu nehmen, weiter hoch in die Wände einzuziehen. Aber auch im Inneren zerstört die Nässe Putz und Mauerwerk. Eichhorn zeigt auf eine lange feuchte Stelle auf der Empore. Der dort verlaufende Kamin ist undicht, so dass die Nässe auch dort eindringt. Es gibt also noch viel zu tun für den Förderverein.
„Kirchen sind Tankstellen für die Seele, die Untere Stadtkirche ist in der Tat eine solche“, sagt der Vorsitzende. Auch für ihn selbst sei das Gotteshaus ein Rückzugsort. Um auch anderen die Kirche am Schillerplatz zugänglich zu machen, hat sich eine Arbeitsgruppe „offene Kirche“ unter Leitung des Zweiten Vorsitzenden Thomas Moser gebildet, die an den Wochenenden die Kirche für Besucher öffnet. Eichhorn freut sich auch, dass es gelungen ist, freitags mit einem musikalischen Angebot Menschen einzuladen. Jüngst konnte er 120 Gäste zählen. In der Corona-Pandemie war die Musikschule dankbar, die Kirche für ihren Unterricht mitnutzen zu können. Seitdem gestalten Mitarbeiter der Musikschule die musikalischen Vespern mit. Auch der Kirchenkreis sorgt mit Veranstaltungen wie der jährlichen Krippenausstellung sowie besonderen Konzerten und weiteren ansprechenden Ausstellungen für ein geöffnetes Gotteshaus.
Zum Jubiläum gibt der Förderverein Heft 1 der „Schriften zur Stadtgeschichte“ als Festgeschenk heraus. Es ist die Geschichte der Unteren Stadtkirche. Wolfgang Wiedl, ehemaliger Mitarbeiter des Stadtarchives, hat die Texte mit aktuellen Erkenntnissen durch Fußnoten ergänzt. Die Historikerin Oda Peter, Vorstandsmitglied des Fördervereins, hat die Neuauflage vorangetrieben. Für Mitglieder wird das Sonderheft kostenlos sein. Für Interessierte kostet das Heft fünf Euro.
Gefeiert wird das Jubiläum am letzten Septemberwochenende:
Donnerstag, 26. September, um 19.30 Uhr: „Die Franziskaner in Wetzlar“ in der Alten Aula (Obertorstraße 20). Vortrag über Geschichte und Kunstgeschickte des Klosters mit der Historikerin Oda Peter.
Freitag, 27. September, um 18 Uhr, Musikalische Vesper in der Unteren Stadtkirche. Samstag, 28. September, von 14 bis 17 Uhr: Offene Untere Stadtkirche. Sonntag, 29. September, um 17 Uhr: Festkonzert mit dem Ardinghello-Ensemble Freiburg mit anschließendem Empfang im Kreuzgang der Unteren Stadtkirche.
red /bkl
Bild 1: Joachim Eichhorn, Vorsitzender des Fördervereins Untere Stadtkirche und Schriftführerin Oda Peter freuen sich über das zehnjährige Bestehen des Vereins.
Bild 2: Für 300.000 Euro wurde das Dach der Unteren Stadtkirche in den Jahren 2019 und 2020 saniert.
Bild 3: Im Chorraum der Unteren Stadtkirche finden regelmäßig musikalische Vespern und kulturelle Veranstaltungen statt.
Bild 4, 5 und 6: Auf Schäden am Gebäude weist der Vereinsvorsitzende Joachim Eichhorn hin.
Bild 7: Die Untere Stadtkirche in Wetzlar ist Teil des einstigen Franziskanerklosters.