Im Innenhof des Klosters Altenberg bei Oberbiel entfalten sich gerade die Knospen eines Magnolienbaumes.  Alle Gottesdienste, Konzerte, Vorträge und Lesungen sind abgesagt.

Die Auszubildenden der Hauswirtschaft wurden wegen des Corona-Viruses aus Sorge um die Gesundheit nach Hause geschickt. Das Jobcenter entschied, dass die 30 jungen Leute, die eine Maßnahme zur Qualifizierung und Beschäftigung im Kloster besuchen, ebenfalls zu Hause bleiben. Bis Ende Mai wird es keine Veranstaltungen mehr im Kloster geben. Auch der täglich frequentierte Klosterladen ist geschlossen.

Derzeit leben nur noch die Mitglieder der Geistlichen Gemeinschaft Altenberg in den alten Mauern. Ihr geistlicher Leiter, Bruder Lukas, hält mit den vier anderen „Brüdern“ tägliche Andachten und Gebetszeiten. Seit November 2018 lebt der Schweizer, der als Reinhard Haltiner geboren wurde, im Kloster Altenberg und probiert mit der Gemeinschaft geistliche Lebensformen aus.

Die gesundheitlichen Risiken wolle er respektieren sowie auch die Entscheidungen, die der Vorstand der Königsberger Diakonie getroffen habe. „Wir stellen uns darunter“, schildert Bruder Lukas und vermerkt, dass er in dieser kritischen Zeit froh ist, nicht die Gesamtverantwortung tragen zu müssen. „Vorstand Eva Steinmetz trägt die Verantwortung für die Menschen im Kloster und in den Einrichtungen in Braunfels, Hüttenberg und Wetzlar und nimmt diese sehr ernst“. Seit 40 Jahren lebe er als Klosterbruder und habe gelernt darauf zu hören, was andere entscheiden.
Die etwas stillere Zeit sieht er als eine Chance für die Geistliche Gemeinschaft. Es ist ja gerade kirchliche Passionszeit, in der auch das Thema „Ohnmacht“ eine Rolle spiele. Jesus hatte sich bewusst unter das Geschehen gestellt, das ihn ans Kreuz von Golgatha führte.
In den täglichen Gebeten schließe die Gemeinschaft derzeit die Entscheider in dieser Krise ein.
Besorgt schaut er auf die Menschen, die in dieser Zeit in innerliche Probleme kommen. „Der autonome Mensch, der sich nichts sagen lassen will, reagiert sehr unterschiedlich auf die Corona-Krise, entweder er verfällt in Unruhe oder er nimmt das alles nicht ernst.”

Natürlich bedauere er, dass in diesem Jahr die Osternachtsfeier nicht so stattfinden könne, wie geplant. Auch der Maimarkt wurde gestrichen und das 170. Jahresfest der Königsberger Diakonie kann nicht durchgeführt werden.
„Als kleine Gemeinschaft nehmen wir die Hygienehinweise sehr ernst und setzen diese sorgfältig um.
Die Nachrichten von der Corona-Krise kennen die Mitglieder der Geistlichen Gemeinschaft übrigens nicht aus Radio und Fernsehen. „Wir erfahren viel durch persönliche Begegnungen“, erzählt Bruder Lukas, der mit der Situation gelöst umgeht.
Gerade war der Sonntag mit der Bezeichnung Okuli, zu Deutsch: Augen. Diesem Sonntag ist der Bibeltext aus Psalm 25, Vers 15 zugeordnet: „Meine Augen sehen stets auf den Herrn.“ Das sei in dieser Krise wichtig, auf Gott zu schauen und sich nicht durch die Verzweiflung von Menschen verunsichern zu lassen.

Bruder Lukas hofft, dass die Pandemie bald ein Ende nimmt und die Besucher wieder geistliche Stärkung in den Klostermauern erfahren können, so wie es seit rund 800 Jahren geschieht.

lr[vc_single_image image=”9645″ img_size=”full”]