Kirchengemeinde will „Tobiasgeschwisterschaft“ gründen:
Die Zahl der Menschen, die ohne jede Begleitung beigesetzt werden, hat in den letzten Jahren zugenommen. Gründe sind zum einen laut Superintendent Jörg Süß das Fehlen von Angehörigen oder Geldmangel. In solchen Fällen ordnet die Stadt Wetzlar die Verbrennung im Krematorium und eine Urnenbeisetzung an. Dabei wird stets die kostengünstigste Variante gewählt. Die meisten dieser Menschen, so Süß, gehörten der evangelischen Kirche an, waren „getaufte Glieder am Leib Jesu Christi“.
Dem Pfarrer an der Kreuzkirche ist dies ein Ärgernis. Deshalb hat er dazu eingeladen, am Mittwoch, 13. September, um 18 Uhr im Gemeindehaus der Kreuzkirche (Stoppelberger Hohl) die sogenannte Tobiasgeschwisterschaft zu gründen. Ziel dieser Vereinigung soll es sein, eine würdige Bestattung für alle Verstorbenen zu ermöglichen. Der 13. September ist nicht von ungefähr gewählt. Dieser Tag gilt als Namenstag des Tobias. Der Name stammt aus dem gleichnamigen Buch „Tobias“. In dieser Schrift, die zeitlich zwischen dem Alten und dem Neuen Testament entstand, wird von dem Juden Tobias in assyrischer Gefangenschaft in Ninive berichtet, der sich um Verstorbene kümmerte, die nicht beigesetzt wurden. Dem Bericht nach hat er sie begraben.
Die geplante Tobiasgeschwisterschaft, so Süß, soll nach dem Vorbild der „Tobiasbruderschaft“ in Göttingen diesen Dienst des würdevollen Begräbnisses übernehmen. Die vier Innenstadtkirchengemeinden Göttingens haben im Jahr 2008 damit begonnen. Vier Mal im Jahr laden sie zu einem öffentlichen Abschiedsgottesdienst auf den Friedhof ein.
„Die Geschwisterschaft in Wetzlar soll allen Menschen offen stehen, die sich in christlicher Verantwortung sozial-diakonisch engagieren möchten“, so Süß. Dazu soll mit den Fachdiensten der Stadt und allen Bestattungsunternehmen, die sich beteiligen möchten, zusammen gearbeitet werden.
lr
Bestattungen unter Bäumen auf dem alten Friedhof an der Frankfurter Straße in Wetzlar.