50 Jahre ODE:
Es war ein besonderes Jubiläum bei 38 Grad im Schatten und umgeben von Sicherheitspolizei unter einem Festzelt in Burkina Faso in der Hauptstadt Ouagadougou. ODE, das Entwicklungsbüro der Evangelischen Kirchen in Burkina Faso feierte „50 Jahre ODE“ gemeinsam mit Vertreterinnen des AK Brot für die Welt TIKATO und weiteren internationalen Partnern in der Hauptstadt Ouagadougou. Die TIKATO-Vorsitzende Heidi Janina Stiewink und Ursula Müller aus Wetzlar Niedergirmes überbrachten die kreiskirchlichen Grüße von Superintendent Dr. Hartmut Sitzler. Als zusätzliches Gastgeschenk hatten sie einen Fotobaum mit Bildern aus fünf Jahrzehnten der Begegnung in Wetzlar und dem damaligen Obervolta bis zum heutigen Burkina Faso im Gepäck. Der neue ODE-Direktor Alain Bako und sein langjähriger Vorgänger Pfarrer Etienne Bazie freuten sich mit allen Mitarbeitenden über diese in Bildern festgehaltene lebendige Partnerschafts-Geschichte.
Für TIKATO begann sie 1974 mit dem Bau des Staudamms von Tikato: Heute von Terroristen beschlagnahmtes unzugängliches Gebiet. Die Partner von Brot für die Welt, aus dem Dekanat Böblingen und TIKATO aus Wetzlar waren zu Beiträgen aus ihren Blickwinkel und dem der „Nordkirchen“ gebeten worden. Für TIKATO berichtete Heidi Stiewink in einer von ihr und Dr. Wilhelm Wilmers erarbeiteten Stellungnahme über die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem ODE seit der Zeit von Pastor Samuel Yameogo. Aber auch von der Umbruchszeit der Nordkirchen und der Schwierigkeit, ehrenamtlichen Nachwuchs in der Entwicklungszusammenarbeit zu gewinnen. Ihr Fazit :“ Seien Sie versichert, unser Nächster ist und bleibt der Mensch in Burkina Faso“.
An fünf Tagen von je 12 Stunden wurden die Projektarbeit in Gegenwart und Zukunft von Experten beleuchtet. Mehr als 300 Gäste, darunter auch die Bauern aus den von ODE geförderten Regionen, folgten dem Resumée der 50 Jahre Projektarbeit. Es wurde von Etienne Bazie gezogen. „In 50 Jahren konnte in 11 von 13 Landesregionen mit 157 Millionen Euro Projektgeldern Menschen aus dem Elend geführt werden“, so berichtete er. Die Bevölkerung war immer in die Vorhaben durch große Hilfswerke wie Brot für die Welt und andere einbezogen worden. Dadurch machten sie alle Bemühungen sich selbst zu eigen und konnten bald selbstständig die Zukunft in ihre Hand nehmen.
Neben Gartenbau und Viehzucht ging die Ausbildung auch zu Menschen-, Frauen- und Kinderrechten, Finanzwesen und Handwerk. Dass dies in Zukunft schwieriger wird, brachte die Konferenz schnell zutage. Die schweren Auswirkungen des Klimawandels wurden von Experten beleuchtet. „In welcher Form werden die Industrienationen uns im Sahel entschädigen?“, stand als Frage immer wieder im Raum, als klar wurde, dass die Böden an Fruchtbarkeit verlieren, bald künftig Baumwolle nicht mehr angebaut wird und nur noch angepasste Samenherstellung eine Nahrungsmittelsicherung garantieren kann, dass Überschwemmungen neuer Art ganze Ernten wieder zunichtemachen. Der in Europa oft als lediglich „Klimawandel“ angesprochene Begriff ist dort längst als Klimakatastrophe sichtbar. „Es droht eine neue Krise der Armut und des Hungers. „, so eine Vertreterin der EU.
Tiere sterben im Norden des Landes. Mehr als zwei Millionen Menschen sind geflohen, haben keine Heimat mehr. Und keine Zukunft. Pastor Henri YE, Vorsitzender Kirchenföderation FEME und Dach des ODE, betonte, dass die Kirchen sich bemühen, den Menschen ganzheitlich in den Blick zu nehmen, nicht nur im geistlichen Bereich.:“ Ein Volk, dass hungert, ist kein freies Volk“. Er appellierte an alle Kirchen und die Bevölkerung, das eigene Schicksal immer wieder neu in die Hand zu nehmen und zusammen zuhalten.
Dass dazu eine große Bereitschaft besteht, wurde in intensiven Diskussionen deutlich. Wie sehr aber der arabisch-islamistische Terrorismus versucht, alle religionsübergreifenden Bemühungen in friedvoller Absicht zu stören und zu zerstören, berichten befreundete Muslime aus Einladungen:“ Wir bauen euch eine Moschee im Dorf, aber wir bestimmen den Imam“. Oder “ Wir schenken Dir ein Moped, Deine Frau muss dann eine Burka tragen“. Arme Menschen sind oft dankbare Opfer.
Den Blick auf Landvergabe richtete ein Experte mit seiner Warnung vor zu vielen Immobilien oder Erz-Abbau in Minen anstatt Landwirtschaft. Viele Regionen seien dadurch nicht mehr bebaubar. „Die traditionellen Chefs und alte weise Menschen müssen mehr in ihren Ratschlägen gehört werden, nur sie wissen, wie Burkina Faso und seine Menschen in Frieden künftig wieder leben können.“ Das gelte auch für die Landvergabe, so der Berichterstatter, in dörflichen und städtischen Bereichen. Dem Präsidententen Traoré sei das sehr bewusst, er appelliere hierzu an die neuen politischen Führer, die traditionellen Gesetze und ein in der Verfassung verankertes Recht hierzu einzuhalten.
Welch große Rolle der international bekannte Pfarrer Samuel Yameogo hier in den 50 Jahren gespielt hatte, wurde immer wieder benannt. Zu seiner Beisetzung im August waren 15.000 Menschen in Ouaga dabei. Die beiden Wetzlarerinnen besuchten noch am Tage der Abreise die Witwe Micheline und sein Grab im Hof des Familienhauses.
Eine einzige Excursion in das Projekt Wendbila, die erste Barrage/Wasserrückhaltebecken von ODE konnte unternommen werden: Zwei Kleinbussewurden von zwei Kleinbussen mit Polizei mit Gewehren im Anschlag eskortiert auf der Fahrt und dem Fußweg zum Projekt. Aus der Steppe erhob sich Kilometer weit Grün: Tausende Menschen können hier Landwirtschaft und Fischzucht betreiben. Ein Segen.
Anlässlich des Jubiläums konnte auch das Gäste- und Seminarhaus eingeweiht werden. TIKATO hatte dank vieler Spender auch durch Anschaffung von Aufnahmegeräten und Mikro-Anlagen für Filme und andere Medien unterstützen können. ODE dankt allen Spendern an Lahn und Dill. Und über die Region hinaus.
sti
Bild 1: Beim Jubiläum: ODE- Direktor Alain Bako (3. v. l.) und der scheidende Pastor Etienne Bazie (3.v.r., neben Heidi J. Stiewink von TIKATO ) mit ODE – Mitarbeitenden und den europäischen Partnern. Links Ursula Müller aus Wetzlar. (Foto ODE)
Bild 2: Den weisen Menschen zuhören: Augustine Kabre mit 95 Jahren mahnt zum Zusammenhalt. (Foto sti)
Bild. 3: Der Fotobaum aus Wetzlar geht an den Partner ODE und Direktor Alain Bako. Heidi Stiewink überbringt die Grüße vom Kirchenkreis an Lahn und Dill und von TIKATO.
Bild 4: Der TIKATO-Gruppe wurde eine dankbare Anerkennung für langjährige Partnerschaft überreicht. (Foto sti)