Joachim Grubert, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinden Weidenhausen-Volperthausen-Vollnkirchen und Niederwetz/Reiskirchen, hat zum Monatsspruch für April in Verbindung mit dem Ukraine-Krieg und seinen Erinnerungen an die Entstehung des Heilpädagogischen Zentrums Pskov in Russland eine Andacht verfasst:

Monatsspruch April, Johannes 20,18: „Maria von Magdala kam zu den Jüngern und verkündete ihnen: Ich habe den Herrn gesehen. Und sie berichtete, was er ihr gesagt hat.“

Auf Maria trifft zu, was Jesus sagt: „Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.“ (Lukas 6,45) Maria ist begeistert. Sie kann nicht anders als ihre Freude mitzuteilen. Sie fließt förmlich über. „Ich habe den Herrn gesehen.“  Jesus lebt! Mit seiner Auferstehung bekommt das Leben Sinn, neue Kraft und Hoffnung. Das furchtbare Leiden, die Tage der Unsicherheit und Enttäuschung sind vorbei.

In diesen Tagen eines Krieges, den ich im Ausmaß seiner Brutalität in Europa nicht mehr für möglich hielt, denke ich zurück an meine erste Begegnung mit Christen aus Russland.  1991 kamen Gäste aus Pskov in die rheinische Kirche. Anlass war der Kriegsausbruch 50 Jahre zuvor. Das Motto war „Versöhnung“. Als Gastgeber spürten wir, dass nicht die Vergangenheit die Gäste beschäftigte, sondern die bedrückende Gegenwart. Wir besuchten eine Schule und Werkstatt für Behinderte in Heinsberg-Oberbruch. Da floss das Herz eines orthodoxen Priesters über. Er war derart berührt, wie liebevoll Menschen mit Behinderungen hier gefördert werden. Er erzählte von seinem behinderten Kind. Ein Presbyter und unsere Gemeindesekretärin konnten aus eigener Betroffenheit mitreden. Diese begeisternde Begegnung wurde zur Initialzündung für das HPZ (Heilpädagogisches Zentrum) Pskov. Unter Beteiligung des Landes NRW und anderer Partner ist es heute eine Einrichtung mit 230 Mitarbeitern und fast 700 betreuten Kindern. Mich berührt es immer noch, dass ich als Pastor der ev. Kirchengemeinde Wassenberg die Anfänge miterleben durfte. Als erstes heilpädagogisches Konzept in Russland setzte das HPZ Maßstäbe und prägte die sozialen Einrichtungen der Stadt. 2004 konnte ich mich in Pskov selbst davon überzeugen.

Wir nannten das HPZ eine „Insel der Hoffnung“. Für mich der lebendige Beweis, dass die Auferstehung Jesu Fakt ist und nicht fake. Ich habe den Herrn gesehen! Die Kraft des lebendigen Gottes setzt Liebe und Hoffnung frei, die Widerstände und Vorurteile überwinden kann. Das war 1991 so, als ein versuchter Putsch in Moskau die Anfänge unseres Projektes infrage stellte. Und das gilt heute! Der Krieg in der Ukraine löst Entsetzen aus, aber – Gott sei Dank! – auch eine beeindruckende Welle tätiger Nächstenliebe. „Wir kennen das Land: Dieser Krieg hat keinen Rückhalt in der russischen Bevölkerung“, sagt die Kontaktperson des HPZ, Klaus Eberl, der mein Lehrpfarrer war. Bei vielen Jüngeren ist der Unmut über die soziale und wirtschaftliche Misere des Landes groß, von der der machtpolitische Aktionismus abzulenken versuche. „Viele Menschen in Russland wissen sehr wohl, dass die Annexion der Ukraine daran nichts ändern wird.“

Wo in Not geratene Menschen Hilfe vor Ort oder liebevolle Aufnahme bei uns erfahren, bilden sich „Inseln der Hoffnung“, Hoffnung, die Kreise der Liebe ziehen.

Bitte lasst uns die Welt nüchtern betrachten wie sie ist: unerlöst, seufzend nach Erlösung.

Lasst uns in unserer Sympathie für Ukrainer nicht gegen Russen sein.

Lasst uns tun, wozu der Herr uns beauftragt: nämlich

Tätige Zeugen seiner erlösenden Liebe sein!

Von Herzen wünsche ich Ihnen/Euch besinnliche Kar-Tage im Gedenken an Jesus, der die Leiden der Welt trägt, und frohe Ostern: Jesus lebt. Ich habe den Herrn gesehen.

Euer Pfarrer Joachim Grubert

Foto: bkl

Der Pskover Engel gehörte im April 2015 zum ökumenischen Trauergottesdienst im Kölner Dom für die Angehörigen der Opfer des Flugzeugunglücks in den französischen Alpen. Er wird in einer Werkstatt in Pskov von behinderten Menschen hergestellt.

Weitere Informationen zur Initiative der Partnerschaft der rheinischen Kirche und der russischen Stadt Pskov:

Themenpaket-Pskow