„Natürlich haben wir Angst vor den Terroristen- auch wenn sie nicht in der Hauptstadt sind. Aber sie zerstören unser normales Leben im ganzen Land und die Heimat bereits mehr als zwei Millionen Geflüchteter!“, sagt der Schmuckdesigner im Centre artisanal in der Hauptstadt Ouagadougou in Burkina Faso. Auch mit allen TIKATO-Reisegruppen war die langjährige TIKATO-Vorsitzende Heidi Janina Stiewink hier seit 1981, insgesamt 26 Mal. „Dieses Mal bin ich alleine gereist, werde auch hier überall wieder erkannt und herzlich begrüßt“, freut sie sich. Der berühmte Ort für Kunst-Handwerk zeigt sich menschenleer. Zu guten Zeiten herrscht hier quirliges Leben und internationales Publikum ist zu sehen. „Das ist lange her, wir haben so gut wie keinen Verdienst mehr“, seufzt der Besitzer des Schmuckladens. Da mutet es schon nahezu berührend an, dass die berühmten Tuareg am Leder arbeiten, nebenan das Ziegenleder für Möbel gewaschen wird und der Holzschnitzer an einer besonders feinen Ebenholzstatue arbeitet. „Es hat auch etwas mit Menschenwürde zu tun“, sagt die Weberin mit dem Blick auf ihr farbenfrohes Tuch. Man könne ja die Hände nicht in den Schoß legen. Auch der in Westafrika berühmte Großmarkt der Hauptstadt besteht nicht mehr, die Händler werben auf der Straße um Kunden.

Zuversicht : in zwei Jahren ohne Terror

„Wir haben große Hoffnung, dass in zwei Jahren hier keine Terroristen mehr unser Land in Atem halten. Und solange halten wir durch. Gott wird uns helfen!“ täglich ist diese Meinung der Zuversicht fast überall zu hören. Die Militärregierung mit dem neuen Präsidenten Ibrahim Traoré arbeite transparent und offensiv gegen Korruption, für mehr Zusammenhalt und solidarische Maßnahmen. So geben Verdienende ein bis zwei Prozent des Gehalts zur Unterstützung des Militärs aus. Um einen freiwilligen Beitrag der Solidarität bittet Traore die Bevölkerung, um die Wirtschaft wieder anzutreiben. So konnten dadurch zum Beispiel zwei Fabriken für Tomatenproduktion in Ouahigouya und im Westen in Bobo-Dioulasso eingerichtet werden. Viele Menschen finden dort Arbeit. Häftlinge wurden entlassen: man sorgt für sie für Arbeitsplätze. Das alles gibt Hoffnung-auch kritischen Beobachtern.

Ein weiteres Zeugnis des Terrorismus in Burkina Faso ist das Zelt-Camp „Pabre“ für Binnenflüchtlinge am Rande der Stadt. 600 Menschen leben hier in Familienzelten, Müssen für sich selber sorgen, kochen, Kinder kommen in benachbarte Schulen. Es gibt sechs solcher Camps in Ouaga und die Menschen werden nicht in die Bevölkerung integriert. Sie müssen abwarten, bis die Terroristen aus Kongoussi verschwinden. Ihre Heimat liegt 100 km etwa entfernt. Sehnsüchtige Blicke beim Erzählen Mehr als 100 Menschen kommen bei unserem Besuch im Camp zum Treffpunkt, wollen mit uns reden. Unser Partner ODE (Entwicklungsbüro der Kirchen) hat seine zwei zuständigen Mitarbeiterinnen Judith und Maimouna unserem Team an die Seite gestellt. Sie übersetzen in die Nationalsprache Moré. ODE spendet Öl, Reis und Seife. Heidi Stiewink kann Spenden-Gelder zur weiteren Nahrungsmittelhilfe dort lassen.  Wir möchten gerne ein kleines Handwerk beginnen, das ich schon Zuhause verantwortet habe, bittet ein etwa Dreißigjähriger; eine Frau klagt, dass sie keinen zweiten Topf zum Kochen habe für sechs Personen. Die benachbarte Bevölkerung hilft zwar auch manchmal aus, aber alles reiche nicht zum Leben. Hier soll jetzt neu ein TIKATO-Projekt für drei Monate mit 10.000 Euro als Hilfe zur Selbsthilfe die Menschen künftig unterstützen. Denn die „Action Sociale“ der Regierung kann nicht ausreichend helfen. Und schon gar nicht für kleine selbstständige Initiativen sorgen wie für die zwei genannten Bespiele. Sie aber bedeuten Hoffnung und Aufbruch, verbreiten Zuversicht.

Die wird auch in den so sehr lebendigen Gottesdiensten wie beim Besuch in der Apostolischen Gemeinde mit Hélene und Etienne Bazie vermittelt. Die Wetzlarerin spricht zu den mehr als 400 Menschen in der Kirche und überbringt Grüße der Kirchengemeinden aus Mittelhessen. Hier wird der TIKATO-Gruppe auch gedankt für die Solidarität und die Unterstützung.

ODE_Projekte mit TIKATO

Die Equipe um den Direktor Alain Bako berichtet der Partnerin aus Wetzlar gleich zu Beginn über aktuelle Projekte wie zum Beispiel Pari GST in Toeghin , Dort wird in Kleinprojekten für eine Kleintierzucht gesorgt, damit auch behinderte Menschen eine Zukunftssicherung haben. Eine Fortbildung mit allen Facetten von Tiernahrung, Haltung bis Impfungen steht am Anfang. Wir können nun wieder unsere Kinder durch den Verkaufserlös in die Schule schicken, berichtet die Witwe, die sechs Kinder zu versorgen hat. Der Mann, der bisher Landwirtschaft betrieb, kann dies aus Regenmangel in der Region nicht mehr und seine Beinampution machte es ihm am Ende auch zu schwer. Jubel in der Bapistenschule jeden Mittag: Durch die Aktion „Tausche Mangos gegen Schule“ können hier täglich knapp 300 Schüler:innen mit Essen versorgt werden. Pastor Christophe Lessamba dankt den Spendern bei TIKATO mit strahlendem Lachen. Aufbruch gegen Angst!

Hoffnung für alle- Neues Projekt am Staudamm

Tatsächlich kam der 100 Jahre alte David Ouedraogo vom Staudamm von Tikato/ Pissila, um Heidi Stiewink zu treffen. Sie überraschte Pastor David mit dem Geburtstags-Diplom, das TIKATO-Mitglied Peter Graben aus Bechlingen gestaltet hatte.

„Ich danke Ihren Spendern in Wetzlar und überall für die große Hilfe seit 2020 in unserer Nahrungsmittelunsicherheit. Sie haben manche Leben gerettet, betont der Pastor in klarer Rede. Inzwischen seien Menschen in fünf Dörfer wieder zurückgekehrt. David beschreibt aber die aktuelle Situation am Staudamm als prekär. Zum Beispiel könne durch den Holzmangel das Kochfeuer der Haushalte nur noch mit Schweine- oder Rinderdung geheizt werden; Die Terroristen hätten alles an Holz mitgenommen und selbst mit Sicherheitskonvois in entferntere Gebiete seien die Menschen auf den Straßen nicht mehr sicher. Deshalb soll nun in einem TIKATO- Projekt von insgesamt 30.000 Euro über ODE eine Aufforstung initiiert werden, sollen zur Existenzsicherung Frauen im Weben, in der Seifenherstellung, in Viehzucht und im Kleinhandel ausgebildet werden. Neue Spenden sind hier sehr willkommen „Sein Mut ist Vorbild für alle in der Region, „, berichtet der junge begleitende Pastor. Deshalb bleiben auch die jungen Menschen in der Region, engagieren sich und ergreifen nicht die Flucht. 15 Pastoren treffen sich sonntäglich in Pissila; denn auch sie seien aus ihren Dörfern verjagt worden und könnten noch nicht zurückkehren.

Schon am Ankunftstag hatte die Wetzlarerin einen Gesprächstermin in der Residenz des deutschen Botschafters Dietrich Becker und war damit auch auf dem neuesten Stand in der Sicherheitsfrage. Nicht nach Koudougou ins CET, zur Handwerkerausbildung der Schreiner, Schlosser, Maurer und Elektriker konnte man fahren. Aber- aus Koudougou kommt der Direktor Thomas Yameogo angereist. Er berichtet vom fast fertigen Bau der neuen Klassen, im Kirchenbau fehlen nur noch die Fliesen—und alles ist in Eigenarbeit entstanden, Er dankt herzlich für die jahrzehntelangen Spenden aus Wetzlar und der Inselgemeinde Langeoog. 1250 Schüler profitieren inzwischen mit 78 Lehrerinnen und Lehrern von der anerkannten guten Ausbildung.

Eine weitere Dreier-Delegation kam aus dem Projekt „Frauen in LADIOU“. Sie berichteten dankbar vom TIKATO-Projekt der Viehzucht, von dem 150 Frauen gesamt in fünf Quartieren profitierten. „Durch die jahrelange TIKATOhilfe konnten wir uns selbst helfen und die Geflüchteten integrieren. Wir alle haben eine zuverlässige Gemeinschaft auch bei den Getreide-Mühlen dank Ihrer Spenden“.

Drei Wochen Burkina Faso: intensive Partnerschaft, voller Lebens- und Leidensgeschichten

„Keinen Moment habe ich mich unsicher gefühlt. Im Gegenteil, geborgen in Partnerschaft und konfrontiert mit neuen Lebensgeschichten. Man lernt täglich neu „, sagt die Burkina-Liebhaberin. Mit Etienne und Hélène Bazie besucht sie das Diagnosezentrum für behinderte Kinder, das ein Burkinabe mit seiner französischen Frau aufgrund einer Schwersterkrankung eines eigenen Kindes gegründet hat. Sehr schlimme Behinderungen werden diagnostiziert, wenn möglich, an Hilfe, Therapien verwiesen. Ein kleines Zentrum der Bewegungstherapie ist vorhanden. Hier helfen jetzt Nahrungs-mittel-Spenden aus der Trauerfeier Wilhelm Wilmers, wie auch im Kinder-Krankenhaus Krebsstation. Die besteht seit 2000. Wo damals 12 Kinder jährlich kamen, sind es heute 100 im Alter von 0 bis 18 Jahren allein in Ouagadougou. Es gibt nur vier Fachärztinnen im ganzen Land in drei Kliniken, berichtet die Ärztin Dr. Kabore. Medikamente sind sehr teuer, nahezu unbezahlbar; es gibt eher eine Chemotherapie, denn die Strahlungstherapie ist dort noch nicht für Kinder ausgereift. Bitter sind die aktuellen Erfahrungen, die gerade zwei Elternpaare mit ihren Mädchen machen, ihnen wurden gerade wegen Tumoren beide Augen entfernt.

Viele Kinder sterben aus Geldmangel der Familien. Die Blindenschule Siloè kann aus Tikato-Spenden über ODE wieder unterstützt werden und auch das Frauenfrühstück Braunfels unterstützt. Hier lernen inzwischen auch neun Binnenflüchtlinge. Mehrere gehen aufs College, einige zur Universität. Material ist dringend nötig in Brailleschrift. Und so ist ODE dankbar mit der Schule und dem Internat, dass die Kreuzkirche mit dem Bücherturmteam neu in 2025 Unterstützung geben wird mit einer Braille-Druckmaschine und entsprechendem Papier. „Wir danken den Menschen in Ihrer Heimat sehr“, singen die Kinder und sagt der leitende blinde Pastor.

Dankbar war die Katholische Organisation DELWENDE für Spontan-Spenden aus Wetzlar für 180 Betroffene für „Verjagte Frauen“, ein leider aus alten Traditionen bestehender Brauch, ein Aberglaube betont die leitende Ordensschwester. Sie finden eine neue Existenz, brauchen aber Unterstützung für Medikamente.

„Les semailles-Sämlinge“ Einrichtung von Kita bis Grundschule

Sicherheitsanlagen und Wasserbehälter in zwei ihrer Kinder-Einrichtungen kann das Team um Bernadette Kabre vorzeigen: aus Spenden Einzelner aus Wetzlar, Hamburg und Nordrhein-Westfalen. Die neuen Spenden fließen in den Ergänzungsbau mit zwei weiterführenden Klassen. „Würden wir sie nicht bauen, würden die Kinder die Vorschule, die ersten Schulklassen verlassen zu anderen Einrichtungen“, berichtet die Pädagogin Kabre. In Ouaga sei die Situation oft schwierig, anders als in anderen Städten. Deshalb: „ein besonderer Dank in Ihre Heimat.“ In der Vorschule hatten zur großen Freude der Wetzlarerin die Kinder mit selbstgedichteten Liedern und einer Geschichte „44 Jahre Freundschaft“ die Begegnung zwischen Bernadette Kabre und Heidi Stiewink nachgezeichnet.

Gastfreundschaft und Sicherheit

Die Geborgenheit bei den zwei Gastfamilien Bazie und Kabre, die ständige Sicherheit durch den Projekt-Begleiter Benjamin Sawadogo und des Fahrers Issaka, das Treffen mit alten Partnern und Freunden wie Schuldirektor und Schulgründer Michel und Sophie Kabre mit Azanja und Mireille, den auch früher in Deutschland lebenden Gislain (Rittal-Wissenbach) und Bakary Ouattara und vielen anderen waren besonders prägende Momente dieser Reise.

Beim Besuch der mit finanzierten Entbindungsstation in Tiguendalgue mit Dr. Donald Yanogo hieß die erfreuliche Nachricht: Hier wurden in 2024 von Müttern aus einer großen Region knapp 2000 Kinder geboren.

Still wurde es dann für Heidi Stiewink, als sie dort das Grab ihres langjährigen Freundes und TIKATO-Partners Michael Yanogo besuchte. „Natürlich war es bitter, nicht in die weiter weg liegenden TIKATO und Brot für die Welt-Projekte zu reisen. Aber auch in der Hauptstadt gab es genug Projekte und Menschen zur Begegnung und zur weiteren Unterstützung“, so das Fazit der Reisenden. Längst vergessen inzwischen die schwierigen Momente. Wie zum Beispiel vier Tage lang bei 35 Grad in Winterreisekleidung auf das Reisegepäck auf dem Hinflug in Ouagadougou zu warten-(Freundinnen liehen Kleider), oder, dass Wasser und Strom immer mal abgeschaltet werden mussten. Es wird alles gut werden- Gott ist bei uns. Das ist die Lebensdevise angesichts und trotz der Terroristen und der schwächelnden Wirtschaft in Burkina Faso. Sie hilft, die Angst vor den Dschihadisten zu überwinden, sich auf den Klimawandel einzustellen, mit wenig auszukommen und die Hoffnung nicht zu verlieren.

Weitere Info unter info@tikato-burkina-faso.de

Fotos: – Heidi Stiewink -ODE

Foto 1: ODE-Team für TIKATO-Projekte empfängt Heidi J. Stiewink

Foto 2 und 3 : Fast 300 Kinder freuen sich über die Schulspeisung von der Mangoaktion

Foto 4: Die 600 Binnenflüchtlinge in Ouagadougou-Pabre sind dankbar für die Nahrungsmittelhilfe von ODE

Foto 5: Der 100jährige Pastor David vom Tikato-Staudamm

Foto 6: Endlich wieder Nahrungsmittel im Behindertenzentrum: die Freude ist groß