Wetzlarer Gespräch zu Klimawandel und Partnerschaft:

Dass der Klimawandel nicht nur ein Thema für die „Fridays-for-future”-Generation ist, sondern auch Erwachsene und Senioren in seinen Bann ziehen kann, hat  das Wetzlarer Gespräch zu ebendiesem Thema gezeigt. „Klimawandel und Partnerschaft“ lautete der Titel mit fünf Statements von sachkundigen Gästen aus Deutschland und Afrika.

Aus unterschiedlichen Blickwinkeln hatten die Burkinabé Dr. Amina Tall, Geschäftsleiterin der Deutsch-Arabischen Gesellschaft, Abraham Kheibeb, Superintendent des Kirchenkreises Windhoek aus Namibia, Dr. Wilhelm Wilmers vom Arbeitskreis „Brot für die Welt – TIKATO“, Stadtrat Norbert Kortlüke (Grüne) und  Joachim Dührkoop, Pfarrer für Gemeindedienst und Ökumene aus Neuwied, das aktuelle Thema beleuchtet. Und so stellten die mehr als 80 Zuhörer im voll besetzten Gemeindehaus der Hospitalkirche nach den Kurzvorträgen nicht nur herausfordernde Fragen, sondern gaben auch sinnvolle Anregungen: „Wie ist es möglich, dem Klimawandel so zu begegnen, dass sich Chancen für alle daraus entwickeln?“ – „Sind moralische Appelle ausreichend?“ – „Wie können beispielsweise kirchliche Hilfswerke als Bündnispartner genutzt werden um politischen Druck zu erzeugen?“ – „Welche konkreten Aktionen können Kirchengemeinden ins Leben rufen, um dem Klimawandel entgegen zu wirken?“

Zum Gespräch unter Moderation von Pfarrer Jörg Süß, dem  stellvertretenden leitenden Theologen des Kirchenkreises an Lahn und Dill eingeladen hatten der Sozialethische Ausschuss und der Namibia-Ausschuss im Kirchenkreis. Dessen Vorsitzende Dr. Christiane Esser übersetzte vom Englischen ins Deutsche.

Der Klimawandel sei eine existentielle Bedrohung für die afrikanischen Staaten, sagte Dr. Tall. Zudem verfügten sie nicht über die finanziellen Mittel um dessen Folgen gering zu halten. „Wir brauchen internationale Mittel, um die weitere Verödung des Landes zu verhindern.“ Besondere Gefahren lägen in der Dürre, starken Winden und Überschwemmungen, bedingt durch den Anstieg des Meeresspiegels. Gegenmaßnahmen wie die Förderung der Bienenzucht und die Fixierung von Dünen könnten hilfreich sein.

Tall war einen Tag zuvor anlässlich des 40-jährigen Patenschaftsjubiläums der Stadt Wetzlar mit der burkinischen Stadt Dori mit dem Partnerschaftsdezernat darüber ins Gespräch gekommen, wie die Patenschaft weiter intensiviert werden kann.

Als das trockenste Land südlich der Sahara bezeichnete Abraham Kheibeb, Namibia. Auch derzeit herrscht dort eine solche Dürre, dass Präsident Hage Geingob  im Mai den Ausnahmezustand ausrief. Schlimme Überflutungen an drei aufeinanderfolgenden Jahren seit 2008 in der Nordregion  hätten gezeigt, wie verwundbar das Land sei. Als damit verbundene Probleme nannte er Armut, Arbeitslosigkeit und Landflucht, aber mit den vermehrten Überschwemmungen auch die Ausweitung von Krankheiten wie Malaria und Cholera. Die Bedeutung von alternativen Energien für sein Land wie Solar, Wind und Biomasse schätzt der Theologe daher hoch ein. Kheibeb ist derzeit mit drei weiteren Namibiern im Rahmen eines zweiwöchigen Delegationsbesuches im Kirchenkreis unterwegs.

Dr. Wilhelm Wilmers erklärte, dass in Burkina Faso die Temperatur fühlbar gestiegen sei. „Der Regen fällt seltener, aber kräftiger.“ Schlimme Gewitter brächten Zerstörung, der Regen zu wenig Wasser für die Getreideernte. „Wir müssen weiter für die Unterstützung von Projekten zur Nahrungssicherung werben“, forderte Wilmers.

Alle Referenten sahen jedoch auch Zeichen der Hoffnung und Ansatzpunkte für eigenes Engagement.

So lief beim Vortrag von Dr. Tall ein Video im Hintergrund, das die Rettung eines vom Sandsturm entwurzelten riesigen afrikanischen Baumes zeigte. Kheibeb sprach vom Bemühen der nationalen Politik in Namibia, die Umwelt für jetzige und folgende Generationen zu schützen, ja, von einer „Vision Namibia 2030“. Dr. Wilmers zeigte Möglichkeiten auf, Regenwasser zu sammeln und zu speichern, so zum Beispiel durch die Errichtung kleiner Erdwälle oder von Regenwasserspeichern wie den TIKATO-Damm.

Norbert Kortlüke stellte eine Solarpanel-Aktion, mit der Wetzlars Patenstadt Dori und die Entwicklungsorganisation ODE in Burkina Faso unterstützt werden, vor. Ein guter Freund des Stadtrates hatte die Module gestiftet. Der Transport musste eigenständig organisiert werden. Vernetzung sei ein wichtiges Thema, sagte Kortlüke und lobte in diesem Zusammenhang die kirchliche Institution Brot für die Welt: „Die waren hier sehr unbürokratisch unterwegs.“

Pfarrer Dührkoop nannte auch die Vereinte Evangelische Mission (VEM), die mit dem Austausch Jugendlicher aus Deutschland und Afrika ein Netzwerk junger Erwachsener aufgebaut hat. Zudem brachte der Theologe 17 von der UN verabschiedete Ziele für nachhaltige Entwicklung ins Gespräch. Dazu gehören neben Maßnahmen zum Klimaschutz auch eine hochwertige Bildung sowie Gesundheit und Wohlergehen. Dührkoop: „ Die Themen lassen sich nicht trennen“.

Deutlich wurde aber auch, dass die Hauptverursacher der Klimaprobleme die Länder auf der nördlichen Halbkugel sind, die Menschen in den südlichen Ländern dagegen die Hauptleidtragenden der Misere. „Daraus wächst für uns eine besondere Verantwortung“, stellte Kortlüke fest.

„Wenn wir als Partner weltweit zusammenarbeiten, dann können wir erfolgreich sein“, zog Pfarrer Süß das Resümee aus dem Abend und ermutigte die Anwesenden, das Thema auch in ihren Freundeskreis und die Familie zu tragen.

bkl[vc_gallery interval=”5″ images=”7539,7540″ img_size=”full”]Bild 1: Zum Thema „Klimawandel und Partnerschaft“ hielten (v.r.) Stadtrat Norbert Kortlüke, Pfarrer Joachim Dührkoop, Superintendent Abraham Kheibeb, Dr. Amina Tall und Dr. Wilhelm Wilmers Kurzreferate. Es moderierte Pfarrer Jörg Süß (l.).

Bild 2: Mehr als 80 Interessierte waren in den Gemeindesaal der Hospitalkirche gekommen, um über „Klimawandel und Partnerschaft“ ins Gespräch zu kommen.