Prädikant predigt als Handwerker, Lokführer und Hobbylandwirt

Ehringshausen-Breitenbach. (lr) Er wirkt wie ein Hans Dampf in allen Gassen. Sein Alter von 77 Jahren hält Wilfried Faber nicht ab, neue Projekte zu entwickeln und auf Reisen zu gehen. Seit 40 Jahren steht der Breitenbacher auf der Kanzel. Am 2. August 1981 wurde Faber durch Superintendent Dieter Abel als Prädikant der Evangelischen Kirche im Rheinland ordiniert. Seitdem hat der Senior nach eigenen Angaben rund 1000 Predigten gehalten. In der Rheinischen Kirche gibt es rund 650 Prädikanten, also Menschen, die als Laienprediger die Kanzel besteigen. Sie dürfen nicht nur im Talar predigen, sondern auch taufen, trauen, beerdigen und Abendmahl austeilen.

„Geprägt bin ich durch den CVJM“, erzählt Faber. Aufgewachsen in Hochelheim nahm er an vielen Freizeiten teil und wurde bald deren Leiter.
1958 begann er eine Schlosserlehre und war die letzten Berufsjahre als Lokführer auf der Schiene unterwegs. „Ich predige nicht als studierter Theologe sondern als Handwerker, Lokführer, Hobbylandwirt und Ehrenamtler“, schildert er seine eigene Art der Verkündigung der christlichen Botschaft. „Predigen ist Zeugendienst, von dem was mich erfüllt. Ich lebe meinen Glauben mit Freude und gebe davon gerne weiter“, erläutert Faber seine Motivation. Der verheiratete Vater von zwei Kindern und zwei Enkeln hat bereits 1962 eine Jungschargruppe in Hochelheim gegründet, war im dortigen gemischten Chor und im Posaunenchor aktiv. Als er 1966 seine Frau Marianne heiratete und nach Breitenbach zog, übernahm er dort die Leitung von Kindergottesdienst und Sonntagsschule. 1968 bis 1969 leistete er seinen Zivildienst in der Psychiatrischen Klinik in Herborn. Ab 1969 war er 27 Jahre lang Presbyter in der Kirchengemeinde Kölschhausen. Im gleichen Jahr führte er erste Jungscharfreizeiten für den CVJM-Kreisverband Wetzlar-Gießen durch. Er wurde Vorstandsmitglied im Kreisverband, zunächst Stellvertretender Vorsitzender und zwölf Jahre lang Vorsitzender dieses Jugendverbandes. Mit dem CVJM-Kölschhausen ist er bis vor der Corona-Pandemie bei zahlreichen Veranstaltungen mit der Feldküche zur Verpflegung der Teilnehmer unterwegs gewesen.
Bekannt ist Faber auch als Initiator der deutsch-russischen Begegnungs-Workcamps des CVJM, die derzeit auch pausieren müssen. Für 2022 hat er wieder eine Begegnung in Tambow und Wolgograd geplant, an der auch Studenten der Deutsch-Fakultät der Dershawin-Universität teilnehmen werden. Faber ist Mitglied im Osteuropa-Ausschuss des Kirchenkreises an Lahn und Dill. Zu erwähnen wäre auch seine Mitarbeit im Ausschuss für Missionarischen Gemeindeaufbau des Kirchenkreises, der den jährlichen Treffpunkt Altenberg ausrichtet, das frühere Missionstreffen.
Auch im CVJM-Westbund, der 560 Vereine mit rund 58.000 Mitgliedern und regelmäßigen Besuchern in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Hessen, im Saarland, in Teilen von Rheinland-Pfalz und von Niedersachsen, vertritt, hatte er Ämter übernommen. So war er im Beirat für Mitarbeiterbildung und gehört seit 2005 dem Ältestenbeirat und Nominierungsausschuss an.
Apropos Älteste. Er ist Mitgründer des Seniorenbeirates der Gemeinde Ehringshausen und auch seit 1910 dessen Vorsitzender. In dieser Eigenschaft gibt er das Seniorenjournal heraus und bietet neben verschiedenen Großveranstaltungen auch Freizeiten im In- und Ausland an.
„Am Anfang jedes Journals steht eine Andacht, weil ich gerne von dem erzähle, was mich bewegt“, erläutert Faber. Seit 2014 ist er auch Vorsitzender der Landeskirchlichen Gemeinschaft Kölschhausen-Breitenbach.
Sein Predigtdienst führt ihn nicht nur in Gemeinden des heimischen Kirchenkreises. Etwa 20 Mal im Jahr steht er auf einer Kanzel oder vor dem Altar. Das kann auch im Seniorenzentrum Schönbachtal in Aßlar-Werdorf sein, wenn er den evangelischen Pfarrer vertritt, oder auch in Gotteshäusern der hessen-nassauischen Landeskirche. Vorbild für seine Predigten sei die Rede des Apostel Paulus vor 2000 Jahren auf dem Areopag in Athen. „Ich freue mich, wenn Menschen offen sind für den Ruf Gottes“. Dazu möchte er „hinsehen, hinhören, hingehen und hinführen“, erklärt der Senior. Diese Arbeit möchte er so lange weiterführen, wie es seine Gesundheit zulässt.

Foto: Lothar Rühl