Workshop zeigt Lösungsansätze zur Versöhnung auf:
„Vergesst nicht Afghanistan!“ So war der fünfstündige Workshop angekündigt, zu dem der Arbeitskreis Frieden im Evangelischen Kirchenkreis an Lahn und Dill und die Flüchtlingshilfe Mittelhessen in das Evangelische Gemeindehaus am Dom in Wetzlar eingeladen hatten.
Neun Personen hatten sich Zeit genommen, um gemeinsam an Problemen und möglichen Lösungsansätzen für das an inneren Widersprüchen leidende und vom Krieg zerrüttete Land zu arbeiten. Unter ihnen waren drei hier lebende Afghanen. Die anderen waren politisch und in der Unterstützung für Geflüchtete engagierte Personen aus Deutschland und Italien.
Jörgen Klußmann, Studienleiter an der Evangelischen Akademie im Rheinland für den Bereich Politik und mit dem Schwerpunkt auf Dialog und Vielfalt, war eingeladen worden, anhand der Methode der Systemischen Konflikttransformation mit den Teilnehmenden zu arbeiten. Er hat Erfahrungen sowohl als Journalist sowie als Fachkraft für zivile Konfliktbearbeitung in internationalen Konflikten. Die Systemische Konfliktbearbeitung ist von der Familientherapie abgeleitet und fortentwickelt worden. Wie diese arbeitet sie mit der Methode der Aufstellung.
Die Erfahrung, die Teilnehmende bei der Behandlung ihrer Probleme machten, war, dass wieder Bewegung in festgefahrene Situationen kam. Trauer und erlittene seelische Verletzungen konnten benannt und gehört werden. Daraus ergaben sich Ansätze für eine neue Lebensperspektive.
In der Systemischen Konflikttransformation spielen die Achtsamkeit auf kulturelle und religiöse Unterschiede eine wichtige Rolle. „Gefühle haben wir alle, aber wir zeigen sie unterschiedlich.“ Klußmann berichtete von einer Situation in Afghanistan, in der er die Bereitschaft zur Versöhnung angesprochen hatte und entgegnet bekam: „Ein Afghane entschuldigt sich nur bei Gott!“ Damit war der Wunsch nach Versöhnung aber nicht abgetan. Nach einigen Überlegungen nahm der Afghane seinen Turban ab und sprach seine Bitte um Vergebung betend aus. Unterschiedliche Kulturen haben unterschiedliche Regelverständnisse. Sie zu verstehen ist eine Voraussetzung für gemeinsame Lösungsansätze.
Wie nicht anders zu erwarten, wurde auch die aktuelle Situation von ukrainischen Flüchtlingen zum Thema.
Die Auswertung des Workshops war durchgehend positiv. Es wurde angeregt, die Systemische Konflikttransformation allgemein in der Schulung von Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit anzubieten.
Ernst von der Recke / Foto: bkl
Den Band „Afghanistan, Bilder aus einer anderen Welt“ mit Fotografien von Helmut R. Schulze präsentierte Ernst von der Recke, hier gemeinsam mit Bettina Twrsnick, beim Workshop „Vergesst nicht Afghanistan!“