Kreiskirchlicher Mirjam-Gottesdienst in Nauborn:
Seit 25 Jahren wird in der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) in jedem Jahr im Herbst der Mirjamsonntag gefeiert. Die kirchliche Solidarität mit den Frauen steht dabei im Mittelpunkt. „Visionärinnen gestern und heute“ lautete in diesem Jahr das Thema. Um Träume, die Menschen und die Welt verändern können, ging es dabei, um die Visionen von drei prominenten Frauen aus Geschichte und Gegenwart sowie um die eigenen Träume und Visionen der Gottesdienstbesucherinnen in der Nauborner Kirche.
Ein biblischer Vers aus dem Alten und dem Neuen Testament stand dabei im Mittelpunkt: „Eure Töchter sollen weissagen, eure Alten sollen Träume haben.“ (Buch Joel, Kapitel 3, Vers 1 und Apostelgeschichte, Kapitel 2, Vers 17).
Vorbereitet hatten den kreiskirchlichen Gottesdienst Frauen aus der Kirchengemeinde mit Diakonin Birgit Scheibel in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Kirchenkreis an Lahn und Dill. Marlene Schleicher und Jochen Gessner, die das kreiskirchliche Frauenreferat vertraten, begrüßten die Anwesenden mit einer kleinen Meditation. Die Orgel spielte Lias Westen.
Den Predigtteil, ein eindrückliches biblisch-theologisches Gespräch mit vier Personen, hatte Diakon Jochen Gessner verfasst. Frauen aus dem Vorbereitungskreis ließen aus dem Mittelalter die Theologin und Medizinerin Hildegard von Bingen (Elke Schneidenwind) zu Wort kommen, aus der Zeit der Industrialisierung die Mystikerin Anna Katharina Emmerich (Melanie Aßmann) und aus der Zeit des Klimawandels die norwegische Politikerin Dr. Gro Harlem Brundtland (Sylvia Nürnberg-Brück). Die drei kamen mit einer Frau, die gerade ihre Predigt vorbereitete (Birgit Scheibel), ins Gespräch.
Hildegard von Bingen (1098-1179), die auch als Kräuterfachfrau bekannt ist, schrieb die Predigerin die Vision einer gemeinsamen Schöpfung zu. Hildegard habe einen Blick für die Zusammenhänge des Lebens gehabt und es als von einer Schöpfermacht geleitet empfunden.
Dass die Liebe auch das Leid kennt und es mit anderen teilt, wurde an Anna Katharina Emmerich (1174-1824) deutlich, an deren Körper sich die Wundmale Jesu zeigten. Gottes Geist befähige Jüngerinnen, sich über ihre Ängste hinwegzusetzen und sich dem Spott der Umstehenden auszusetzen, resümierte die Predigerin dazu. Sie seien dabei von der Liebe Gottes getragen, die auch vor dem größten Leid nicht zurückschrecke.
Gro Harlem Brundtland (geboren 1939) zeige, wie wichtig das Handeln sei: die Liebe Gottes in die kleinen Alltagsbegegnungen und in die große Weltpolitik zu tragen. Die Geschöpfe dieser Welt müssten sich gegenseitig helfen. „Wenn wir unsere Träume miteinander teilen und aufeinander hören, werden sich die vielen kleinen Träume zu dem großen Traum der Liebe Gottes für die Welt vereinen“, schloss die Predigerin.
Die Kollekte legten die Gottesdienstbesucherinnen für Kinder in Armenien zusammen. Nach dem Segen nutzten viele die Möglichkeit, bei Kuchen und Getränken miteinander ins Gespräch zu kommen.
Mirjamsonntag
Mirjam, alttestamentliche Prophetin und Schwester des Propheten Mose, spielt in der jüdischen wie in der christlichen Frauenbewegung eine wichtige Rolle. Seit 1998 wird in der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) in jedem Jahr im Herbst der Mirjam-Sonntag gefeiert. Die kirchliche Solidarität mit den Frauen steht dabei im Mittelpunkt. Frauengestalten der Bibel und die Lebenswirklichkeit von Frauen in allen Zeiten und Kulturen werden zum Thema in den Gottesdiensten zum Mirjamsonntag.
bkl
Gestalteten gemeinsam den Gottesdienst zum Mirjamsonntag in der evangelischen Kirche in Nauborn (v.l.): Jochen Gessner, Marlene Schleicher, Melanie Aßmann, Sylvia Nürnberg-Brück, Elke Schneidenwind, Birgit Scheibel und Lias Westen.