Vorträge zum zweiten Jahrestag des Atomwaffenverbotsvertrages im Wetzlarer Rathaus:
Der Wetzlarer Friedenstreff und der Arbeitskreis Frieden im Evangelischen Kirchenkreis an Lahn und Dill hatten zum zweiten Jahrestag des Inkrafttretens des Atomwaffenverbotsvertrages der UNO (AVV) zu einem Treffen im Wetzlarer Rathaus eingeladen. Der Vertrag verbietet Entwicklung, Produktion, Test, Erwerb, Lagerung, Transport, Stationierung und Einsatz von Kernwaffen. Im Auftrag von Oberbürgermeister Manfred Wagner begrüßte Stadtrat Jörg Kratkey die Anwesenden im gefüllten Plenarsaal. Unter den Gästen waren Vertreter der Parteien, die 2017 beschlossen hatten, Wetzlar solle der weltweiten Initiative „Mayors for Peace“ (Bürgermeister für den Frieden) beitreten. Deutschland hat als Land, das amerikanische Atomwaffen lagert, das Gesetz bisher nicht unterzeichnet.
Vertreter von fünf Einrichtungen schilderten, wie sie diesem Vertrag Geltung verschaffen. Mit einem Anspiel leiteten Christa Walny vom Wetzlarer Friedenstreff und Ernst von der Recke, Vorsitzender des Arbeitskreises Frieden, den Abend ein. Impulse, Musikstücke und Schweigeminuten schafften konzentrierte Aufmerksamkeit.
1981 gründeten Ärzte die Organisation „Internationale Ärzte zur Verhütung eines Atomkrieges“ (IPPNW). Der Leiter der Gießener Regionalgruppe ist der Wetzlarer Arzt Dr. Hans-Martin Jung. PatientInnen macht er auf Gefahren für Leben und Gesundheit durch Atomwaffen aufmerksam. Ärztliche Hilfe wird es im Fall eines Angriffs oder eines Unfalls nicht geben können. „Wir müssen die verantwortlichen Politiker überall auf der Welt davon überzeugen, dass der Marsch in den Untergang gestoppt werden muss.“
Pastoralreferent Richard Ackva aus Schöffengrund sprach für die katholische Friedensorganisation Pax Christi und für den Internationalen Versöhnungsbund. Er erinnerte an Albert Einstein. Aus Sorge, dass die Nationalsozialisten eine Atombombe entwickeln könnten, hatte er den Präsidenten der USA zu einer schnellen Entwicklung amerikanischer Bomben gedrängt. Als er von ihrem Einsatz in Hiroshima erfuhr, war sein Entsetzen groß. Sein Rat: „Politik muss auch Verzicht leisten können“ sei bis heute unerfüllt, so Ackva.
Der aus Marburg kommende Student Marian Losse vertrat ICAN (Internationale Kampagne zur Abschaffung der Atombomben). Diese Organisation wurde primär gegründet, um Länder zusammen zu schließen, in denen Menschen Opfer von Atomtests wurden. Mit dem AVV wird auf die Atommächte Druck ausgeübt und ein generelles Umdenken zur Gestaltung von Beziehungen gefordert.
Thilo Marauhn, engagiertes evangelisches Kirchenmitglied und Professor für Öffentliches Recht und Völkerrecht in Gießen, Frankfurt und Amsterdam, sieht in dem AVV ein großes politisches Druckpotenzial: „Atomwaffen sind völkerrechtswidrig.“ Marauhn unterstützt unter anderem Tahitianer, die Opfer von Atomtests wurden, vor dem Europäischen Gerichtshof auf Entschädigung. An der Amsterdamer Universität hat er eine Professur für Rüstungskontrolle inne.
Von Aktionen des zivilen Ungehorsams im Kampf gegen die Lagerung von Atombomben in Deutschland und den Niederlanden erzählte Frits ter Kuile. „Wir müssen gemeinsam sprechen!“ Mit sprühender Herzlichkeit zeigte er, wie Respekt und Unrechtsbekämpfung einander ergänzen. Niemand dürfe Schaden leiden: „Sicherheit muss wie das Brot geteilt werden.“
An der Veranstaltung mit den Vorträgen, denen eine Publikumsdiskussion folgte, nahm für den Kreissynodalvorstand des Kirchenkreises an Lahn und Dill Assessor Christoph Schaaf (Krofdorf) teil.
Ernst von der Recke / Foto: Marie-Noëlle von der Recke
Bild 1: Zum zweiten Jahrestag des Atomwaffenverbotsvertrages gab es im Wetzlarer Rathaus ein Anspiel und mehrere Vorträge mit anschließender Diskussion (v.l.): Ernst von der Recke, Richard Ackva, Jörg Kratkey, Frits ter Kuile, Thilo Marauhn und Christa Walny.
Bild 2: Professor Thilo Marauhn referierte unter anderem über die Völkerrechtswidrigkeit von Atomwaffen.