Reihenfolge verwechselt

Kanzel in Laufdorfer Kirche mit außergewöhnlicher Inschrift:

Eine kleine Überraschung wartet in der Evangelischen Kirche Laufdorf auf den lateinkundigen Besucher: Wer sich dort die Kanzel näher anschaut, wundert sich über die lateinische Inschrift:

„ARCULAR(UM) BILENS(EM) HIC LABOR E(ST) OF(F)IC(I)T(UR) ANNO DOMINI 1586 JOHAN(NE) P(F)LEGER & PETRO STORCK AEDILIB(US) PER ADAM(UM) SCHULER“ (Abkürzungen ergänzt), heißt es dort, wenn man die Buchstabenfolge auf der Kanzelmitte von links nach rechts liest.

„In dieser Reihenfolge ergibt der Satz keinen Sinn“, erklärt Gemeindepfarrerin Hildegard Twittenhoff, „bei einem Aus- und Wiedereinbau hat der lateinunkundige Handwerker die verschiedenen Tafeln vertauscht.“ Richtig müsse es heißen: „HIC LABOR E(ST) OF(F)IC(I)T(UR) ANNO DOMINI 1586 PER ADAM(UM) SCHULER ARCULAR(UM) BILENS(EM) JOHAN(NE) P(F)LEGER & PETRO STORCK AEDILIB(US)“: Dieses Werk ist gefertigt im Jahr des Herrn 1586 durch Adam Schuler, Schreiner von Biel, Johann Pfleger und Petrus Storck, Bauherren (oder Baumeister). „Baumeister“ wurden damals die ehrenamtlichen „Rechner“ der Kirchengemeinde genannt, die die kirchlichen Gebäude beaufsichtigten. Die Familien Pfleger und Storck gehörten zu den Alteingesessenen in Laufdorf.

Erstmals urkundlich erwähnt ist die Laufdorfer Kirche 1338. Erbaut wurde sie jedoch vermutlich bereits 1307. Empore, Gestühl und Chorraum kamen Ende des 17. Jahrhunderts hinzu, die Orgel 1776. Noch später entstanden ein Vorbau und vier starke Außenstützpfeiler an den Ecken des Kirchenschiffs. Die Kirche präsentiert sich als kleiner, rechteckiger Saalbau.

Im 30-jährigen Krieg setzte die spanische Armee das ganze Dorf in Brand. Außer der Kirche blieben nur drei Häuser verschont. Im Glockenstuhl der Kirche sind heute noch Brandspuren im Dachgebälk sichtbar, berichtet Hildegard Twittenhoff.

Als 1956 der Außenputz erneuert wurde, entdeckte man an der Südseite einen zugemauerten Eingang, eine Tür gegenüber dem alten Eingang auf den Kirchhof. Ein zweiter Ausgang vom Friedhof befand sich an der Nordseite. Um Platz für die Bestuhlung zu bekommen, wurde der Eingang wahrscheinlich Ende des 17. Jahrhunderts an die Westseite verlegt.

Zwei Glocken hat die Kirche, die ältere mit dem Namen „Johannes“ stammt aus dem Jahr 1699. Eine zweite Glocke von 1817 wurde im Kriegsjahr 1917 gemeinsam mit 37 Orgelpfeifen abgeholt und eingeschmolzen. Die jetzige zweite Glocke konnte am 1. Weihnachtsfeiertag 1949 ihrer Bestimmung übergeben werden. Sie trägt die Inschrift: „KOMMT HER ZU MIR ALLE, DIE IHR MÜHSELIG UND BELADEN SEID, ICH WILL EUCH ERQUICKEN!“ (Matthäusevangelium, Kapitel 11, Vers 28)

Eine grundlegende Renovierung gab es in den Jahren 2014 und 2015. Anstelle des alten Holzfußbodens liegen im Kirchenschiff jetzt rote Sandsteinfliesen. Die Bänke wurden durch Stühle ersetzt.

Wer einen Ort der Ruhe und Alltagsunterbrechung sucht, ist in der Evangelischen Kirche Laufdorf genau richtig: Sie ist nämlich nicht nur sonntags zum Gottesdienst geöffnet, sondern von Mai bis Oktober auch täglich von 10 bis 18 Uhr.

Weitere Informationen zur Evangelischen Kirche Laufdorf gibt Dr. Walter Hilbrands (Langgöns):
de.wikipedia.org/wiki/Evangelische_Kirche_%28Laufdorf%29

bkl

Bild 1 und 2: Die Kanzel der evangelischen Kirche in Laufdorf trägt eine Inschrift, die auf das Baujahr, den Künstler und die Baumeister hinweist. Die Reihenfolge der einzelnen Satzteile ist jedoch ungewöhnlich.

Bild 3: Blick vom Eingang aus in den Innenraum der Kirche, mit Chorraum, Emporen und Stühlen anstelle der alten Bänke und einem Sandsteinfußboden im Kirchenschiff.

Bild 4: Die Kirche in Laufdorf von außen: Links sind der Vorbau und einer der Außenstützpfeiler zu sehen.

12.Februar 2020 |