Gottesdienste in Zeiten der Pandemie
„Wie schön – hier können wir ganz anders Gottesdienst miteinander feiern und die Abstände einhalten“, begrüßte Pfarrer Wolfgang Grieb am Pfingstmontag die rund 80 Gottesdienstbesucher im Park hinter dem Hermannsteiner Gemeindehaus. Wie auch in den anderen Kirchengemeinden der Region wurden der Pfingstgottesdienst nach strengen Hygiene- und Abstandsregeln gefeiert, mit Händedesinfektion und aufgestellten Stühlen im Abstand von je 1,70 Meter Hier feierten die Evangelische Kirchengemeinde Niedergirmes, die Katholische Kirchengemeinde St. Walburgis Wetzlar, die Evangelische Kirchengemeinde Hermannstein und Gäste aus weiteren Orten bei herrlichem Sonnenwetter gemeinsam. Auf Gesang verzichteten die Gottesdienstbesucher aus Gründen des Schutzes vor der Pandemie. Höchst willkommen waren daher die musikalischen Beiträge von Gospelchorleiter Benjamin Gail mit vielen modernen Pfingstliedern am Keyboard. Die biblische Geschichte vom Schiffbruch des Paulus auf der Insel Malta und von der Gastfreundlichkeit der Menschen dort aus der Apostelgeschichte, Kapitel 27, Vers 18 bis Kapitel 28, Vers 10, war Inhalt einer szenischen Darstellung von Lukas Nöh und Pfarrerin Ellen Wehrenbrecht. „Gottes Geist macht uns stark, Menschen aus anderen Kulturen und Religionen zu begegnen und voneinander zu lernen, sagte die katholische Gemeindereferentin Theresia Hermann in ihrer Predigt. Durch Gottes Geist seien die Apostel damals ausgesandt worden, anderen seine Freundlichkeit zu schenken und sich denen zuzuwenden, die in irgendeiner Form gestrandet sind. Dies gelte auch für Christen heute.
Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes. Christen glauben, dass nach Jesu Auferstehung und Himmelfahrt seine Jünger nicht allein zurückgeblieben sind, sondern dass Christus sie mit dem Heiligen Geist als dem „Tröster“, wie es im Johannesevangelium heißt, beschenkt hat. Die Geschichte von Jesus Christus war damals also nicht zu Ende, sondern ging mit dem „Geburtstag der Kirche“ weiter.
Während die meisten Gemeinden in der Region bereits seit zwei oder drei Wochen wieder regelmäßig Gottesdienst in ihren Kirchen feiern, war passenderweise für einige das Pfingstfest der Auftakt dazu, sich wieder zu Präsenzgottesdiensten zusammenzufinden. „Wir wollten defensiv sein und bis Ende Mai warten, damit möglichst niemand angesteckt wird“, erklärte Cornelia Heynen-Rust, Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde Biskirchen. In Kölschhausen und in Werdorf werden sich die Presbyterien noch mehr Zeit lassen. „Wir sehen uns derzeit nicht in der Lage, Gottesdienste mit Gemeinde in der Kirche zu feiern“, sagt Pfarrer Marcus Brenzinger. Die Auflagen seien sehr hoch und die zu erfüllenden Bedingungen wie Mund-Nasen-Schutz, Abfrage der persönlichen Daten oder der notwendige Abstand zueinander ließen es fraglich erscheinen, ob die Gemeindeglieder sich dabei wohlfühlen könnten.
Stattdessen gab es in Werdorf ein attraktives Alternativangebot, von den Christen im Bereich der Stadt Aßlar vorbereitet: Ein Stationenweg zur Bedeutung des Heiligen Geistes führte zu den Kirchen und zum evangelischen Dietrich-Bonhoeffer-Haus. Da ging es neben den sieben Geistesgaben um Bilder, Taten und Wirkungen des Geistes Gottes. Lesungen verdeutlichten die Bedeutung des Heiligen Geistes, Origami-Tauben gab es zum Mitnehmen. Ein weiterer Pfingstweg mit insgesamt sieben Stationen, zu denen Kirche, Friedhof und altes Pfarrhaus zählen, lädt noch bis zum 11. Juni in Hohensolms dazu ein, anhand von Bildern und Texten über das Fest und seine Bedeutung nachzudenken.
In Krofdorf stellte Pfarrer Christoph Schaaf der Gemeinde im Gottesdienst mit zwei roten Paramenten liturgische Behänge für den Altar und die Kanzel vor. Das Altarparament zeigt ein Kreuz mit vier Flammen an den Seiten und einer herabkommenden Taube, das Kanzelparament ein Kreuz. Ilse Bergner hatte den Entwurf der ehemaligen Jugendreferentin Amrei Magdanz in Form einer aufwendigen Stickerei gleichermaßen künstlerisch anspruchsvoll wie attraktiv umgesetzt. Pfingsten sei das Ermutigerfest, sagte Schaaf in seiner Predigt zu Kapitel 2, Verse 1 bis 21 aus der Apostelgeschichte: „Mit Pfingsten veröffentlicht Gott sein Ergebnis von Ostern: Der Sieg ist in Christus errungen. Gott entzündet die Flamme der Liebe. Er gibt Mut und Hoffnung.“ Die Gemeinde lud der Theologe ein, diese Liebe Gottes weiterzutragen: „Da, wo Unsicherheit und Angst sind, bring den Geist der Hoffnung hin, der Zuversicht, der Kraft, die uns im Vertrauen auf Gott zuwächst.“ Vor Beginn des Gottesdienstes hatten Trompetenbläser aus der Jugendarbeit auf dem Gleiberg ihre Pfingstgrüße musikalisch ins Dorf geschickt. Altbürgermeister Gerhard Schmidt dankte für den Gleiberg-Verein.
Kurzerhand nach draußen in die Kirchgärten verlegt hatte auch Pfarrer Dr. Hartmut Sitzler die Gottesdienste in Griedelbach, Niederquembach, Oberquembach und Kraftsolms wegen der kleinen Kirchen dort. Alles war zuvor sorgfältig ausgemessen worden, bevor diese wohlüberlegte Entscheidung fiel.
In Hüttenberg hatten Gottesdienstbesucher die Wahl, ob sie zum Thema „Spürst du den Wind?“ drinnen oder draußen Gottesdienst feiern wollten. Der Altar stand dabei auf der Schwelle des Paul-Schneider-Gemeindezentrums.
bkl
Bild 1: Rund 80 Besucherinnen und Besucher waren zum ökumenischen Open-Air-Pfingstgottesdienst nach Hermannstein gekommen, den Benjamin Gail am Keyboard musikalisch begleitete.Bild 2: Die biblische Geschichte vom Schiffbruch des Paulus und der Gastfreundschaft auf der Insel Malta stellten Pfarrerin Ellen Wehrenbrecht und Lukas Nöh aus der Kirchengemeinde Niedergirmes szenisch dar.
Bild 3: Ellen Wehrenbrecht, Theresia Hermann und Wolfgang Grieb gestalteten den ökumenischen Pfingstgottesdienst in Hermannstein.
Bild 4: Das neue Pfingstparament am Altar mit Taube, Flammen und Kreuz präsentieren Pfarrer Christoph Schaaf und Ilse Bergner, die für ihre aufwendige Stickarbeit Blumen als Dankeschön der Kirchengemeinde erhielt.
Bild 5 (v.l.): Helena Hendel, Lea Rompf, Björn Hendel und Jochen Flimm luden am Pfingstsonntag um 9.30 Uhr auf Burg Gleiberg musikalisch zum Gottesdienst ein. Foto: Gerhard Schmidt
Bild 6: Der Schaukasten am Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Werdorf gibt Informationen zum Heiligen Geist. Dort waren auch Pfingstlieder von der Orgel, Lesungen, Gebete und Geräusche zu hören. Foto: Brenzinger
Bild 7: Origami-Tauben als Symbol für den Heiligen Geist gab es an der evangelischen Kirche in Werdorf zum Mitnehmen. Foto: Brenzinger
Bild 8: An der Luther-Linde in Werdorf lässt ein Impuls darüber nachdenken, bei welchem Bibeltext der Heilige Geist ein Licht hat aufgehen lassen oder bei welchem Text dies gewünscht wird. Foto: Brenzinger