Prioritätensynode trifft zahlreiche Entscheidungen:

Das Paul-Schneider-Freizeitheim bei Dornholzhausen wird verkauft. Das haben 79 von 110 stimmberechtigten Delegierten bei drei Enthaltungen im Rahmen der digitalen Synode des Evangelischen Kirchenkreises an Lahn und Dill entschieden.

Zweite Option, die der Kreissynodalvorstand (KSV) der Synode vorgelegt hatte, wäre gewesen, das traditionsreiche Haus künftig als Bildungs- und Begegnungszentrum einzurichten. Rund 1,65 Millionen Euro hätte die Finanzierung der Umbau- und Sanierungsmaßnahmen den Kirchenkreis mindestens gekostet – abgesehen von einem jährlichen Zuschussbedarf von etwa 70.000 Euro. Besser „in Menschen statt in Steine investieren“? Oder „ein Haus aus lebendigen Steinen für alle Kirchengemeinden erhalten“? Auch die Möglichkeit einer Kooperation mit anderen Häusern in der Region wurde angesprochen. Der anwesende Langgönser Bürgermeister Marius Reusch plädierte auf dem Hintergrund zahlreicher Gespräche mit dem Kirchenkreis dafür, das Haus zu erhalten und eine Waldkita dort einzurichten. Es gab eine lange, kontrovers und sowohl sachorientierte als auch emotional geführte Diskussion. Zwei weitere Häuser des Kirchenkreises in Wetzlar und Hüttenberg werden ebenfalls veräußert.

Zahlreiche richtungsweisende und dabei nicht einfache Entscheidungen musste die zweitägige Synode unter Leitung von Superintendent Dr. Hartmut Sitzler treffen.

Bis 2030 werden nämlich voraussichtlich die zur Verfügung stehenden Finanzen (18,3 Millionen Kirchensteuereinnahmen in 2020) um ein Drittel sinken. „Das zwingt uns zum Handeln“, erklärte Assessor (stellvertretender Superintendent) Christoph Schaaf. Um verantwortlich planen zu können, standen daher auch die weiteren kreiskirchlichen Arbeitsbereiche wie beispielsweise die Frauenarbeit, die Jugendarbeit oder die Seelsorge zur Diskussion. Die Frage, wie die kreiskirchlichen Arbeitsfelder konkret die 43 Gemeinden unterstützen können, auch in der Koordinierung Haupt- und Ehrenamtlicher, beschäftigte hier die Synodalen.

Zunächst zwei volle hauptamtliche Mitarbeitendenstellen im Gegensatz zu vier in der Vergangenheit sind für den Bereich der Bildungsarbeit vorgesehen. Dazu gehören die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen, Frauen und Männern sowie die Aufgaben des Schulreferates. Das Kreiskantorat hat künftig einen Dienstumfang von 25 Prozent (vorher 66 Prozent). Diese Aufgabe nimmt der Kantor der Kirchengemeinde Wetzlar bereits kommissarisch wahr. Die Pfarrstelle für Flüchtlingsarbeit im Umfang von 25 Prozent, die in der Vergangenheit mit der Entlastungspfarrstelle des Superintendenten verbunden war, lief 2020 mit dessen Neuwahl aus. Der Kirchliche Arbeitskreis Flucht wird diese Arbeit mit ihren diakonischen und juristischen Aspekten weiterhin begleiten. „In der Seelsorge sind auch die Gemeinden gefordert“, so der Synodalbeauftragte Friedhelm Block. Von Stelleneinsparungen in den nächsten zehn Jahren ist auch das Kirchenamt in Wetzlar betroffen. Alle Neustrukturierungen von Stellen sind jedoch sozialverträglich geplant.

Umstrukturierungen gibt es auch in der Seelsorge: Für das Klinikum Wetzlar und die Neurologische Klinik Braunfels, für die derzeit 1,25 Pfarrstellen eingerichtet sind, wird perspektivisch nur noch eine Stelle eingeplant. Zusätzlich wird es jedoch eine Stelle im Umfang von fünf Wochenstunden in der stationären Geriatrie der Klinik „Falkeneck“ in Braunfels geben. „Hier entscheidet sich beispielsweise, ob alte Menschen ihren Alltag fortführen oder in ein Pflegeheim gehen müssen“, sagte Krankenhauspfarrer Hans-Dieter Dörr. In dieser krisenhaften Übergangsphase sei seelsorgliche Begleitung durch die Kirche unbedingt notwendig.

Auch weitere Anträge aus Gemeinden und Kirchenkreis beschäftigten sich mit der Aufstockung und Neueinrichtung von Stellenanteilen. „Wenn der Kuchen kleiner wird, können nicht alle Stücke gleich groß bleiben“, gab Superintendent Sitzler zu bedenken. Die kreiskirchlichen Aufgaben werden über eine Umlage der Gemeinden finanziert, für die vonseiten des KSV keine Erhöhung vorgesehen war.

Für die Gehörlosen- und Schwerhörigenseelsorge wird nun ein geringer Stellenanteil eingerichtet. Zudem beschloss die Synode, eine Verlängerung des Pilotprojektes „Schulseelsorge“ an drei Wetzlarer Schulen mit je einer viertel Stelle Dienstumfang zu ermöglichen.

Ein wichtiges Zukunftsthema für die Synode ist die sozialdiakonische Verantwortung. Die Tafelarbeit, deren Träger die Kirchengemeinde Niedergirmes ist, soll auch in den nächsten Jahren finanzielle Unterstützung vonseiten des Kirchenkreises erhalten. „Die Tafel Wetzlar braucht eine verlässliche Planungsgrundlage und muss bei Einbrüchen im Spendenaufkommen noch handlungsfähig sein“, hieß es im Antrag von Jens-Michael Wolf (Wetzlar).

Die Stelle für das Öffentlichkeitsreferat wird bei einer Neubesetzung um 25 auf 100 Prozent aufgestockt. Hier soll künftig die Entwicklung eines Social-Media-Angebots integriert werden.

In den Überlegungen zur Zukunft des Kirchenkreises soll zudem die theologische Nachwuchsförderung eine Rolle spielen. „Zurzeit gibt es 43 Pfarrstelleninhaber und Pfarrstelleninhaberinnen. Zum 1. Januar 2031 werden davon 23 im Ruhestand sein“, heißt es im Antrag der Presbyterien Dorlar und Atzbach.

Doch nicht nur um die äußeren Strukturen soll es künftig im Kirchenkreis gehen. „Unser zentrales Thema muss die innere Erneuerung der Kirche sein“, betonte der Superintendent zu Beginn der Synode. „Das ist im Leitwort unseres Kirchenkreises sehr gut formuliert: ‚Hören-Glauben-Handeln‘. Es gibt keine schönere Aufgabe, als daran mitzuarbeiten.“

In seiner Andacht zu Beginn der Synode hatte Schulreferent Michael Lübeck den Liedtext „Weite Räume meinen Füßen“ mit der Geschichte von der Wanderung des Volkes Israel durch die Wüste (2. Buch Mose) verbunden. „Weil die Geschichte Gottes mit den Menschen nicht zu Ende ist, braucht es immer wieder Erzählungen von weiten Räumen, Erfahrungen von Ängsten und Irrtümern, von der liebevollen Fürsorge Gottes“, sagte der Theologe. „Wir sind verwiesen darauf, unseren Spielraum in Liebe zu gestalten.“

Grüße der rheinischen Kirchenleitung hatte Landeskirchenrätin Antje Hieronimus überbracht.

Eine Kollekte für Kriegsflüchtlinge in Armenien ist auch weiterhin online über die Homepage des Kirchenkreises an Lahn und Dill möglich: https://www.kd-onlinespende.de/organisation/evangelischer-kirchenkreis-an-lahn-und-dill/display/link.html

bkl

 

Andacht Weite Räume meinen Füßen

Bild 1: Superintendent Dr. Hartmut Sitzler stellte bei der ersten von ihm geleiteten Synode Perspektiven für das Paul-Schneider-Freizeitheim vor.

Bild 2: Im großen Sitzungssaal des Kirchenamtes saßen bei der Synode (v.r.) Skriba Marcus Brenzinger, Superintendent Dr. Hartmut Sitzler, und Abteilungsleiterin der Superintendentur Margit Hartmann.

Bild 3: 111 stimmberechtigte Delegierte nahmen am Freitag, 19. März, an der Synode zum Thema „Prioritätendiskussion“ teil.

Bild 4: Jubiläumsgeburtstag auf der Synode: Superintendent Dr. Hartmut Sitzler überreichte Synodalsekretärin Sonja Pradl zum 50. mit herzlichen Worten einen Blumenstrauß.

Bild 5: Der kleine Sitzungssaal im Kirchenamt wurde für den Zeitraum der Synode mit den Akteuren Carsten Meier von SONNEBORN MEDIEN (r.) und Bodo Folger (l.) zum Regieraum umfunktioniert.