Über 40 Schaustücke in der Unteren Stadtkirche:
Eine Krippe aus recycelten Reifen, Maria, Josef und das Christuskind aus Strandgut, eine Szene mit Früchten und frisch gewachsenen Kräutern, die das neue Leben und die Auferstehung symbolisiert – viele innerlich bewegende und zum Nachdenken anregende Überraschungen erwarten die Besucher der Unteren Stadtkirche in Wetzlar noch bis zum 3. Advent. Auch einige großformatige Fotos sind ausgestellt. Es sind Darstellungen aus ganz unterschiedlichen Materialien: aus Ton, Kork, Jute oder Steinen, winzig klein, die weihnachtliche Szene als Block oder mit zahlreichen Einzelfiguren.
Mehr als 40 Krippen aus Portugal und Spanien hat die in Waldgirmes lebende Annedore Reinstädtler aus ihrer reichhaltigen Sammlung von insgesamt fast 200 Schaustücken ausgewählt um sie einem interessierten Publikum zu präsentieren. Die 63-Jährige führte kurz vor der Eröffnung der Wetzlarer Weihnachtsmärkte ihre wissbegierigen Besucher durch die fantasievoll und lebendig gestaltete Ausstellung. Dabei beantwortete die Mitarbeiterin in der Schul- und Gemeindebücherei Atzbach viele Fragen zu den Materialien, zur Bedeutung der unterschiedlichen Szenen und der Besonderheiten der Traditionen in Portugal und Spanien. Seit mehr als 25 Jahren sammelt Annedore Reinstädtler, die mit ihrem Mann Gerold Reinstädtler jedes Jahr im Winter und im Sommer nach Portugal reist, die unterschiedlichsten Schaustücke. Manche Szenen hat sie auch selbst angefertigt – so eine Krippe aus am Strand gefundenen Muscheln oder eine aus landwirtschaftlichem Gerät.
„Krippen findet man das ganze Jahr über in allen Landesteilen Portugals“, berichtete Annedore Reinstädtler. Insbesondere in der Weihnachtszeit bis zum Epiphaniasfest sind Krippen in fast jedem Ort an allen markanten Plätzen aufgebaut. Um dies zu veranschaulichen, hat Reinstädtler eine typische Volkskrippe mit 80 Figuren zu einer ganzen Landschaft zusammen gestellt, ähnlich wie bei einer Modelleisenbahn. „Diese Form findet man in Portugal häufig auch in Feuerwehrgerätehäusern“, erklärte sie dazu. „Manche Kommunen lassen Künstler große Figuren gestalten und ganze Straßenzüge sind mit Krippenszenen ausgestattet“, erzählte sie weiter.
Zudem gehören zahlreiche Tonkrippen zur Ausstellung. Sie sind von Hand modelliert, bemalt und vielfältig gestaltet. So beispielsweise die Figuren aus der Stadt Estremoz in Alentejo. Die in mehreren Stufen angelegte Szene zeigt die fest angelegte Anordnung der Bevölkerungsschichten mit den Königen oben und den Hirten unten. Dieses Kunsthandwerk wurde 2017 von der UNESCO in die Liste des „Immateriellen Kulturerbes der Menschheit“ aufgenommen.
Die spanische Krippe im Altarraum der Kirche beschreibt in fünf Szenen die ganze Weihnachtsgeschichte: die Verkündigung an Maria, die Herbergssuche, die Geburt Jesu, den Zug der Könige und die Darstellung Jesu im Tempel. Die großen Tonfiguren sind gegossen, mit Stoff ummantelt und anschließend koloriert worden. Die Umgebung mit Baumrinden und einer Tempelwand haben Annedore und Gerold Reinstädtler selbst gestaltet.
Pfarrer Dr. Siegfried Meier, der die Ausstellung eröffnete, hatte zuvor betont, es bewege Menschen auf der ganzen Erde, dass Jesus in einer Krippe als einem Ort äußerster Demut geboren worden sei. Dies habe Künstler weltweit dazu gebracht, wie in Portugal und Spanien Krippenszenen mit deutlichem Lokalkolorit zu gestalten, so der Presbyteriumsvorsitzende der Evangelischen Kirchengemeinde Wetzlar. Sie wollten damit zeigen, dass Gott in ihrer jeweiligen Kultur einen wichtigen Platz habe.
Geöffnet ist die Ausstellung in der Unteren Stadtkirche täglich von 16 bis 19 Uhr. Die Betreuung übernimmt der kirchengemeindliche Förderverein Untere Stadtkirche mit den Mitarbeitenden des zugehörigen Arbeitskreises „Offene Untere Stadtkirche“. Die Krippenausstellung endet am Sonntag, 15. Dezember (3. Advent) gegen 18 Uhr.
Wer weitere Krippen von Annedore Reinstädtler sehen möchte, kann dies in der Evangelischen Kirche Waldgirmes tun. Die Ausstellung mit dem Schwerpunkt „Hirten und Weise“ ist ab Samstag, 30.11., 14 bis 21 Uhr geöffnet, zudem freitags bis zum 27.12., jeweils von 17 bis 20 Uhr, samstags bis zum 28.12., jeweils von 15 bis 18 Uhr sowie vor und nach den Gottesdiensten in der Zeit vom 1. bis zum 29.12. Bis zum 30.12. sind nach telefonischer Absprache auch weitere Termine möglich: 06441 -63328 oder 0172 – 4121450.
bkl
Bild 1: Annedore Reinstädtler aus Waldgirmes, hier mit Joachim Eichhorn, dem Vorsitzenden des kirchengemeindlichen Fördervereins der Unteren Stadtkirche, zeigt unter ihren mehr als 40 Krippen auch selbstgestaltete Exponate wie diese aus landwirtschaftlichem Gerät und am Strand gefundenen Muscheln.Bild 2: Pfarrer Dr. Siegfried Meier eröffnete die Krippenausstellung in der Unteren Stadtkirche.
Bild 3: Die steinerne Krippe auf dem Altar erklärte Annedore Reinstädtler im Rahmen ihrer Führung zu Beginn der Ausstellung.