An dem Tag, an dem Bundesverteidigungsminister Pistorius mit seiner Äußerung „Die Bundeswehr müsste kriegstüchtig werden!“ für öffentliche Debatten sorgte, kamen im Gertrudishaus der katholischen Gemeinde Wetzlar die Bundestagsabgeordnete Dagmar Schmidt und der Journalist und ehemalige UN-Korrespondent Andreas Zumach ins Gespräch. Die katholische Friedensorganisation pax christi Rhein/Main hatte die Initiative ergriffen, mit Politikerinnen und Politikern im Bundestag über die Aufgabe einer globalen Friedensordnung nachzudenken – so war es im 2+4-Vertrag festgeschrieben. Dieser hatte zur Überwindung des Kalten Krieges und zur Vereinigung der beiden deutschen Staaten geführt. Mitveranstalter waren der Arbeitskreis Frieden im Evangelischen Kirchenkreis an Lahn und Dill und der Wetzlarer Friedenstreff.

Dagmar Schmidt brachte zu Beginn ihr Erstaunen zum Ausdruck, dass im 21. Jahrhundert ein Völkerrechtsbruch wie der Angriff Russlands auf die Ukraine noch möglich werden konnte. Angesichts sich ändernder globaler Machtzentren stellte sie die Frage nach „unseren deutschen Interessen“ und der Rolle Deutschlands in der Welt. Dazu gehörten auch diplomatische Initiativen, damit nicht noch weitere Kriege entstehen. Sie verwies auf die gefährliche Spannung zwischen China und Taiwan hin.

Herr Zumach stieg bei seinem Impuls ein mit der Frage: „Hatten wir jemals eine gerechte Friedensordnung?“ Ein Kriegsverbot sowie ein Friedensgebot wurden in der UNO-Charta 1945 festgeschrieben. Erstmals in der Geschichte wurden individuelle Menschenrechte definiert und als universell gültig vereinbart. Westliche Länder legten allerdings häufig doppelte Standards an. „Der Irakkrieg und der erklärte Krieg gegen den Terror waren ein Verstoß gegen die UNO-Charta. Sie haben Millionen Tote gebracht. Das aktuellste Beispiel für ein politisch-moralisches Versagen zeigt die Corona-Krise. Durch das Beharren auf Patentrechten und einseitige Förderung für Impfstoffe standen in vielen Ländern nicht ausreichend Medikamente zur Verfügung.

Eine gerechte Besteuerung bei internationalen Handelsbeziehungen wird von westlichen Ländern und allen voran den USA verhindert.“

Ohne Gerechtigkeit und die Einhaltung von Recht – so waren sich die Referentin und der Referent einig – wird es keinen Frieden geben.

Die anschließende Diskussion nach zehn Minuten Murmelphase wurde vom katholischen Pastoralreferenten Richard Ackva moderiert. Unter anderem wurde die Frage nach der Rolle von Glaubensgemeinschaften gestellt. Im Kräftespiel der politischen Interessen könnten sie Anwalt der Bedürfnisse von Mensch und Natur sein. Zumach warnte vor politischem Hochmut, wie er sich in der Forderung einer Erweiterung der Europäischen Union zu einem militärischen Machtfaktor zeige. Er nannte Beispiele, wie Verhandlungsbereitschaft unter verfeindeten Mächten zu Friedensschlüssen geführt hätten. „Die militärische Aufrüstung, wie sie zur Zeit geschieht, wird zu einem ‚Fass ohne Deckel‘“.

In ihren Schlussworten sprachen Dagmar Schmidt und Andreas Zumach den Anwesenden und den Veranstaltern ihren Dank aus. Dagmar Schmidt wünschte sich mehr solche Gesprächsformate – „Ich habe gelernt!“

Ernst von der Recke, Laufdorf

Bild 1: Um die Chancen für eine neue globale Friedensordnung ging es beim Gespräch mit Dagmar Schmidt und Andreas Zumach, unter Moderation von Richard Ackva im Wetzlarer Gertrudishaus.

Bild 2: Um die Rolle von Glaubensgemeinschaften ging es bei der Diskussion durch das Publikum.

Bild 3: Andreas Zumach und Dagmar Schmidt kamen auch direkt miteinander ins Gespräch.

Bild 4: Pfarrer Peter Hofacker hatte die Anwesenden begrüßt.