Gaspreise zwingen zu Maßnahmen:

Die Gaspreisexplosion zwingt die Königsberger Diakonie zu einer unpopulären Maßnahme. Von Januar bis März soll das Kloster Altenberg zehn Wochen lang geschlossen bleiben.

„Die zu erwartenden Gaskosten können wir nicht stemmen“, sagte der Vorstand der Königsberger Diakonie, Christian Uloth, der seit Juli Chef ist. Bislang müsste die Königsberger Diakonie, die das Kloster bis 2054 vom Grafen Solms-Braunfels für 99 Jahre gepachtet hat, jährlich 30.000 bis 35.000 Euro aufbringen. Der aktuelle Vertrag mit dem Gasversorger laufe Ende Dezember aus.

Der neue Vertrag bringt eine Kostenexplosion. Er werde die Kosten um das Sieben- oder Achtfache in die Höhe treiben. „Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, in den kälteren Monaten das Kloster zu schließen“.

Allerdings bedeute das nicht, dass der Schlüssel Anfang Januar abgezogen wird und erst wieder Mitte März jemand wieder öffne. Die Haustechnik werde regelmäßig nach dem Kloster schauen, insbesondere auch, dass die Heizungsanlage weiter läuft. Der Verwaltungsrat habe mitgeteilt, dass die Heizung im leer stehenden Kloster auf etwa acht Grad abgesenkt werden kann.

Verwaltungsratsvorsitzender Jörg Ludwig bestätigt diese Überlegungen. Man habe sich dabei an einer Empfehlung der Evangelischen Kirche im Rheinland orientiert. So wird die Grundtemperatur etwa im Wetzlarer Dom sowie in allen kirchlichen Gebäuden in Wetzlar auf fünf Grad gesenkt. Derzeit gebe es noch Gespräche mit den Gebäudetechnikern, was im Kloster machbar ist. „Die Klosteranlage ist rund 700 Jahre ohne Heizung ausgekommen“, sagte Ludwig. Es geht nicht so sehr um den Gebäudebestand, sondern um das Inventar, das man vor Kälte und Nässe schützen wolle. Die Gebäude seien der Königsberger Diakonie auch in Zeiten ohne die Krise „lieb und teuer“, erläuterte der Verwaltungsratsvorsitzende. Dabei wies er darauf hin, dass die Klosterkirche über keine Heizung verfügt und schon immer in den Wintermonaten nicht genutzt wurde. In der angrenzenden Winterkirche allerdings sei eine Fußbodenheizung eingebaut, die weniger Grundtemperatur benötige, als das übrige Gebäude. „Der Wärmeverlust in den Klosterräumen ist nicht unerheblich“, gab Ludwig zu bedenken, denn im Mittelalter habe man an Themen wie Energiesparen und Dämmung nicht gedacht.

Das 1955 gepachtete Kloster hat bis 2010 ein Pflegeheim beherbergt, dessen letzte Bewohner nach Wetzlar verlegt wurden. 2018 hat Reinhard Haltiner von der evangelischen Communität Christusbruderschaft Selbitz (Oberfranken), der als Bruder Lukas im Kloster lebt, die Christozentrische Communität Altenberg gegründet. Der 76-jährige will, so lange es geht, weiter im Kloster leben. Solltees ihm zu kalt werden, hat er ein Angebot, in ein privates Zimmer in Wetzlar ziehen.

Zudem gibt es im Kloster auch ein Qualifizierungs- und Beschäftigungsangebot für benachteiligte Jugendliche, in der junge Menschen entweder einen Schulabschluss nachholen oder sich auf einen Arbeitsplatz vorbereiten. Für diesen Arbeitszweig, der in Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur betrieben wird, muss noch eine Lösung gesucht werden. Nach Angaben der Leiterin Cisek Sahin-Keskin gibt es 14 Teilnehmerplätze, von denen aktuell sieben belegt sind. Unter ihnen sind ukrainische junge Frauen, die sich für eine Arbeit in der Altenpflege vorbereiten. Auch seien bereits zwei ukrainische Geflüchtete in die Königsberger Diakonie nach Wetzlar gewechselt, wo sie eine Ausbildung für Pflegeberufe beginnen. Sahin-Keskin bestätigt, dass aktuell nach einer Unterbringungslösung für die Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahme gesucht wird.

„Die Kirche bleibt bis Mitte März geschlossen“, sagte Uloth. Das betreffe sowohl die sonntäglichen Gottesdienste, als auch das Standesamt der Stadt Solms sowie kirchliche Hochzeiten in dem Gebäude aus dem 13. Jahrhundert. Das sakrale Gebäude geht auf Gertrud (1227 bis 1297) zurück. Sie war Tochter der heiligen Elisabeth von Thüringen (1207 bis 1231). Insgesamt 49 Jahre war Gertrud Meisterin, also Leiterin, des Ordenskonvents der Prämonstratenserinnen. Zeitweise war das Kloster Altenberg die Grablege des Hauses Solms. Nach 1802 kam die Klosteranlage in der Folge des sogenannten „Reichsdeputationshauptschlusses“ in den Besitz der Fürsten zu Solms-Braunfels, die das Kloster aufhoben, in eine Domäne umwandelten und die Anlage als Sommerresidenz nutzten. Die Klosterkirche wurde zur evangelischen Pfarrkirche umgewandelt. Bevor die Diakonissen das niedergebrannte Kloster 1955 wieder aufbauten, war dortein Kinderheim.

Der Solmser Bürgermeister Frank Inderthal berichtet, dass es wegen der geplanten Schließung im Vorfeld Gespräche zwischen der Stadt und der Königsberger Diakonie gegeben hat. „Für den betroffenen Zeitraum waren zwei standesamtliche Trauungen in der Annenkapelle geplant. Hier konnte nun frühzeitig mit den Brautpaaren Rücksprache genommen und eine Alternative angeboten werden“.

Bereits seit dem Beginn der Corona-Pandemie hat es kaum noch Veranstaltungen im Kloster gegeben. Die Klosterschenke ist ebenfalls seit rund zwei Jahren geschlossen. Eine Folge der Corona-Pandemie ist auch, dass die Ausbildungen für Hauswirtschaft sowie die für Verkäufer vom Altenberg nach Wetzlar in den Robert-Koch-Weg umgezogen ist.

Noch nicht von der Schließung betroffen, ist das Silvesterkonzert, das am 31. Dezember um 21.30 Uhr in der Winterkirche des Klosters geplant ist. Die „Altenberger Bach Capella“ unter der Leitung von Elija Kaufmann spielt am Altjahresabend Werke von Johann Sebastian Bach, Paul Hindemith, Felix Mendelssohn-Bartholdy, Max Reger und Peter Tschaikowsky.

red