Dritter Ökumenischer Kirchentag auch in der Region an Lahn und Dill:

Ein Kirchentag ausschließlich vor dem Bildschirm und ohne persönliche Begegnung? Damit das in der Region an Lahn und Dill nicht so sein muss, sind Gemeinden und Initiativen der Aufforderung der Veranstalter zu dezentralen Angeboten vor Ort gefolgt. Damit haben sie gezeigt, wie Ökumene ganz praktisch gelebt werden kann. Der dritte Ökumenische Kirchentag sollte eigentlich vom 13. bis 16. Mai komplett präsent in Frankfurt stattfinden.

Auftakt war der Himmelfahrtsgottesdienst auf der Freilichtbühne Rosengärtchen, getragen von Kirchen, Freikirchen und Werken der Evangelischen Allianz Wetzlar. In diesem Jahr war auch die katholische Kirche eingeladen, sich aktiv zu beteiligen. Die musikalische Gestaltung übernahm die Band der Freien evangelischen Gemeinde.

Um Hoffnung und Zuversicht gegen allen Augenschein ging es in der Predigt von Jürgen Werth zur biblischen Geschichte aus dem Matthäusevangelium, Kapitel 17, in der drei Jünger Jesus in der Herrlichkeit Gottes sehen. „Zum Glück gibt’s den Himmel“, sagte Werth. „Ein Ort, an dem es das Wort ‚Hoffnungslosigkeit‘ nicht gibt, Licht und Liebe ohne Ende und für alle, Wasser und Wärme, Glück und Gerechtigkeit auf ewig“ – so beschrieb der Journalist, Buchautor und Liedermacher diese „andere Wirklichkeit“. Vor Augen hatte er dabei die vielen Menschen, die unter Krankheit, Tod eines Angehörigen und Kriegen leiden, unter der Pandemie, Armut, Verfolgung und Ungerechtigkeit.  „Die Aussicht aufs Jenseits stärkt die Hände fürs Diesseits“, betonte Werth, denn: „Wer an den Himmel glaubt, dem kann die Erde nicht gleichgültig sein“, so der ehemalige Vorstandsvorsitzende von ERF Medien zu den 150 Teilnehmenden. Jesus Christus sei auf dem Weg zum Himmel der Begleiter. Wichtig sei zudem, sich dem Himmel jeden Tag neu zuzuwenden. Dies geschehe in Gebet, Bibellese und im Gottesdienst. „Und mit diesem Himmel im Gepäck wollen wir uns täglich neu an die Arbeit machen hier auf der Erde.”

Um einen offenen Blick für den Himmel und die Erde geht es auch beim Kirchentagsmotto „schaut hin“, angelehnt an die biblische Geschichte von der Brotvermehrung durch Jesus aus Markus 6,38. So nahm der Stationengottesdienst in Schöffengrund insbesondere hungrige und erschöpfte Menschen in den Blick. Eine von der Lebenshilfe Wetzlar-Weilburg gestaltete „Kirchentagsbank“ steht jetzt am  historischen Dreiländereck im Wald zwischen Laufdorf, Nauborn und Schwalbach. Sie lädt Wanderer zum Ausruhen und zu guten Gesprächen ein. Katholische und evangelische Christen sowie Mitglieder des Eine-Weltladens und vom Laurentiuskonvent legten Symbole für das ökumenische Miteinander auf die Bank. Am Ende gab es dort ein Kreuz als verbindendes Zeichen, einen „Refill-Becher“ als Symbol für die Fülle, die Gott und Menschen einander schenken können, eine Ikone mit der Darstellung einer biblischen Geschichte zum Thema Gastfreundschaft, eine Mango für gerechte Verteilung von Nahrung und Arbeit und eine Einladung zum ökumenischen Kirchgartencafè.

Der Gottesdienst hatte an Kirchen in Laufdorf, Nauborn und Schwalbach begonnen und führte mit einem Pilgerweg in den Wald, wo sich die rund 60 Teilnehmenden zur Fortsetzung der geistlichen Feier am Dreiländereck trafen. In Laufdorf hatte Ernst von der Recke zuvor Haus und ökumenische Gemeinschaft des Laurentiuskonventes vorgestellt.

Zum aufmerksamen Hinschauen lädt derzeit auch der Lahnuferweg zwischen Atzbach und Dorlar ein. Ihn haben die evangelische und die katholische Kirche in Lahnau kirchentagskonform und noch bis Sonntag entsprechend sichtbar gestaltet. „Die mit Kreide aufgesprühten Impulse sollen die Menschen zum Nachdenken bringen“, so Pfarrerin Manuela Bünger über die sechs Schlagworte zu Fragen des Glaubens, des gesellschaftlichen Zusammenhaltes und der globalen Verantwortung. Beispielsweise steht dort geschrieben „Schaut hin – blickt durch – geht los!“

Ein Highlight ist auch die digitale Uraufführung des Oratoriums „EINS“. Inhaltlich geht es bei der 90-minütigen von Peter Reulein vom Bistum Limburg und Bernhard Kießig von der hessen-nassauischen Kirche komponierten Aufführung um die Aufforderung Jesu aus dem Johannesevangelium, Kapitel 17, Vers 21: „Sie sollen alle eins sein“. Die Texte zu dem ökumenischen Großprojekt verfassten der Frankfurter Stadionpfarrer Eugen Eckert und der Hofheimer Franziskaner Helmut Schlegel. „Dass ich angefragt wurde, die musikalische Leitung dieses besonderen Werkes zu übernehmen, hat mich sehr gefreut“, sagt Valentin Kunert. Der Wetzlarer katholische Domkantor war rund ein halbes Jahr lang damit beschäftigt, Chor und Orchester vor den Proben zu koordinieren. Das Oratorium zeichnet die christliche Geschichte von den Anfängen über die Reformbewegungen nach, die zu manchen Spaltungen führten und gipfelt in der Aussage, dass der eine Glaube, in dem alle „eins sind“, Christen miteinander verbindet. „Musikalisch ist das Werk ein Crossover von großen sinfonisch-romantischen Orchesterillustrierungen, mit Jazz- und Popelementen, einem Hauch Gregorianik und Chorälen in der Kunstrichtung Bachs“, erklärt Kunert – „eben eine geschichtliche Auslotung der Kirchenmusik über die ganze Stil-Bandbreite.“

Das hörens- und sehenswerte Oratorium hat seine Uraufführung am Freitag, 14. Mai um 20 Uhr  auf  www.oekt.de   Das Oratorium sowie viele weitere Kirchentagsveranstaltungen sind auch im Nachhinein auf dieser Webseite noch mitzuerleben.

bkl

 

Bild 1: 150 Menschen feierten auf der Freilichtbühne Rosengärtchen den traditionellen Himmelfahrtsgottesdienst, der diesmal im Rahmen des dritten Ökumenischen Kirchentages stattfand.

Bild 2: „Zum Glück gibt’s den Himmel“ lautete das Thema des Gottesdienstes, über das Jürgen Werth predigte.

Bild 3: “schaut hin” lautet das Motto des 3. ÖKT.

Bild 4: Katholische und evangelische Christen gestalteten die Kirchentagsbank im Wald  mit Zeichen der Ökumene (v.l. Susanne Schmid, Ernst von der Recke und Presbyterin Gabriele Hünninger).

Bild 5: Der Stationengottesdienst nahm seinen Fortgang im Wald am Dreiländereck zwischen Nauborn, Laufdorf und Schwalbach.

Bild 6: Gottesdienstbeginn an der evangelischen Kirche in Laufdorf.

Bild 7: Alberto trägt die Mango zur Kirchentagsbank.

Bild 8:Den Stationenweg auf dem Lahnuferweg zwischen Atzbach und Dorlar hat Gemeindesekretärin Angelica Schneider mit Sprühkreide nachgezeichnet.