Am Karfreitag, 30. März, findet in der Rittal-Arena in Wetzlar ein Konzert der briti-schen Rock- und Popsängerin Bonnie Tyler statt.

Die Vertreter der evangelischen Kirche in der Region hatten sich klar gegen ein sol-ches Konzert an diesem Tag positioniert. Dies hatte die Kirche der Stadt schriftlich mitgeteilt, da sie von ihr um eine Stellungnahme gebeten worden war. Allerdings hat-te die Ordnungsverwaltung der Stadt Wetzlar mit Verweis auf andere Konzertveran-staltungen am Karfreitag im Bundesland Hessen und mit Blick auf die Zeitläufe der Planungen des Veranstalters vor Eingang der schriftlichen Stellungnahme der evan-gelischen Kirche davon abgesehen, die Konzertveranstaltung zu untersagen.

Diese Ausgangslage war in der Folge Gegenstand kritischer Diskussionen zwischen Vertretern der Kirchenkreise Wetzlar und Braunfels sowie der Stadt Wetzlar.

Christen erinnert der Karfreitag daran, dass Jesus gelitten hat, gekreuzigt wurde und für uns gestorben ist. Seit Jahrhunderten sind dieser Tag und der folgende Karsams-tag als Tag der Grabesruhe Jesu für die Christen „stille“ Tage. Daher ist für Kirche der Karfreitag ein Tag der Trauer, der Besinnung und der Umkehr.
Das folgende Osterfest dagegen ist das höchste und fröhlichste Fest der Christen, da sie an diesen Tagen feiern, dass Jesus von den Toten auferstanden ist und alle, die ihm vertrauen, mit ihm auferstehen werden. So folgt der stillen Karwoche mit den beiden besonders stillen Tagen Karfreitag und Karsamstag der überschwängliche Jubel des Osterfestes. Aus Sicht der Kirche verkümmert unsere Gesellschaft, wenn sie den gemeinsamen Blick für die Tiefen und Höhen des Lebens verliert. So gebe es Werte, die weder infrage gestellt werden noch ökonomischen Interessen unterge-ordnet werden sollten. Dazu zählt die Kirche den Feiertagsschutz, insbesondere am Karfreitag.

Die Gesetzgeber in Bund und Ländern haben den Karfreitag unter besonderen Schutz gestellt. So erlaubt das hessische Feiertagsgesetz nur Veranstaltungen, die der seelischen Erhebung dienen oder einem überwiegenden Interesse der Kunst, Wissenschaft, Volksbildung oder Politik. In manchen Städten des Bundeslandes Hessen gibt es jedoch sehr unterschiedliche Veranstaltungen an diesem eigentlich stillen Feiertag.

Die Einschätzung, ob das Konzert der Sängerin Bonnie Tyler unter den Begriff der Kunst zu fassen ist, fällt für Stadt und Kirche unterschiedlich aus.

Während die Stadt Wetzlar in diesem Falle das Rockkonzert als eine den „Interes-sen der Kunst“ dienende Veranstaltung bewertete, entspricht aus Sicht der Kirche ein solches Konzert nicht dem Charakter eines „stillen Feiertages“. Sie hält daher die Position der Stadt Wetzlar, das Rockkonzert unter diesem Aspekt zu zulassen statt es als Ordnungsbehörde zu versagen, für falsch.

In gemeinsamen Gesprächen haben sich Stadt und Kirche über dieses Konzert aus-getauscht und sind sich abseits der ansonsten in hessischen Kommunen stattfinden-den Veranstaltungen einig, dass eine Veranstaltung wie das Rock- und Pop-Konzert am Karfreitag 2018 eine einmalige Ausnahme in Wetzlar bleiben soll. Zugleich mahnte Oberbürgermeister Manfred Wagner gegenüber dem Landesgesetzgeber an, den Ordnungsverwaltungen Handreichungen zu geben, die eine einheitliche Anwendung des Gesetzes gewährleisten und appellierte auch an die Kirche, ihrer Auslegungs- und Bewertungspraxis hessenweit möglichst einheitlich auszuüben.

Bei allem Bedauern über die Kollision der Veranstaltung mit dem Karfreitag 2018 wussten Oberbürgermeister Manfred Wagner und die Superintendenten Roland Rust und Jörg Süß der konstruktiv-kritisch geführten Diskussion aber auch eine positive Seite abzugewinnen: So wurde das in derartigen Fällen künftig zu praktizierende Konsultationsverfahren zwischen Stadt und Kirche klar geklärt und auch festgehal-ten, dass in unklaren Fällen ein enger Abstimmungsprozess erfolgen soll, der im Zweifel dem Feiertagsschutz Vorrang einräumt.

Sie zeigten sich überzeugt, dass der in diesem aktuellen Fall geführte kritische Aus-tausch die gute Zusammenarbeit und den vertrauensvollen Dialog zwischen der Stadt und der evangelischen Kirche auch in Zukunft nicht gefährden wird.