Unsere Partnerschaften in aller Welt sind Jahresthema 2022 im Kirchenkreis an Lahn und Dill. Vertreterinnen und Vertreter der entsprechenden kreiskirchlichen Ausschüsse schreiben kleine eindrückliche Geschichten über ihre Erfahrungen.

Aus der Partnerschaft mit der Orthodoxen Diözese von Tambow/ Russland berichtet die stellvertretende Vorsitzende des Osteuropa-Ausschusses, Ursula Küppers im Sommer 2019 (Foto: Barnikol-Lübeck):

Seit vier Jahren gibt es in Tambow ein kirchliches Gymnasium. Es trägt den Namen des ersten Tambower Bischofs, Pitirim. Der ließ nicht nur Kirchen und Klöster in seinem Kirchengebiet bauen, ihm lag auch die Bildung junger Menschen am Herzen. Der Bau so mancher Tambower Schule im 18. Jahrhundert ist seiner Initiative zu verdanken.

500 Schüler*innen besuchen das Gymnasium. Die Schule steht auf dem Gelände der Dreifaltigkeitskathedrale, die vor gut 15 Jahren in einem Neubauviertel errichtet wurde. Es gibt einen Schulchor, der neben einem großen Repertoire an Volksliedern auch die Liturgie seiner Kirche erlernt. Und da in der Orthodoxen Kirche der gesamte zwei- bis dreistündige Gottesdienst in der kirchenslavischen Sprache gesungen wird, ist das eine Leistung. Außerdem singen die Kinder und Jugendlichen auswendig.

Im Mai 2019 besuchten die Wetzlarer Pilger*innen die Kirche und das Gymnasium als gern gesehene Freunde gerade auch im Gottesdienst. Vier Geschwister aus der russisch orthodoxen Gemeinde in Krofdorf waren dabei. Vater Alexander, ein vertrauter, über Jahre in liebevoller Erinnerung gebliebener Freund, leitete diesen Gottesdienst. Er lud Mönchspriester Kornelius aus der Krofdorfer orthodoxen Gemeinde ein, mit ihm gemeinsam zu zelebrieren und die Kommunion auszuteilen. Das war nun ein absoluter Höhepunkt in den partnerschaftlichen Beziehungen seit 1992. Zum Schluss des Gottesdienstes lud er die Gäste zu sich vor die Ikonenwand, und uns stockte der Atem, als er sagte: „Wir haben jetzt gemeinsam Gottesdienst gefeiert, und ich wünsche mir, dass wir eines Tages auch gemeinsam zum Empfang der Eucharistie gehen können  – wann immer es Gott gefällt.“ Als Zeichen der christlichen Verbundenheit  reichte er den Freunden ein frisches duftendes handtellergroßes Brot, das Antidoron. Dieses gesegnete Brot können auch Nicht-Orthodoxe empfangen.

Das heißt nun nicht, dass   zwischen orthodoxen und evangelischen Christen bei einem nächsten Besuch die Interkommunion gefeiert wird! Aber es ist ein Zeichen dafür, dass auch in orthodoxen Kreisen eine Sehnsucht besteht, gemeinsam zum Tisch des Herrn zu gehen.

Bild 1: Links Priester Alexij aus Tambow, rechts Mönchsprieter Kornelius aus Krofdorf (Foto Udo Küppers)

Bild 2: Der Kinderchor des Orthodoxen Gymnasiums in Tambow mit Priestern, Diakonen und Gästen (Foto Xenia Makarowa)

Bild 3: Immer wieder in der Diskussion: das Abendmahl und sein Verständnis innerhalb der unterschiedlichen christlichen Kirchen (Foto: Uta Barnikol-Lübeck)