Bei einem feierlichen Festgottesdienst in der evangelischen Kirche in Münchholzhausen wurde Pfarrer Ulrich Müller in den Ruhestand verabschiedet und durch Superintendent Dr. Hartmut Sitzler, unter Mitwirken von Ute Kannemann, Karin Rinn, Sylvia Blößh und Dominik Heintzen, von seinen Diensten entpflichtet.
Der Gottesdienst stand unter dem Motto „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ (Psalm 31, Vers 9)
„Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ (Psalm 31, Vers 9) war auch der Text der Predigt, die Ulrich Müller selbst hielt.
„Ist ein weiter Lebensraum nicht etwas ganz Wunderbares?“ fragte der Theologe und bezog sich dabei auf eigene Erfahrungen beim Blick von einer Aussichtsdüne auf der Insel Spiekeroog oder auf dem Gipfel der Alpen. Gott sei nicht der große „Strippenzieher“, wir nicht seine Marionetten, hielt er fest.
„Wir können selbstverantwortlich losgehen.“ In seinem Dienst als Gemeinde- und Schulpfarrer habe er immer wieder erlebt, welche Möglichkeiten ihm gegeben waren. Diese Freiräume konnte er nutzen, auch in der Begrenztheit seiner Person. Darüber hinaus warb der scheidende Seelsorger um Gottvertrauen, auch im Blick auf die Folgen seiner Krankheit: „Wir können getrost und unverzagt gegenüber unserem Gott sein, auch wenn wir manches nicht begreifen. Der Vater ist für uns da.“
„Was uns Freiheit gibt, ist nicht das, was wir haben, sondern, dass wir einem anderen gehören“, betonte Superintendent Dr. Hartmut Sitzler in seiner Ansprache. Ulrich Müller sei ein wunderbares Zeichen für diese Freiheit gewesen. „Das gibt uns Mut für die Gewissheit, dass Gott unsere Füße auf weiten Raum stellt.“
Er habe Ulrich Müller als jemanden kennengelernt, der Menschen ernst nimmt und ihnen auf Augenhöhe begegnet, sagte Sitzler.
Seinen Dank für das Wirken des Theologen richtete der Superintendent auch an Pfarrer Müllers Frau Beate und die ganze Familie.
Vom „Landpfarrer“ zum Schulseelsorger
Pfarrer i.R. Ulrich Müller ist in Lahnstein/Rhein geboren und mit einer älteren Schwester in Essen-Bredeney aufgewachsen. Heute lebt er mit seiner Frau in Hüttenberg-Rechtenbach.
Ulrich Müller kam nach eigener Aussage zur Theologie zunächst durch Erfahrungen im pietistisch geprägten Weigle-Haus bei Pfarrer Ulrich Parzany, dann durch die Jugendarbeit der Evangelischen Kirchengemeinde Essen-Rüttenscheid. Er berichtet, dass ihm dort der Glaube als persönliche Entscheidung vermittelt wurde, bibelorientiert, aber auch durchaus politisch und kritisch in den Zeiten des Endlagers Gorleben und des NATO-Doppelbeschlusses mit den Ostermärschen.
Er absolvierte sein Theologiestudium in Wuppertal, München und Tübingen und kam für das Vikariat und den Hilfsdienst in den Lahn-Dill-Kreis, um sie bei dem Ehepaar Kannemann in der Evangelischen Kirchengemeinde Lützellinden zu absolvieren. Dort konnte er die praktische Seite seines zuvor gewonnen theoretischen Wissens in den Vordergrund stellen.
Nach seiner Ordination wechselte er in den Kirchenkreis Simmern-Trarbach, wo Ulrich Müller als Gemeinde-, Jugend- und Schulpfarrer tätig war. Seine erste Stelle trat er 1992 in den drei kleinen Hunsrückgemeinden Irmenach-Lötzbeuren-Raversbeuren an und war dort 23 Jahre lang, wie er selbst sagt, „Landpfarrer mit allem, was so eine dörfliche Gegend zu bieten hat“.
Die Jugendarbeit liegt ihm sehr am Herzen, weshalb er zusätzlich zu seinem Dienst in der Gemeinde, Jugendpfarrer im Kirchenkreis Simmern-Trarbach wurde.
2014 entschied sich Ulrich Müller aus privaten und beruflichen Gründen, seinen Arbeitsbereich zu verändern und vom Gemeinde- zum Schulpfarrer und -seelsorger an Berufsschulen zu wechseln.
Im Jahr 2015 kam er zurück in den Lahn-Dill-Kreis und arbeitete bis zu seinem Ruhestand als Schulpfarrer an der Käthe-Kollwitz-Schule und Theodor-Heuss-Schule in Wetzlar sowie im Vertretungsdienst in der Evangelischen Kirchengemeinde Dutenhofen/Münchholzhausen mit dem Schwerpunkt Konfirmandenarbeit.
Darüber hinaus engagierte sich der verheiratete, dreifache Familienvater als Synodalbeauftragter für den Kirchentag und als Mitglied, teils als Vorsitzender bzw. stellvertretender Vorsitzender, in verschiedenen Ausschüssen, so etwa dem Ausschuss für Ökumene und Mission im Evangelischen Kirchenkreis Simmern-Trarbach, des Botswana-Ausschusses, des Schulausschusses, des Seelsorgeausschusses sowie des Sozialethischen Ausschusses der Evangelischen Kirchenkreise Braunfels und Wetzlar, des heutigen Evangelischen Kirchenkreises an Lahn und Dill.
Von Nah und Fern – Viele Weggefährten begleiten Ulrich Müller in den Ruhestand
Die Kirche in Münchholzhausen war voll besetzt und Ulrich Müller sichtlich überwältigt von der Vielzahl der Besucherinnen und Besucher, die von allen seinen Wirkungsstätten nah und fern gekommen waren – Familie, Nachbarn und dienstliche Weggefährten.
Musikalisch gestalteten Pfarrer i.R. Michael Philipp (ehemals Gemeindepfarrer in Dutenhofen/Münchholzhausen) mit dem Saxofon, Dietmar Wittenstein und Gerhard Barth, beide an der Gitarre, sowie der Männerkreis „Männersache“ der Kirchengemeinde Dutenhofen/Münchholzhausen unter Leitung von Gerhard Barth den Gottesdienst.
Grußworte sprachen Thomas Fricke für den Partnerschaftsausschuss Botswana, Pfarrerin Gabriele Hamacher als Bezirksbeauftragte für Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen, Karin Rinn für den Sozialethischen Ausschuss, Silvia Blöhß für das Presbyterium der Kirchengemeinde und Dietmar Wittenstein für den Männerkreis der Kirchengemeinde.
Mehr Zeit für Familie, Freunde und Hobbys
Im Ruhestand möchte Ulrich Müller, der seit 2017 an einer schweren chronischen Erkrankung leidet, mehr Zeit für seine Familie, Freunde und Hobbys, wie etwa das Lesen, Spielen von Gesellschaftsspielen oder Kochen, finden.
Besonders dankbar ist er für die Zeit mit seiner Frau Beate, mit den Kindern, der Schwiegertochter und den beiden Enkelkindern.
Ulrich Müller ist gerne in seinem Garten und genießt auch mal einen ruhigen Abend im Wintergarten. Wichtig sind ihm auch, Reisen, Kultur, Sprachen und Musik (Reinhard Mey, Simon& Garfunkel, Chris de Burgh) sowie das Treffen von Freunden und Nachbarn.
Pläne für die Zukunft hat Ulrich Müller auch: „Mit Freude zu leben im Miteinander, zu sehen, dass es meiner Familie gut geht, getragen zu werden von Gott, der mir Kraft und Möglichkeiten dazu geben kann, wenn er mag und nichts anderes vorhat. Aber man kann ja sowieso nicht tiefer fallen als in Gottes Hand. Merci, big daddy!“
Text: Marlene Schleicher und Uta Barnikol-Lübeck
Fotos: Uta Barnikol-Lübeck
Foto 1: Pfarrer Ulrich Müller hatte seiner Predigt Psalm 31, Vers 9 zugrundegelegt: „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“
Foto 2: Gestalteten den Gottesdienst zur Verabschiedung von Pfarrer Hans Ulrich Müller (4.v.l.) mit (v.l.): Reiner Arnold, Ute Kannemann, Hartmut Sitzler, Dominik Heintzen, Franziska Jöst, Karin Rinn und Gabriele Hamacher
Foto 3: „Gut, dass wir einander haben“, sang der Männerkreis „Männersache“ der evangelischen Kirchengemeinde unter Leitung von Gerhard Barth
Foto 4: Musikalisch eröffnet hatten den Gottesdienst der ehemalige Gemeindepfarrer in Münchholzhausen Michael Philipp und Dietmar Wittenstein
Foto 5: Groß war die Zahl der Menschen, die von Nah und Fern zum Verabschiedungsgottesdienst von Pfarrer Ulrich Müller kamen
Foto 6: Dem Gottesdienst schloss sich eine Nachfeier im Gemeindehaus mit Grußworten für Pfarrer Ulrich Müller, Geschenken und Begegnungen bei Kaffee und Kuchen an
Foto 7: Die Familie ist ihm wichtig: Pfarrer Hans Ulrich Müller mit seiner Ehefrau Beate Müller