Pfarrer Wolfgang Grieb als Synodalbeauftragter für das Christlich-Jüdische und das Christlich-Islamische Gespräch:

Wolfgang Grieb, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Hermannstein und Synodalbeauftragter für das Christlich-Jüdische und für das Christlich-Islamische Gespräch im Kirchenkreis an Lahn und Dill hat seine Gedanken zur Mahnwache für die Anschlagsopfer von Hanau in Worte gefasst:

Unser Gedenken findet an einem Freitagabend statt. Wir haben viel gehört von Schmerz, Wut, Protest und Forderungen nach lückenloser Aufklärung und politischen Konsequenzen.

Vielleicht ist es gut, sich zum Schluss an die besondere Wochenzeit zu erinnern, zu der wir uns versammelt haben:  Am Freitagabend wünschen sich Juden weltweit in der Willkommensfeier zu Beginn des Ruhetages Shabbat mit dem Gruß „Shabbat Shalom“ einander den Frieden Gottes.

Muslime treffen sich heute in ihren Moscheen, um sich von dem Frieden, den ihnen Allah zusagt und sie dazu beauftragt, stärken zu lassen. Denn Islam bedeutet ja zutiefst Ergebenheit in den Frieden Gottes (Salam=Friede).

Und wir Christen denken freitags besonders an das Kreuz Christi, ein Kreuz ohne Haken, das sich in die Zerrissenheit und Gewalt dieser Welt hineinstellt und Zeichen der Versöhnung und des Friedens wird.

Und wir sind in einem besonderen Gedenkjahr: Wir erinnern 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland.  Seit über 60 Jahren gibt es nun auch verstärkt muslimisches Leben -ermöglicht durch Einladung zur Arbeit, Migration und Flucht in Deutschland.  Beides trug und trägt zur kulturellen und religiösen Vielfalt und Reichtum im Miteinander bei; beides ist aber immer wieder auch bedroht durch Antisemitismus, Islamophobie und Fremdenfeindschaft.

Möge Gott uns allen immer wieder den Geist des Friedens schenken, durch den wir einander auf Augenhöhe begegnen, Kennenlernen fördern, Toleranz stärken, allem Lebensfeindlichen gemeinsam Widerstand leisten und so eine achtsame, bunte Gesellschaft gestalten.

Ich wünsche uns allen, dass dieser universale und doch so intime Frieden Gottes wieder ein wenig mehr unter uns auf Erden erfahren wird und uns und unsere Gesellschaft ein wenig heilt.