Mahnwache der „Seebrücke“ angesichts des Flüchtlingselends in Griechenland:

Gewalt, Not und Elend bestimmen das Leben unzähliger Migranten an den Grenzen Europas. Mehr als 20.000 Geflüchtete leben inzwischen beispielsweise unter unwürdigen Bedingungen auf der griechischen Insel Lesbos. Um auf das Schicksal dieser Menschen aufmerksam zu machen, haben am Dienstagabend rund  40 Menschen aus Kirche, Politik (Jungsozialisten und Grüne Jugend) und Gesellschaft vor dem Herkules-Center in Wetzlar eine Mahnwache abgehalten. Diese begann mit dem Anzünden von Kerzen und einer Schweigeminute. „Wir wollen in Wetzlar ein Zeichen der Solidarität setzen“, erklärte Maria Schaefer von der Aktionsgruppe „Seebrücke Wetzlar“. Die betroffenen Menschen dürften nicht in Vergessenheit geraten.

„Ich weiß, wie es ist, wenn man keine Ahnung hat, wie es der eigenen Familie geht“, sagte Physikstudent Uday Al Shihabi (21) aus Damaskus. „Ich kam 2015 als Flüchtling nach Deutschland. Wir alle haben das Recht, hierher zu kommen und frei zu sein.“ Daniel Kalms, FSJler aus Dutenhofen, der mit dem jungen Syrer gemeinsam Abitur gemacht hat, ergänzte: „Uday hat mein Leben bereichert. Jeder, der herkommen möchte, sollte es dürfen und gut in Deutschland leben können.“ Viele nahmen die Gelegenheit wahr, ihre Gedanken mit Kreide auf den Boden zu zeichnen. „Ich habe das Recht, zu leben“, schrieb Uday Al Shihabi auf Arabisch.

Pastoralreferent Joachim Schaefer, der die Mahnwache mitorganisiert hatte, bekannte: „Ich schäme mich, nichts tun zu können außer Nachrichten über Facebook weiterzugeben. Ich schäme mich aber auch für Europa und dass es zu diesem Eklat gekommen ist.“

Die internationale Bewegung „Seebrücke“ hat bundesweit zu Protesten im Rahmen einer Aktionswoche unter dem Motto „Grenze auf, Leben retten!“ aufgerufen. Sie fordert die EU auf, Menschen aus den Grenzgebieten zwischen der Türkei und Griechenland zu evakuieren, die Camps auf den griechischen Inseln aufzulösen, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufzunehmen und sichere Fluchtwege aus Kriegs- und Krisenregionen einzurichten.

„Das ist aus christlicher Sicht geboten“, sagt Bodo Jaekel von der Aktionsgruppe „Seebrücke Wetzlar“. Es dürften keine Menschen im Mittelmeer ertrinken. „Der türkische Präsident Erdogan missbraucht die Not der Menschen für seine eigenen Interessen“, fügt der evangelische Küster des Wetzlarer Doms hinzu.

Auch Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, fordert von den europäischen Regierungen, die humanitäre Situation der Flüchtlinge aus Syrien „unverzüglich wirksam zu verbessern“. Europa und Deutschland müssten dazu ihren angemessenen Beitrag leisten, so Rekowski, der auch Vorsitzender der Kammer für Migration und Integration der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist, in seinem Präsesblog. Dem leitenden Theologen geht es dabei nicht nur um die verzweifelte Situation der Menschen an der Grenze zwischen Türkei und Griechenland, bzw. Bulgarien, sondern auch um die dramatische Lage der Menschen in Syrien, die aus der Region Idlib fliehen: „Es muss zeitnah entschieden werden, wie und wo humanitäre Hilfe wirksam geleistet werden kann.“ Darüber hinaus müssten diplomatische Bemühungen verstärkt werden, um eine sofortige Beendigung der Kampfhandlungen in Syrien zu erreichen.

bkl

[vc_gallery interval=”5″ images=”9487,9488,9489,9490″ img_size=”full”]Bild 1: Mahnwache für Flüchtlinge vor dem Herkules-Center: Rund 40 Menschen, darunter viele Jüngere, waren gekommen, um ein Zeichen der Solidarität zu setzen.

Bild 2: Aus Syrien geflüchtet: Der 19jährige Uday Al Shihabi sprach von seinem Recht auf Freiheit.

Bild 3: Teilnehmende der Mahnwache schrieben ihre Gedanken vor dem SOS-Schriftzug aus Kerzen auf den Boden.

Bild 4: „Ich habe das Recht, zu leben“, steht hier auf Arabisch.