Mit Martin Luther den Kirchturm besteigen:

In 2017 war der 31. Oktober ein gesetzlicher Feiertag. Anlass dazu war das Jubiläum „500 Jahre Reformation“. Nun im 501. Jahr war wieder Arbeitsalltag eingekehrt. Dennoch haben protestantische Gemeinde in Mittelhessen mit Gottesdiensten, Konzerten und Aktionen an den Thesenanschlag Martin Luthers (1483 – 1546) am 31.Oktober 1518 an die Schlosskirche zu Wittenberg gedacht. Es war nicht nur ein rückwärtsgerichtetes Gedenken sondern auch eine Zeitschau, wo die evangelischen Christen heute stehen.
In der Niederbieler Kirche drängten sich 200 Besucher, um im vollbesetzten Gotteshaus die Aufführung „Bruder Martinus“ mit Siegfried Fietz und dessen Sohn Oliver Fietz zu erleben. „Ein sehr beeindruckender Abend“ ließ ein Besucher verlauten. Die beiden Sänger führten durch die Geschichte der Reformation mit Liedern, die der Wetzlarer Journalist Jürgen Werth nieder geschrieben hat. Immer wieder stimmten die Besucher mit in die Lieder ein, die das reformatorische Geschehen und damit den Kern des Glaubens in die Gegenwart holten. Im Anschluss haben die Konzertbesucher noch bei Punsch und Gebäck auf dem Rasen vor der Kirche miteinander gefeiert.
Einen Zentralgottesdienst feierten die Mitglieder der Evangelischen Kirchengemeinde in der Hospitalkirche. Wie bereits in den Vorjahren hatte Pfarrer Dr. Siegfried Meier eine Theaterszene selbst verfasst und führte sie gemeinsam mit
Tobias Gisse auf.
„Don Antonio und der Glaube“ nannte sich das Stück, das die rund 100 Gottesdienstbesucher mit nach Sizilien in die Mafia nahm. Killer „Mario“, gespielt von Tobias Gisse, kommt zu Don Antonio (Siegfried Meier) und beichtet „Ich habe gesündigt“. Zu seiner Überraschung rät Don Antonio seinem Killer nicht zu fliehen und das Land zu verlassen, sondern Jesus um Vergebung zu bitten. In seiner Predigt erläuterte Meier, dass es auch in Italien Glaubensflüchtlinge gegeben habe. So könnte es passiert sein, dass ein Mafia-Pate durchaus protestantisch war und den Wert der Vergebung kannte. Meier wies damit auf die Waldenser hin, die es in Italien schwer hatten. Auch in Frankreich gab es mit den Hugenotten Glaubensflüchtlinge, die in Deutschland ihre Rettung suchten. Oder in Kärnten, im Salzburger Land und die Wallonen. Diese Glaubensflüchtlinge, die alle der reformatorischen Lehre verpflichtet waren, hätten eine Leidenschaft für Gott gehabt. „Wo ist diese Leidenschaft bei den Christen heute?“, fragte Meier. Die Menschen damals haben sich an Gott festgehalten, meinte Meier. Es sei bemerkenswert wie die Kirche in schweren Zeiten gelebt und auch überlebt habe.
Der Reformationgottesdienst wurde vom Bläserkreis Wetzlar unter der Leitung von Kantor Dietrich Bräutigam mitgestaltet. Bräutigam spielte auch die Orgel. Die Besucher stimmten in das bekannteste Luther-Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ mit ein. Am Ausgang gab es schließlich allerlei Luther-Souveniers, von der Playmobil-Figur des Reformators bin hin zu Taschentüchern mit dem Konterfei Luthers.

In der evangelischen Kirche in Hermannstein gab es dieses Jahr eine Reformationsfeier. Pfarrer Wolfgang Grieb hatte wie andere Kollegen auch zum Gottesdienst nach Werdorf eingeladen, wo Pfarrer Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, zum Reformationsfest predigte.

In Kölschhausen hatte die Kirchengemeinde zu einer Churchnight (Kirchenabend) eingeladen. Den 60 Besuchern boten die Katechumenen mit Jugendleiter Tobias Bürgel ein Programm zum Thema „Was ist der Mensch Wert?“ Einstudierte Liede, Anspiele und selbst geschriebene Gebete der Mädchen und Jungen entfalteten dieses Thema. Anschließend trafen sich die Gottesdienstbesucher im Freien vor der Kirche zu Lutherbrötchen und Kuchen, Kaffee und Tee, Daniel Herr, Student der Theologie, trat verkleidet als Reformator Martin Luther auf und lud die Gäste zur Besteigung des Kirchtums ein. Dazu brachte er Erzählungen aus Luthers Leben wie die Arbeit der Bibelübersetzung zu Gehör. Bei einem Luther-Quiz konnte Junge und Alte ihr Wissen über den Reformator testen. Aus dem Gotteshaus wurde kurzerhand eine Lichterkirche. Mitarbeiter hatten das Kircheninnere in stimmungsvolles Licht getaucht, es gab Orgelmusik zu hören und die Besucher konnten ein Kerzenkreuz anzünden. Sehr positiv haben die Besucher eingeschätzt, dass sie Gelegenheit hatten, miteinander ins Gespräch zu kommen, so Bürgel. Nicht minder stark geschätzt wurden Turmbesteigung und die Lichterkirche.

„Don Antonio und der Glaube“ hieß das Theaterstück, das Pfarrer Siegfried Meier gemeinsam mit Tobias Gissel in der Hospitalkirche am Reformationstag aufführte. Die Kirchengemeinde Wetzlar feierte dort einen zentralen Gottesdienst.