Bürgermeister freut sich über die gelungene Premiere:
Mit so vielen Besuchern hatten die Veranstalter im Haus der Begegnung/evangelisches Gemeindehaus in Dorlar nicht gerechnet. Ständig mussten Tische und Stühle nachgestellt werden. Insgesamt 70 Besucher haben es sich beim ersten Willkommens-Café schmecken lassen. Dazu eingeladen hatte ein Team der Flüchtlingshilfe Lahnau unter der Leitung von Dagmar Schwarze-Fiedler, Vorsitzende des Fördervereins der Kirchengemeinde.
Die von Gemeinde und Privatpersonen zur Verfügung gestellten Wohnungen reichen schon lange nicht mehr aus. Deshalb hat die Gemeinde zunächst in Waldgirmes unterhalb des Römischen Forums ein Containerdorf mit 30 Plätzen Aufnahmekapazität eingerichtet. Im Dezember wurde ein weiteres Containerdorf mit 60 Plätzen auf dem ehemaligen Kirmesplatz in Dorlar erbaut. „Dort leben derzeit 55 Menschen“, erläutert Bürgermeister Christian Walendsius (SPD).
Bereits am 14. Dezember hatte der Bürgermeister zu einer Informationsveranstaltung ins Bürgerhaus in Atzbach eingeladen, um über den aktuellen Stand von Zuweisungen geflüchteter Menschen zu informieren. Die bereits seit 15 Jahren bestehende Flüchtlingshilfe um Hedwig und Georg Kleinhans erläuterte, dass sie mit den bisher versorgten Geflüchteten an ihre Kapazitätsgrenzen gelangt sind. Die beiden Mitglider der katholischen Kirche berichteten von ihren Erfahrungen mit Menschen aus Syrien, die 2015 und 2016 nach Lahnau kamen. Die Geflüchteten bedürften dringend einer Unterstützung, um sich ohne Sprachkenntnisse in Deutschland zurechtzufinden. Deshalb hat das Team Ehrenamtliche ein Begegnungscafé in den Räumen der katholischen Kirchen eingerichtet.
Ende Januar hatte die Gemeinde Lahnau zu einem Treffen für ehrenamtliche Unterstützer eingeladen. Spontan hat sich dabei ein Team von vier Personen für Deutsch-Unterricht und ein achtköpfiges Team für ein Café gefunden. Pfarrerin Manuela Bünger stellte das Gemeindehaus der evangelischen Kirchengemeinde für das Café zur Verfügung.
„Wir schreiben Einladungen, kaufen ein, backen Kuchen, kochen Kaffee und Tee, stellen Stühle und Tische und kümmern uns anschließend um das Spülen und Aufräumen“, schildert Schwarze-Fiedler die Aufgaben des Teams. Eine Erkenntnis des ersten Willkommens-Cafés sei, dass sie mehr Kuchen backen sollten, denn es wurde doch sehr knapp am Mittwoch.
Als die Gäste aus Syrien, Afghanistan, Iran, Äthiopien, der Ukraine und weiteren Heimatländern im Gemeindehaus eintreffen, werden sie herzlich begrüßt. Gastgeber und Gäste kennen sich bereits durch Besuche in den Containern. Auf einem Tisch liegen gespendete Hand- und Geschirrtücher, Decken und Kleidungsstücke aus. Diese sind schnell unter den Anwesenden verteilt.
Unter den Geflüchteten ist die 48-jährige Dina, die mit ihrer 16-jährigen Tochter Fatima aus dem Iran geflüchtet ist. Es sei immer schlimmer um ihre Sicherheit bestellt gewesen, erklärt die Mutter mittels Übersetzungsprogramm auf ihrem Smartphone. Zunächst haben sie einige Jahre in der Türkei gelebt, später in Portugal und nun sind sie seit vier Wochen in Dorlar angekommen. „Ich bin Malerin und würde gerne malen oder süße Sachen backen“, sagt Dina. Das Nichtstunkönnen belastet die Geflüchteten.
Seit zwei Jahren ist Dawood aus Afghanistan in Deutschland, geflohen vor den Taliban. Der 35-Jährige hat sich als Übersetzer angeboten, geht zwei bis drei Mal pro Woche in die Dorlarer Containersiedlung, um zu helfen.
Der 51-jährige Denis kommt aus der Ukraine, aus einer Stadt Richtung Schwarzem Meer. Zuhause hatte er ein Unternehmen. Hier ist er arbeitslos. Er wartet darauf, bald einen Deutschkurs B1, einen Aufbaukurs, bei „Sprache und Bildung“ zu besuchen. Ohne ausreichende Sprachkenntnisse ist es schwierig, Arbeit zu finden. Hoffnung, wieder in seine Heimat zurückkehren zu können, hat er kaum. „Ich bin mit meiner Frau und den zwei Töchtern, acht und 12 Jahre, hier“, erklärt Denis.
Isam (50) ist in Syrien geboren, beherrscht aber neben Deutsch auch Russisch und Ukrainisch. So arbeitet er als Übersetzer im Willkommens-Café mit. „Wir möchten helfen, damit die Geflüchteten bessere Chancen zur Integration haben, die deutsche Sprache lernen und eine Arbeit finden“, erklärt Isam. Um einen offiziellen Sprachkurs über den Lahn-Dill-Kreis zu besuchen, gebe es Wartezeiten von sieben bis zehn Monaten. Danach brauche ein Deutschkurs noch einmal zehn Monate. Schnell sind die Geflüchteten zwei Jahre da, und können noch immer keine Arbeit aufnehmen, beklagt Isam.
Unterdessen haben die Mädchen und Jungen aus aller Herren Länder beim Spielen keine Sprachschwierigkeiten. Es wird sich mit Gesten verständigt. Das Vorbereitungsteam hat zwei Tische mit allerlei Spielsachen aufgebaut, die schnell in Beschlag genommen werden.
Bürgermeister Walendsius, der sich an einem Tisch unter die Lahnauer Neubürger gemischt hat und sich ihre Fluchtgeschichten erzählen lässt, ist erfreut, dass seine Initiative, neue Ehrenamtliche für die Flüchtlingshilfe zu finden, auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Am 13. März soll das Willkommens-Café im Gemeindehaus in Dorlar wieder öffnen.
red