Malaktion, Demos und Reden gegen Rechtsextreme in Wetzlar:

Zwei Tage lang haben sie sich für Menschenrechte und Demokratie, Vielfalt der Kulturen und Religionen und gegen Rechtsextremismus eingesetzt: Rund 1.500 Menschen aus Politik, Gewerkschaften und Kirchen haben sich an Malaktionen vor der Wetzlarer Stadthalle beteiligt, an zwei Demonstrationen durch die Stadt, an Musik- und kulturellen Beiträgen sowie an einem „Festival der Demokratie“ in der Siena-Anlage gegenüber der Stadthalle.

Dies angesichts einer geplanten Zusammenkunft von NPD-Vertretern unter der Überschrift „Heimat – Familie – Nation“ mit anschließendem Rechtsrockkonzert in der Stadthalle. Doch da vonseiten der Rechtsextremen für die Veranstaltung bis zuletzt keine rechtsgültige Versicherungspolice vorgelegt werden konnte, hat die Stadt Wetzlar die Nutzung der Stadthalle für die NPD untersagt.

Bereits am Tag zuvor gab es eine Malaktion für ein buntes Wetzlar rund um die Stadthalle. Organisiert hatte das eine KreAktiv-Gruppe, zu deren Mitgliedern auch Ehepaar Anne und Bodo Jaekel, Küster am Dom, und beide Mitglieder im Laurentiuskonvent, gehörten. „Das ist sehr gut gelaufen“, fanden sie und freuten sich über den stärkeren Zuspruch im Vergleich zur Aktion im letzten Jahr – diesmal kamen rund 400 Kinder. Mit  Straßenkreide, Fingerfarben, Seifenblasen und Luftballons haben sich auch Kinder und Eltern der Evangelischen Kindertagesstätte Johanneshof für ein buntes Wetzlar eingesetzt. „Wir malen Wetzlar bunt, weil wir zeigen wollen, wie bunt die Welt ist“, sagte Leiterin Ingrid Müller dazu. „Im Kindergarten haben wir gemeinsam das Buch „Irgendwie anders“ angeschaut und darüber gesprochen, dass Gott alle Kinder gleich lieb hat, egal, wo sie herkommen und wie sie aussehen. Bei uns gehen die Kinder ganz selbstverständlich damit um, auch wenn ein Kind eine dunkle Hautfarbe hat“, fuhr sie fort.

Unterstützt haben die Aktionen gegen Rechts neben den Superintendenten der Evangelischen Kirchenkreise Braunfels und Wetzlar Roland Rust und Jörg Süß von kirchlicher Seite das Evangelische Dekanat an der Dill, Fachstelle Gesellschaftliche Verantwortung, die Diakonie Lahn Dill, die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Gießen-Wetzlar, hessencam Wetzlar, die Katholische Kirchengemeinde Wetzlar, der Kirchliche Arbeitskreis Flucht sowie der Laurentiuskonvent Laufdorf und zahlreiche Einzelpersonen.

Einen besonderen Akzent in der Reihe der Redebeiträge aus Politik, Gewerkschaften und Kirche setzte Pfarrer Wolfgang Grieb (Hermannstein), der für die Kirchenkreise Braunfels und Wetzlar sprach. Er ist dort Synodalbeauftragter für das Christlich-islamische und für das Christlich-jüdische Gespräch und vertrat auch die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Gießen-Wetzlar. „Wetzlar ist bunt“, sagte der Theologe und demonstrierte mit einem bunten Schal, dass Juden, Christen und Muslime sich auf den biblischen Noah berufen, dem Gott als Bundeszeichen den Regenbogen in die Wolken setzte. „Wir stehen für die Solidarität mit allen Menschen“, betonte er, auch mit den Ausgegrenzten und denen, die Zuflucht suchen. Fremde Menschen müssten eingeladen werden. „In der Begegnung mit ihnen erfahren wir, dass der andere Mensch ist und seinen Platz in unserer Mitte hat.“ Zudem mahnte er, anlässlich der Reichspogromnacht vor 80 Jahren achtsam zu sein und verwies auf Ostern als Hoffnungszeichen, dass Christus, der gewaltsam zu Tode gebracht wurde, auferstanden sei und lebe.

Oberbürgermeister Manfred Wagner hatte zuvor allen gedankt, die mit Aktionen und vielfältigen Beiträgen, auch aus anderen Bundesländern, ein deutliches Zeichen dafür gesetzt hätten, „dass den Hetzern in unserem Land eine klare Absage erteilt wurde“. Angesichts des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes, die NPD-Veranstaltung in der Stadthalle stattfinden zu lassen und der unermüdlichen Bemühungen der Stadt, dies zu verhindern, äußerte er nachdrücklich sein Unverständnis: „Hier ist für die Justiz ein deutlich anderes Handeln erforderlich.“

„Wir leuchten für Demokratie und nicht für die Nazis“, sagte Landrat Wolfgang Schuster als Reaktion auf das Vorhaben Rechtsextremer, Wetzlar zu einem „Leuchtturmprojekt“ zu machen. An Oberbürgermeister Wagner überreichte er gemeinsam mit der KreAktiv-Gruppe das in der Malaktion von Kindern gestaltete Bild „Wir malen Wetzlar BUNT“, an dem auch Kinder der Evangelischen Kindertagesstätte Johanneshof mitgewirkt hatten.

bkl

[vc_gallery interval=”5″ images=”4870,4871,4872,4873,4874,4875,4877″ img_size=”full”]Bild 1: Mit einem bunten Schal und der biblischen Geschichte von Noah und dem Regenbogen zeigte Pfarrer Wolfgang Grieb, der für die Kirchenkreise sprach, wie wichtig Solidarität für alle Menschen in je ihrer Unterschiedlichkeit ist.

Bild 2: Bei der Malaktion haben Kinder der Kindertagesstätte Johanneshof mit Leiterin Ingrid Müller mitgemacht.

Bild 3: Schillernde Farben entstanden auch mit Riesen-Seifenblasen, die die Kinder im Rahmen der „Malaktion“ vor der Stadthalle entstehen lassen konnten.

Bild 4: Das fertige Bild „Wir malen Wetzlar BUNT“ wurde Oberbürgermeister Manfred Wagner von Landrat Wolfgang Schuster und der KreAktiv-Gruppe überreicht – auch Kita-Kinder vom Johanneshof haben daran mitgewirkt.

Bild 5: Rund 1500 Menschen versammelten sich bereits in der Zeit vor dem Demokratiefestival am Wetzlarer Bahnhof zum Demonstrationszug.

Bild 6: Auch Vertreter vom Laurentiuskonvent und Arbeitskreis Frieden sowie dem Wetzlarer Friedenstreff haben an den Gegenveranstaltungen teilgenommen.

Bild 7: In der Siena-Anlage hinter der Stadthalle fand das Festival der Demokratie statt.