Bilder von Daniel Hisgen machen biblische Geschichten anschaulich

Kirche St. Michaelis in Oberkleen ist 250 Jahre alt:

Vor 250 Jahren, zu Erntedank 1770, wurde die „St. Michael Kirche zu Oberkleen“ eingeweiht. Ein neues Kirchenschiff war östlich an den spätgotischen Wehrturm aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts angebaut worden, nachdem die zwischen 1235 und 1347 gebaute „Alte Pfarrkirche“ wegen Baufälligkeit 1766/67 abgerissen werden musste. Aus der Zeit der Vorgängerkirche stammt vermutlich auch das Altarkreuz mit Christusfigur, eine sehr alte Holzschnitzerei.

Mit dem Bau des neuen Kirchenschiffes 1768/69 wurde auch die dreiseitige Empore errichtet. Sie ruht auf Stützen, ist mit der Wand verbunden und zur Kanzel und zum Altar hin offen. Eine doppelläufige Eichentreppe im Turm sorgt dafür, dass die Empore auch von außen betreten werden kann.

Die 25 Bilder biblischer Szenen von der Schöpfung bis zum Pfingstereignis an der Emporenbrüstung stammen von dem Kunstmaler Daniel Hisgen (1733-1812), einem in Nieder-Weisel (Butzbach) aufgewachsenen Pfarrerssohn. Sie sind vom Stil des Rokoko (aus dem Barock hervorgegangen) geprägt und veranschaulichen die alt- und neutestamentlichen Erzählungen. Insgesamt 13 erhaltene Bilderzyklen in oberhessischen Kirchen konnten Hisgen zugeordnet werden, beispielsweise auch in Ebersgöns, Odenhausen und Atzbach.

Die in Ölfarbe auf Leinwand oder direkt auf das Holz gemalten Bilder haben einen Holzrahmen und sind jeweils mit einer Unterschrift versehen, die den Titel der Szene sowie die Bibelstelle angibt. 1979 wurden die Gemälde der Kirche St. Michaelis von Heide Giel in Wiesbaden restauriert.

Das Bild der ägyptischen Prinzessin in der Oberkleener Kirche gilt als eines der schönsten des Malers. Typischerweise sind die Figuren in zeitgenössischer Rokokotracht dargestellt. So erscheint die altorientalische Prinzessin, die den Säugling Mose im Fluss findet und ihn später zu sich nimmt, als Rokoko-Hofdame mit Reifrock und Sonnenschirm. Der Nil wirkt wie ein ländlicher Fluss mit nahe am Ufer gepflanzten europäischen Bäumen.

Auch das ovale Deckengemälde mit der Darstellung der Himmelfahrt Christi stammt von Daniel Hisgen. Es wurde 2003 von Bernd Beierlein restauriert. Zu sehen sind die 11 Jünger, wie sie auf Jesus hinweisen, der von zwei Engeln begleitet wird. Die Engel erklären den aufgeregten Jüngern das Geschehen, während die Christusfigur sich gen Himmel bewegt. Auch auf diesem Bild erinnert die Landschaft an heimische Gefilde.

Dem Maler Daniel Hisgen werden zudem die sogenannten „Rocaillen“, muschelförmige Ornamente in den vier Ecken der Kirchendecke, zugeschrieben. Es handelt sich dabei um verspielte, rankenförmige Verzierungen ohne Symmetrie. Auch die Rocaillen wurden 2003 von Bernd Beierlein restauriert.

Im Gottesdienst zum Erntedankfest 2020 soll an die Indienstnahme der St. Michaelis Kirche Oberkleen zu Erntedank vor 250 Jahren erinnert werden.

Weitere Informationen zur Kirche in Oberkleen gibt Dr. Walter Hilbrands (Langgöns) unter https://de.wikipedia.org/wiki/St._Michaelis_(Oberkleen)

bkl

Bild 1: Die Kirche St. Michaelis von innen: Eine Gemäldegalerie mit 25 Bildern des Malers Daniel Hisgen an der Emporenbrüstung lässt die biblischen Geschichten anschaulich werden. In der Ecke links neben der Orgel befindet sich eine der von Hisgen geschaffenen Rocaillen.

Bild 2: Das Bild von der ägyptischen Prinzessin, die den Säugling Mose am Nil findet, gilt als eines der schönsten von Daniel Hisgen.

Bild 3: Auch das eindrückliche Deckengemälde, eine Darstellung der Himmelfahrt Christi, stammt von Maler Daniel Hisgen.

Bild 4: Das Altarkreuz stammt vermutlich noch aus der „Alten Pfarrkirche“, die Mitte des 18. Jahrhunderts abgerissen werden musste.

Bild 5: Die Evangelische Kirche St. Michaelis Oberkleen von Nord-Westen her – an den Kirchturm sind das Treppentürmchen und die Sakristei angebaut.

 

21.September 2020 |