Begabung als Geschenk des Himmels
Siegfried Fietz ist 75 geworden und hat den Landesehrenbrief bekommen

„Ein Leben reicht nicht aus um alles zu tun, was ich verwirklichen möchte.“ Wer mit Siegfried Fietz ins Gespräch kommt, der kann nicht anders als sich mitreißen zu lassen von der Leidenschaft, mit der der inzwischen 75-Jährige aus Greifenstein-Allendorf immer wieder neue musikalische Werke komponiert und mit der er seiner Kreativität mit Holz, Stein, Metall und auf der Leinwand freien Lauf lässt. Der vielseitige Künstler, der sich vor allem als Musiker und Produzent einen Namen gemacht hat, erhielt für seine Verdienste kürzlich die „Ehrenurkunde für Kunst und Kultur“ des Landes Hessen.

Dreh- und Angelpunkt seines künstlerischen Schaffens ist der christliche Glaube, dessen Botschaft Fietz auf ganz unterschiedliche Weise in die Welt trägt. In seinen Liedern und Kunstwerken verbinden sich eine innige Herzensfrömmigkeit mit der Überzeugung, Mitverantwortung für das Geschehen in der Welt zu tragen. Fietz gilt dabei als Mitbegründer der christlichen Popmusik und Wegbereiter des Neuen Geistlichen Liedes.

„Die Themen fallen mir vor die Füße“, sagt der Künstler, der einen guten Blick für das hat, was gesellschaftlich oder kirchlich gerade auf der Tagesordnung steht und es dann beherzt anpackt. Beispielsweise dem wiedererwachenden Nationalsozialismus etwas entgegenzusetzen, ist ihm ein Anliegen: „Solche Zeiten dürfen sich nicht wiederholen!“ Nicht nur Dietrich Bonhoeffer, mit dessen Leben und Theologie sich Fietz als junger Mensch intensiv beschäftigt und dessen Text „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ er 1972 vertont hat, ist ihm dabei zum Vorbild geworden.

So hat Fietz auch ein Musical über den Vertreter der Bekennenden Kirche, Pfarrer Martin Niemöller, komponiert und erst kürzlich wieder in Eisenach aufgeführt. Auch Gedichte und Liedtexte des Theologen Jochen Klepper, der in der Zeit des Nationalsozialismus lebte und starb, hat Fietz vertont. „Die biblische Botschaft muss ins Verhältnis zur Weltgeschichte gesetzt werden“, ist der Künstler überzeugt.

Als Teamplayer hat er dabei mit vielen unterschiedlichen Menschen zusammengearbeitet, die seine Ideen in entsprechende Texte umsetzten. Rainer Haak, Hanno Herzler, Marco Kunz, Hellwig Wegner-Nord und Jürgen Werth gehören dazu. Enge Freundschaften entstanden im Laufe der vielen Projekte und verbanden ihn beispielsweise mit dem Theologen und Publizisten Jörg Zink, mit Coretta Scott King, der Witwe von Martin Luther King oder mit dem Apollo 15- Astronauten James B. Irwin, der als achter Mensch den Mond betrat. Gemeinsam mit ihm entstand 2011 die „Space Sinfonie“.

1946 in Aue/Kreis Wittgenstein als Sohn eines ostpreußischen Flüchtlingsehepaars geboren und in Hilchenbach im Siegerland aufgewachsen, absolvierte Siegfried Fietz zunächst zwei Ausbildungen zum Maschinenschlosser und technischen Kaufmann. 1961 leitete er die erste Gitarrengruppe und begann mit dem Gesangsunterricht. Mit dem „Fietz-Team“ gab er ab 1965 Konzerte in ganz Deutschland. Die C-Prüfung für Orgel und Gesang legte er 1967 ab. Gustav-Adolf Schlemm war der Lehrer, bei dem Siegfried Fietz im Anschluss fünf Jahre lang Komposition studierte. In dieser Zeit arbeitete er als Produzent beim Verlag Schulte in Wetzlar. 1969 heirateten Siegfried Fietz und Barbara Jansen. Das Paar zog nach Greifenstein-Allendorf und gründete dort 1974 den Abakus Musikverlag.

Der Verlag (heute: Abakus Musik Barbara Fietz) ist zu einem Familienunternehmen geworden. Ohne Ehefrau Barbara geht gar nichts. Sie managt den Verlag von morgens früh bis abends spät. Tochter Sandra kümmert sich um die Buchführung, Sohn Florian ums Marketing und den Medienauftritt während Sohn Oliver mit dem Vater gemeinsam und inzwischen auch eigene Werke produziert.

„Ich wollte immer die Qualität der Klassik und die Sprache von heute zusammenbringen“, sagt Siegfried Fietz über seine Musik in einem Interview mit seinem Biographen und Weggefährten Jan Vering. Die eigene künstlerische Begabung sieht Fietz als ein Geschenk des Himmels: „Da bin ich demütig, denn ich darf derjenige sein, der alle diese Ideen an andere weiterreicht.“

Insgesamt sind es mehr als 200 Alben und über 4000 Lieder, darunter auch viele Kinderlieder, die der Künstler komponiert hat. Nicht zu vergessen die Pop-Oratorien „Paulus“ und „Petrus“. Diese Oratorien gingen um die Welt, wurden beispielsweise in Argentinien und an anderen Orten aufgeführt. Wie viele andere Werke, denn seine Konzerttourneen führten Siegfried Fietz auch nach Afrika, Israel, in die USA und nach Südamerika. Zu den rund 50 Konzerten pro Jahr gehören zudem Auftritte bei Evangelischen Kirchentagen und Katholikentagen.

In seinen Musicals spiegelt sich auch die Verbundenheit des Künstlers mit den Menschen vor Ort wider, wenn die heimische Region zum Thema wird. So im „Greifensteiner Glockenspiel“ oder in „Merci – der Graf und die Hugenotten“ Auch „Wilhelm von Oranien – Der Prinz aus Dillenburg“ gehört dazu. Zudem ist Siegfried Fietz in seiner Evangelischen Kirchengemeinde Ulmtal aktiv, beispielsweise bei der musikalischen Gestaltung von besonderen Gottesdiensten. Er textet und komponiert Lieder zu Jubiläums-Geburtstagen oder auch einmal einer Beerdigung. Darüber hinaus stellt er seinen Skulpturenpark an der „Lenzwies“ in Allendorf für Gottesdienste zur Verfügung. Jährlich finden dort die Himmelfahrtsgottesdienste der Evangelischen Kirchengemeinde Ulmtal und der St. Paulsgemeinde Allendorf statt. Seit dem letzten Jahr feiert die evangelische Kirchengemeinde ihre Konfirmation im Skulpturenpark – was bei den Konfirmanden, Eltern und Gästen sehr gut ankommt. Hier hat der Künstler einen Ort der Ruhe und der Meditation geschaffen – und dabei ein ursprünglich mit Müll beladenes Gelände in ein herrliches Naturidyll mit Holzbühne und Baumstämmen als Sitzgelegenheiten verwandelt.

Den Menschen für ihren Alltag eine gute Portion Mut und Hoffnung mitzugeben, ist ebenfalls ein entscheidender Motivationsimpuls für Fietz. Er möchte mit seinen Liedern berühren. Sie sollen Trost und Kraft in den Wechselfällen des Lebens schenken. „Ein kleines zartes Hoffnungslicht verwandelt sich in Zuversicht“ ist es beispielsweise in seinem aktuellen Album „Zuversicht“ zu hören. Zu den neuesten Fietz-Projekten gehören auch das Musical „Heimat ist“, eine Koproduktion mit Jürgen Werth und ein Musical über den Theologen und Pädagogen August Hermann Francke, mit Hellwig Wegner-Nord produziert. Beide Musicals sind coronabedingt noch nicht zur Aufführung gelangt. Man darf also gespannt sein und sich auf Neues freuen. Ganz im Sinne des Skulpturen- und Bilderzyklus „Aufbruch wagen“ von Siegfried Fietz, der Mut macht, sich auch in Zukunft, noch auf ungewissem Terrain, geborgen und behütet zu fühlen.

 

Fotos: Barnikol-Lübeck

 

Bild 1: Auch das ist Siegfried Fietz: Ein Künstler, der sich aufs Schnitzen und Malen versteht. Hier ist er mit seiner Skulptur der Heiligen Elisabeth zu sehen.

Bild 2: Er weiß sich geborgen: Den Engel, der im Skulpturenpark steht, hat Siegfried Fietz aus einer 500jährigen Eiche aus Holzhausen geschaffen.

Bild 3: Dieses Bild im Fietz-Atelier gehört zum Zyklus „AUGUSTINUS“ und hier zum Lied „In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst“. An den von Siegfried Fietz gestalteten Bildern hat die international renommierte Malerin Elke Albrecht mitgearbeitet.

Bild 4: In der Atelierküche hängen mehrere filigran gestaltete Holzarbeiten zu biblischen Themen.

Bild 5: Ob Laptop oder Naturidylle – Siegfried Fietz kennt sich mit beidem aus und weiß es sinnvoll zu verbinden.