Jahresfest der Frauenhilfe zum Reformationsjubiläum in Wißmar.

Pfarrerin Alexandra Hans konnte am Samstag in der evangelischen Kirche in Wißmar 45 Vertreterinnen der Frauenhilfsgruppen und des Vorstandes des Kreisverbandes Wetzlar/Braunfels zum diesjährigen Jahresfest willkommen heißen. Ihr Gruß galt auch den drei anwesenden Männern, dem Superintendenten Roland Rust, dem Organisten Hermann Frankfurt und  Klaus Gobereit.  Marlene Förster, die Vorsitzende des Kreisverbandes der Frauenhilfe gestaltete nach dem Lied von Martin Luther “Die beste Zeit im Jahr ist mein” das Votum im Gottesdienst. Dieser stand unter dem Motto “auf.Recht”.

Simone Pfitzner als Katharina von Bora und Pfarrerin  Alexandra Hans sprachen in einem eröffnenden Dialog die Themen Gerechtigkeit, Recht und Würde für alle Menschen an. Ihre Botschaft lautete: “Wir sollen aufgerichtet werden, dazu schenkt uns Gott die Kraft – wir dürfen aufstehen gegen alle Widerstände, jetzt gilt Gottes Gerechtigkeit für alle!” Dagegen spricht aber, dass wir täglich von Mord, Totschlag und Ungerechtigkeit hören. Schon der Blick in unsere Einkaufswagen zeigt, dass wir mittendrin hängen in der Ungerechtigkeit, unter der unsere Welt leidet. Die Botschaft der Bibel sagt uns: “Gottes Gerechtigkeit ist durch Jesu Tod sichtbar geworden, Gott macht die gerecht, die an ihn glauben!”  „Katharina von Bora“ berichtete von der Welt zu Zeit der Reformation, Luther kam zur Erkenntnis, dass nur die Gnade Gottes frei macht. Trotz ihres mit Arbeit und Pflichten vollgepackten Tages betete sie unaufhörlich bei ihrer Arbeit nach den Worten des Paulus: “Alles, was ihr tut, geschehe in der Liebe”.

Die Botschaft des Gottesdienstes lautete: “Wir Frauen müssen nicht den Blick nach unten richten, sondern dürfen aufrecht durchs Leben gehen, weil Gott uns wert achtet.  Wir dürfen auch im Alltag einen Ort haben um bei Gott zur Ruhe zu kommen und uns aufrichten zu lassen”.  Das galt für die Frauen der Reformation und auch heute.

Nach dem Gottesdienst waren die Gäste  eingeladen zu einem Imbiss im Gemeindehaus. Pfarrerin Hans bot in der Pause Infos zur Wißmarer evangelischen Kirche an, die  viele Frauen noch nicht kannten. Mit ihrem klassizistischen Baustil ist sie hier in unserer Gegend etwas ganz Besonderes. Erbaut wurde die Kirche 1828 bis 1830 unter der Leitung des Landesbaumeisters Simon. Vor circa 20 Jahren erhielt sie bei der Renovierung eine  Fußbodenheizung. Ein besonderes Merkmal ist die eindrucksvolle Kassettendecke mit gelben Sternen auf tiefblauem Grund.

Im zweiten Teil des Frauenhilfsjahresfestes begegneten die Teilnehmer anderen Reformatorinnen, die gemeinsam mit ihren Männern um die Wahrheit des Evangeliums gekämpft und gestritten haben. Pfarrerin Siglinde Gallus (Rechtenbach) als  Sprecherin unterhielt sich mit Simone Pfitzner, die Katharina von Bora verkörperte, auch über Elisabeth Cruciger (dargestellt von Jutta Klein), von ihr ist ein Lied im evangelischen Kirchengesangbuch enthalten: “Herr Christ du einig Gotts Sohn”. Elisabeth Cruciger war die Frau von Caspar Cruciger, dieser war Prediger an der Schlosskirche in Wittenberg und Luthers Kollege als Theologieprofessor an der Universität Wittenberg. Elisabeth hat viele Lieder geschrieben, die von den Frauen der damaligen Zeit gerne auch auf den Straßen und Plätzen gesungen wurden. Das war lebendige Verkündigung. Auch sie war eine frühere Nonne und hatte eine hohe Bildung genossen.

Katharina von Bora stellte auch Katharina Schütz-Zell (verkörpert durch Marlene Förster) aus Straßburg vor, diese beherbergte als Pfarrfrau in ihrem Haus viele Menschen, die ihres Glaubens wegen auf der Flucht waren. Katharina Schütz-Zell verfasste viele Schriften, in denen sie Christus als ihren Herrn bezeugte. In den Dialogen wurde deutlich, dass die Themen die die Frauen beschäftigten, die gleichen waren wie heute: Freiheit, Gerechtigkeit, würdige Lebensbedingungen für alle – und deshalb sind auch Erscheinungen Wie Fluchtbewegungen und Armut wohl auch gleich. Katharina von Bora nannte auch Elisabeth von Rochlitz, sie war Geheimagentin im Schmalkaldischen Bund. Sie führte einen regen Schriftwechsel und verwahrte  über 2000 Briefwechsel die bei einer Restaurierung ihres Schlosses vor ein paar Jahren gefunden wurden.

Eine andere wichtige Reformatorin war Wibrandis Rosenblatt (vorgestellt von Christel Kunz), sie war viermal verheiratet. Drei ihrer Ehemänner waren bedeutende Reformatoren in Basel und Straßburg. Im Alter von 22 Jahren wurde sie zum ersten Mal Witwe und blieb mit einem Kind zurück. Jetzt begann für sie die Reformation, sie heiratete Johannes Oekolampad, ihr Haus wurde zum Zentrum für gelehrte Gespräche, die Geistesschule der Reformierten fand an ihrem Esstisch statt. Bei dem Ehepaar gingen Zwingli, Capito und Martin Bucer ein und aus. Zwei davon wurden später auch ihre Ehemänner. Viele Flüchtlinge  fanden in den evangelischen Pfarrhäusern dieser Zeit Zuflucht. Mit Capito hatte sie eine gute Ehe bis die Pest nach Straßburg  kam, ihr Mann starb und auch drei der Kinder. Als vierten Ehemann heiratete sie Martin Bucer. Er musste nach England fliehen und sie folgte ihm dorthin.

Auch Argula von Grumbach, eine Kämpferin für den Glauben an Jesus Christus, wurde in Gestalt von Christel Kunz vorgestellt. Sie setzte sich dafür ein, dass Schriften,  die die Wahrheit des Evangeliums bezeugen, gedruckt und verbreitet wurden. Nun konnten auch die einfachen Frauen das Wort Gottes in ihrer Sprache hören, und sich selbst ein Bild machen. Sie lernten Lesen und Schreiben, was letztlich in die Schulpflicht mündete. Sie bekamen als Ehefrauen ein neue Würdigung und Würde. Leider hielt dieser Aufbruch nicht an. Und im Laufe der Zeit verschlechterte sich manches wieder, aber das Potential zur Veränderung war gegeben. Und letztlich arbeiten wir bis heute daran, es vollends zu heben.

Mit gemeinsamem Gebet und Segen endete dieses Jahresfest.

mo

[vc_gallery interval=”10″ images=”3280,3281″ img_size=”full”]Bild 1: Pfarrerin Alexandra Hans und Katharina von Bora (Simone Pfitzner) im Dialog 

 Bild 2: Katharina Schütz-Zell (Marlene Förster, l.) unterhält sich mit einem Glaubensflüchtling aus Kenzingen (Luise Klein, r.).