Gottesdienste und Aktionen an Gründonnerstag und Karfreitag:

Das ökumenische Hungertuch von Brot für die Welt und Misereor sowie die sieben Worte Jesu am Kreuz standen in diesem Jahr im Mittelpunkt des „Kreuzweges auf dem Weinberg“ mit Beginn am Hofgut Magdalenenhausen in Wetzlar. Am ehemaligen Standortübungsplatz der Bundeswehr hatten sich 25 Menschen am Karfreitag auf Einladung des synodalen Arbeitskreises Frieden und des Laurentiuskonventes Laufdorf versammelt. Unter strenger Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln zogen sie mit Kreuz-Pilgerstäben und dem Hungertuchmotiv mit dem Röntgenbild eines gebrochenen Fußes gemeinsam über das jetzige Naturschutzgelände. Der Fuß gehört einem Menschen, der in Santiago de Chile bei Demonstrationen gegen soziale Ungleichheit durch Staatsgewalt verletzt wurde. An sieben Stationen legte das Team um Pastor i.R. Ernst von der Recke und Pfarrer i.R. Stephan Hünninger die Worte Jesu am Kreuz aus, endend jeweils mit dem Bibelvers zum Hungertuch: „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ (Psalm 31,Vers 9). „Allen Menschen, die leiden, steht Jesus nahe“, so Marie-Noëlle von der Recke. „Er leidet mit.“ Goldene Nähte und Blumen sind als Symbole der Heilung, der Solidarität und Liebe ins Bild des gebrochenen Fußes eingearbeitet. Als Zeichen der Verbundenheit in Gottes Treue knüpften die Teilnehmenden goldene Bänder an ihre Kreuzweg-Stäbe. „Jesus durchlebt in seinen letzten Stunden größte Gottverlassenheit“, sagte Gabriele Hünninger. „Doch das Leben, das wie ein abgebrochenes Stückwerk vor ihm und uns liegt, ist festgebunden an Gottes Zusage: ‚Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende‘“.

Die am Gründonnerstag und Karfreitag vielfach für Gottesdienste geschlossenen Kirchengebäude haben auch die Christen vor Ort nicht davon abgehalten, am Ende der Passionszeit das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern sowie die Kreuzigung und das Sterben Christi zu bedenken. Vor allem virtuelle Predigten und Gottesdienste zum Mitfeiern zu Hause luden dazu ein.

„Karfreitag ist mir der liebste Tag im Jahr“, sagte Superintendent Dr. Hartmut Sitzler in seiner Videobotschaft vor der Griedelbacher Kirche. Ernst und Freude seien keine Gegensätze und Freude beginne mit Ehrlichkeit. „Am Karfreitag wird der zum Verbrecher gemacht, der voller Liebe und Ehrlichkeit ist“, führte der Theologe aus. Doch im Gekreuzigten könne man sowohl die Sündhaftigkeit des Menschen als auch die Gnade Gottes erkennen. „Das Leben hält so viele Möglichkeiten an Glück für uns bereit. Aber es käme mir leer und falsch vor ohne die tiefe Ehrlichkeit und Klarheit von Karfreitag.“

Das wurde auch in der Audiopredigt von Pfarrer Michael Philipp (Münchholzhausen) deutlich: „Weihnachten wäre ohne Karfreitag nur ein Kindergeburtstag“, betonte der Seelsorger. „Wir sind Gott nicht egal. Am Kreuz stellt er sich auf unsere Seite. Er teilt unser Elend. Das reicht fürs Leben und fürs Sterben.“

„Wir möchten Jugendliche sensibilisieren, den Zusammenhang zwischen Passion und Ostern zu verstehen und zeichnen deshalb den Weg Jesu von seinem ersten Wirken bis zum Grab für sie nach“, so Jugendleiter der Evangelischen Kirchengemeinde Kölschhausen Tobias Bürgel. Gemeinsam mit weiteren christlichen Gruppen aus Ehringshausen, Herborn und Dillenburg hat er für junge Menschen am Karfreitagabend einen „Audiowalk“ organisiert. Darüber hinaus gibt es einen eigens produzierten Film, in dem Personen, die im Leben Jesu eine Rolle gespielt haben, auftreten. Beides ist auch im Nachhinein auf skychurch.de abrufbar.

Einen Kreuzweg mit Piktogrammen und Textimpulsen haben Verantwortliche der Evangelischen Kirchengemeinden Dorlar und Atzbach mit Pfarrerin Manuela Bünger in den Lahnauen zwischen Dorlar und Atzbach eingerichtet. Die zehn Stationen spiegeln die letzten Tage Jesu bis zu seiner Kreuzigung wider und regen an, einen persönlichen Kreuzweg zu gehen. „Wie oft verurteilen und verspotten wir einander, machen einander fertig“, heißt es da beispielsweise. „Viele zeigen auf das Schlechte im anderen, um selber besser dazustehen.“ Der Weg ist noch am Karsamstag zu sehen und wird für Ostersonntag und Ostermontag in einen Osterweg für Kinder umgewandelt (Beginn am Evangelischen Gemeindehaus, Bahnhofstr.38, jeweils von 10 bis 18 Uhr).

In Greifenstein ist die Barockkirche täglich zwischen 18 und 19 Uhr für persönliche Stille geöffnet. In ein großes auf dem Boden liegendes Kreuz in der Katharinenkapelle können bis Ostermontag Kerzen in den Sand gesteckt und dazu Gebete gesprochen werden. In den Kasematten ist ein von Gemeindegliedern gestalteter Passions- und Osterweg zur Meditation aufgebaut.

bkl / Fotos: bkl/sti

Bild 1 und 2: Das diesjährige Hungertuch von Brot für die Welt und Misereor spielte beim Kreuzweg auf dem Weinberg eine wichtige Rolle.

Bild 3: Der Kreuzweg zwischen Dorlar und Atzbach an der Lahn entlang ist mit Piktogrammen und Texten nach einer Idee von Werner Ahrens gestaltet.

Bild 4: Diese Kreuzesdarstellung befindet sich in den Kasematten unterhalb der Greifensteiner Barockkirche.

Bild 5: Diese Dornenkrone als Altardekoration hat Dorothea Süß gestaltet (Foto: sti).