Stars der Musikszene und der Astronaut James Irwin arbeiten mit Fietz:

Im 1200 Einwohner zählenden Greifensteiner Ortsteil Allendorf feiert am 1. Oktober ein Verlag sein 50-jähriges Bestehen. Hier haben in den letzten Jahrzehnten Stars und Prominente produziert. „Abakus Musik“ ist dabei ein Familienunternehmen. 1974 gründeten der Sänger Siegfried Fietz und seine Frau Barbara den Verlag. Seitdem ist die heute 77-jährige Barbara Fietz Geschäftsführerin.

Der vom Fernsehen bekannte Sänger Ivan Rebroff (1931 bis 2008) produzierte im Studio in Allendorf. Für Produktionen konnte Abakus den amerikanischen Gospelmusiker (1943 bis 2018) ebenso gewinnen wie die Witwe des amerikanischen Bürgerrechtlers Martin Luther King, Coretta Scott King (1927 bis 2006) oder die britische Schlagersängerin Petula Clark, heute 91 Jahre. Wenn der Apollo 15-Astronaut James Irwin (1930 bis 1991) nach Deutschland kam, hatte er sein Domizil in Allendorf. Mit ihm hat Siegfried Fietz eine Weltraumsymphonie produziert. Drei ARD-Produktionen haben diese Symphonie als Filmmusik verwendet. Abakus-Produktionen entstanden in München mit den Münchener Philhamonikern oder in London mit dem dortigen Symphonie-Orchestra.

Für die Produktion „Wasser für die Welt“ hat der Verlag elf Musical-Stars vom Broadway in New York gewonnen.

Zweifelsohne aber gehört das von Siegfried Fietz geschaffene Lied „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ zu den bekanntesten Werken aus dem Abakus-Verlag. Fietz schrieb die Melodie zu dem Text des evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer, der 1945 von den Nationalsozialisten im Konzentrationslager Flossenbürg ermordet wurde. Heute gehört das Lied in vielen Kirchen zum festen Repertoire und es wird weltweit gesungen, etwa auch in Südkorea.

Dieser Erfolg war 1974 nicht vorauszusehen. Der gelernte Schlosser und Kaufmann Siegfried Fietz hat von klein auf Musik gemacht. Mit 20 Jahren kam er als Produzent zum Hermann Schulte Verlag in Wetzlar (heute Gerth Medien). Nach fünf Jahren trennten sich Fietz und Schulte wieder. „Ich war ihm ein wenig zu bunt geworden“, sagt der aus Hilchenbach bei Siegen stammende Musiker im Rückblick. Mit 23 Jahren hat er seine Frau Barbara geheiratet. „Als wir eine Wohnung in Wetzlar suchten, fanden wir keine, weil niemand das Klavierspielen hören wollte“. Also zog das junge Paar nach Greifenstein. Beim Abschied von Hermann Schulte gab ihm der Verleger den Rat, doch selbst einen Verlag zu gründen, um seine Ideen umzusetzen. „Heute bin ich Hermann Schulte sehr dankbar“, sagt Siegfried Fietz im Rückblick. So kam es dann zur Gründung des Abakus Musik Verlages.

Barbara Fietz, bisher Auslandskorrespondentin, übernahm die Verlagsleitung und steht bis heute noch an dessen Spitze. Inzwischen mischen auch die drei Kinder Sandra, Oliver und Florian im Verlagsgeschehen mit. Die 53-jährige Betriebswirtin Fietz-Overbeck verwaltet die Lizenzen und leitet die Buchhaltung, Oliver ist als Studiotechniker und Sänger tätig und der jüngste Sohn Florian, studierter Digital Artist, kümmert sich um alles, was im Internet nötig ist, um die Produkte des Verlages zu vermarkten.

Apropos Produkte: Im Laufe der fünf Jahrzehnte sind 350 Produktionen in Allendorf entstanden, davon über 200 von Siegfried Fietz. Fast 150 Kinderproduktionen gehören zum Verlagsangebot. Etliche entstanden mit dem Dillenburger Autor Rolf Krenzer (1936 bis 2007).

4200 Melodien hat Siegfried Fietz geschaffen. Jährlich ist er noch zu 120 Konzerten unterwegs, bei denen die Abakus-Produkte einen Absatzmarkt finden.

„Als wir noch Schallplatten verkauften, brauchten wir viel Platz für die Plattenhüllen“, berichtet Barbara Fietz. Danach gab es Raum im Verlagsgebäude, in den ein eigenes Studio einzog. Auch junge Künstler hat Abakus produziert.

Noch zu erwähnen wäre, dass Siegfried Fietz seit 14 Jahren als bildender Künstler aktiv ist und einen Skulpturenpark an seinem Wohnort unterhält. Seine Kunst schlägt sich auch in Produkten des Verlages nieder. Zudem hat der Sänger und Liedermacher ab 1987 zehn Jahre lang die Sendereihe „Lieder zwischen Himmel und Erde“ beim Hessischen Rundfunk im Programm HR 1 geleitet. Auch dies brachte den Verlag voran.

„Von Anfang an stand fest, dass wir keine Lieder wie die Industrie mit ‚Ich lieb dich, du liebst mich‘ machen wollten, sondern Produktionen mit Inhalt. Sie sollten im Glauben weiterhelfen und thematisieren, was das Leben ausmacht und Fragen zulässt“, erzählt Barbara Fietz. „Wir haben das gemacht, was uns berührt hat. Das muss doch andere auch berühren“. In den letzten Jahren ist es freilich schwieriger geworden auf dem Musikmarkt. Es werden weniger Produktionen verkauft, sondern die Menschen laden sich einzelne Liedtitel im Internet herunter.

Die erste Produktion des noch jungen Verlages hieß „Daran glauben wir“ und erschien 1975, allerdings nicht bei Abakus. „Die Schallplatte haben wir an das Musiklabel CBS verkauft. Das Geld bildete den Grundstock für den Verlag. Mit Johannes Jourdan erschien dann die Platte „Also hat Gott die Welt geliebt“.

In der 50-jährigen Geschichte hat sich Abakus immer wieder namhafte Autoren für die Texte gesucht. Darunter waren der Braunfelser Buchautor und Fernsehredakteur Eckart zur Nieden sowie der Wetzlarer Liedermacher und Sänger Jürgen Werth, mit dem zuletzt die Produktion „Heimat ist“ entstand.

Nun im Alter gibt es noch ehrgeizige Projekte. Vor allem aber denken Barbara und Siegfried Fietz an ihre Kinder und Enkel: „Wir wollen den Verlag so aufstellen, dass die nächste Generation damit arbeiten kann“, sagt Siegfried Fietz.

red