Kirchenkreis an Lahn und Dill verurteilt brutalen Anschlag:
200 Menschen haben am Donnerstagabend mit einer Mahnwache in der Bahnhofstraße gegen den rechten Terror demonstriert, wie er sich bei einem Anschlag in Hanau zeigte. Am Mittwoch waren dabei von einem Deutschen mit ausländerfeindlichen Hintergrund zunächst neun Personen erschossen worden. Später richtete er die Waffe gegen seine Mutter und sich selbst.
„Menschen dieser Gesinnung fielen nicht von einem stinkenden Stern, sondern kommen aus unserer Mitte und wuchsen unter unseren kalten Händen auf“, zitiert Pfarrer Jörg Süß, stellvertretender leitender Geistlicher des Evangelischen Kirchenkreises an Lahn und Dill, dazu den ehemaligen rheinischen Präses Peter Beier. Beier hatte dies zum Mordanschlag von Solingen 1993 gesagt.
Unter den Anwesenden waren der Pfarrer für Flüchtlingsarbeit im Evangelischen Kirchenkreis an Lahn und Dill, Aurel Everling, der Wetzlarer Pfarrer Björn Heymer sowie weiter engagierte Christen aus dem Kirchenkreis wie aus der Partnerschaftsarbeit Tikato.
„Vor Gott sind wir alle gleich“, sagte Pfarrer Heymer im Rahmen der Veranstaltung, „jede Form von Rassismus ist eine Fratze mörderischer Gottlosigkeit.“ Pfarrer Everling meint: „Es verläuft eine Kluft durch unsere deutsche Gesellschaft zwischen Fundamentalisten und Liberalen. Zwischen den religiösen und den nationalistischen Fundamentalisten auf der einen Seite und den für ein respektvolles Miteinander eintretenden Liberalen auf der anderen Seite. Beide sollten das Gespräch miteinander suchen.“
Joachim Schaefer, Pastoralreferent der katholischen Domgemeinde und Leiter von Hessencam, hatte zu der Mahnwache aufgerufen. Vertreter der meisten Fraktionen aus dem Wetzlarer Stadtparlament wie SPD, FDP, Grüne und Linke waren gekommen, um ihre Solidarität mit den Opfern auszudrücken. Auch Gewerkschaften, Die Partei, der Ausländerbeirat, der Wetzlarer Interkulturelle Rat, die WALI, Ditib, die Aleviten, die jemenitische Gemeine und die kurdische Gemeinde waren vertreten. Schaefer sagte, man sei zur Mahnwache, zur Trauer und zum Protest zusammengekommen. „Hanau: Wetzlar steht zu euch“, rief er ins Mikrofon. Die Teilnehmenden zeigten, dass die Menschen in Hanau nicht alleine stehen. „Wir leben hier zusammen und lassen uns nicht durch Sprache, Herkunft, Hautfarbe oder Geschlecht trennen“.
Schaefer kritisierte die geistige Brandstiftung, wie sie durch die AfD und ihren Kreisvorsitzenden Willi Wagner, den Berliner Thilo Sarrazin oder den heimischen Bundestagsabgeordneten Hans-Jürgen Irmer geschehe. Zu den Teilnehmenden gehörte auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Dagmar Schmidt, der Landtagsabgeordnete Stephan Grüger (SPD) und sein Kollege Hermann Schaus (Die Linke) sowie die ehemalige Landtagsabgeordnete Mürvet Öztürk und die Sängerin Anette Rudert.
lr / bkl / Fotos: lr/stie