Abschied und Neubeginn für Diakon Stefan Zeiger:

Eine Schiffsglocke nimmt er in die Hand, als es um die Frage nach einem Foto anlässlich seines Weggangs aus Albshausen und Steindorf geht: Stefan Zeiger, seit rund 30 Jahren Diakon in den beiden evangelischen Kirchengemeinden, nimmt zum 1. April eine neue Herausforderung an und wird Geschäftsführer der Diakonischen Gemeinschaft im Hessischen Diakoniezentrum Hephata in Schwalmstadt-Treysa.

„Bei der Schiffsglocke denke ich an das Lied ‚Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt‘, erklärt der 52-Jährige. Sich selbst sieht er „mal als Kapitän, mal als Steuermann, mal als Matrose, der in der Gemeinde die Segel gesetzt hat. „Mein Bordbuch und wichtige Navigationshilfe ist die Bibel“, sagt Zeiger. Die Kirchengemeinde versteht er als Heimathafen und Ankerplatz. „Hier können Menschen auftanken, Proviant an Bord holen und Leute treffen, mit denen sie gemeinsam zu neuen Ufern aufbrechen.“

Das Tau der Glocke stammt vom größten Zweimastschoner der Niederlande Wapen fan Fryslan („Wappen von Friesland“). Mit diesem Schiff war Stefan Zeiger unzählige Male unterwegs und hat mit tatkräftigen Teams gemeinsam Freizeiten für Jugendliche organisiert, auch für krebskranke junge Menschen. Dies in Kooperation mit dem Verein „Menschen für Kinder“ mit Sitz in Solms, bei dem Zeiger Vorstandsmitglied ist. Auch Freizeiten hat er Jahr für Jahr angeboten und war dabei regelmäßig in einem Kloster in Südfrankreich: „Mich hat es immer berührt, zu erleben, wie wichtig Jugendlichen Stille und Gebet sein kann“, so der Diakon.

Geboren in Lauterbach (Vogelsbergkreis) und im Stadtteil Maar aufgewachsen absolvierte Stefan Zeiger im Hessischen Diakoniezentrum Hephata zunächst eine Ausbildung zum Diakon und erwarb an der Fachhochschule Fulda ein Diplom als Sozialpädagoge. Nach seinem Berufsanerkennungsjahr im Evangelischen Jugendhaus „Compass“ in Marburg trat er 1991 die Stelle als Diakon in den Evangelischen Kirchengemeinden Albshausen und Steindorf an. 2005 wurde Zeiger ordiniert und hält seitdem auch Gottesdienste und Amtshandlungen.

„Zentral war für mich immer, alle Generationen in die Arbeit mit einzubinden“, sagt der Diakon. „Jeder soll sich in seiner Art wertgeschätzt fühlen und von Gott geliebt wissen. Vor allem die Menschen, die am Rand stehen wie Behinderte, Geflüchtete oder sozial auffällige Kinder und Jugendliche.“ Letztere habe er ganz bewusst in seine ehrenamtlichen Teams aufgenommen. „Damit wollte ich ihnen zeigen, dass ich ihnen etwas zutraue“, so Zeiger. „Als ich 1991 mit meinem Dienst in den Herbstferien begann, sah ich plötzlich vor dem Fenster des Gemeindehauses Albshausen zehn Punks draußen vorbeigehen“, berichtet er von einer eindrücklichen Erfahrung. Er habe die Tür aufgemacht und gesagt: „Kommt doch rein. Hier seid ihr willkommen.“ Dann seien die Jungs und Mädchen jeden Tag wiedergekommen. „Die haben Brötchen mitgebracht, ich den Kaffee gekocht, und dann haben wir zusammen Pläne geschmiedet.“ In der Folgezeit wurden die Gemeinderäume renoviert und der Jugendarbeit zur Verfügung gestellt. Die Arbeit wuchs: „Heute haben wir 70 Ehrenamtliche zwischen 14 und 70 Jahren, die sich in den unterschiedlichen Gruppen und Generationen engagieren.“ Den Presbyterien und Menschen in den Gemeinden ist Zeiger dankbar, dass sie von Anfang an seine Ideen und Angebote mittrugen. Als vor fast 15 Jahren die finanziellen Mittel spärlicher wurden, gründeten Gemeindemitglieder in jedem Ort einen kirchlichen Förderverein.

Den von Zeiger initiierten Motorradgottesdienst „Mit der Kutte zur Kanzel“ gib es seit 1997 alle zwei Jahre. Auch beim kreiskirchlichen „Konfitag“ auf dem Gelände des Paul-Schneider-Freizeitheims war Stefan Zeiger von Anfang an als Mitorganisator und Moderator während der Veranstaltung dabei. Überregional organisierte er die Jugendgottesdienste „Die Nacht der 1000 Lichter“ an wechselnden Orten in der Region im Advent und fuhr mit Jugendlichen zum Kirchentag.

Nebenberuflich gab der Diakon 20 Jahre lang Religionsunterricht an der Grundschule Steindorf-Albshausen. Darüber hinaus hatte Zeiger Lehraufträge an der Akademie für soziale Berufe Hephata und der Evangelischen Hochschule Darmstadt.

2019 erhielt der Vater eines 17-jährigen Sohnes für sein sozial-gesellschaftliches Engagement den Lina-Muders-Preis von Wetzlars Oberbürgermeister Manfred Wagner.

In den Kirchengemeinden hat er sich auch in der Arbeit mit jungen Familien, in der Seniorenarbeit und Seelsorge engagiert und zahlreiche gut besuchte Gemeindefreizeiten bis hin nach Island, Schottland oder Irland organisiert.  „Wir bedauern den Weggang von Stefan Zeiger zutiefst“, so Wolfgang Velten, Kirchmeister in Albshausen, der dem Diakon dennoch geraten hat, die Stelle als Geschäftsführer der Diakonischen Gemeinschaft Hephata anzunehmen. Die Erinnerung an ein für ihn bewegendes Festwochenende anlässlich seines 25-jährigen Dienstjubiläums hilft Stefan Zeiger über die Tatsache hinweg, dass seine Verabschiedung pandemiebedingt nur im kleinen Kreis stattfinden kann.

„Ich gehe mit einem großen, erfüllten Herzen“, bekennt er dankbar für die vielen bereichernden Erfahrungen und Begegnungen in seiner Zeit als Diakon in den Evangelischen Kirchengemeinden Albshausen und Steindorf.

bkl