Gottesdienste und Aktion an Gründonnerstag und Karfreitag:

„Ein wahrhaft schwarzer Freitag“, sagte Pfarrer Jörg Süß in seiner Karfreitagspredigt über das Markusevangelium, Kapitel 15, Verse 33 bis 39: „Wie in keinem anderen Jahr seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges passt die Botschaft dieses Tages besser zu dem, was wir erleben.“ Denn in der Welt gehe es derzeit um Leid und Tod wie auch in den Bibeltexten für diesen Tag. Dennoch schimmere etwas Licht mitten im Dunkel. Menschen wie der Hauptmann, der bei Jesu Kreuzigung gesagt hat, ‚Wahrlich, dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen‘ nähmen Gott wahr, wo nichts auf ihn hindeute. „Sie widersprechen der Finsternis und sehen jenes Licht. Und kein noch so schwarzer Freitag kann sie einschüchtern“, betonte Süß.

Die am Gründonnerstag und Karfreitag für Gottesdienste geschlossenen Kirchengebäude haben die Christen in der Region an Lahn und Dill nicht davon abgehalten, wie in jedem Jahr am Ende der Passionszeit das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern sowie die Kreuzigung und das Sterben Christi zu bedenken. Vor allem virtuelle Gottesdienste zum Mitfeiern in den eigenen vier Wänden luden dazu ein. „Jesus hat dich nicht aufgegeben. Er will einen neuen Anfang. Heute. Mit dir“, erklärte Pfarrer Björn Heymer in seiner Predigt, die in der Hospitalkirche aufgenommen worden war. Der Seelsorger hatte angesichts des Todes des Gottessohnes die Frage nach dem „Geschiedensein“ von Christus gestellt. Mit Hilfe des Vergleichs mit einer Ehe rief Heymer dazu auf, sich die Faszination des Anfangs der Glaubensbeziehung zu Christus in Erinnerung zu rufen.

Der Leidensweg Jesu nach dem Markusevangelium und der Vergleich mit der Einsetzung der römischen Kaiser, die zur Zeit Jesu als „Götter auf Erden“ verehrt wurden, war Thema des „Kreuzweges auf dem Weinberg“ im engen Kreis in diesem Jahr. Mitglieder des Laurentiuskonventes aus Laufdorf und des Arbeitskreises Frieden im Evangelischen Kirchenkreis an Lahn und Dill, die in einer Hausgemeinschaft zusammenleben, stellten ein Kreuz an einem der ehemaligen Munitionsdepots auf dem „Weinberg“ zwischen Laufdorf und Wetzlar auf. Beim Hören der biblischen Texte und Singen von Passionsliedern stellten sie in diesem Zusammenhang viele Fragen. So beispielsweise: „Was hilft dir, Menschenachtung zu bewahren?“; „Wie schaffst du es, deinen Werten treu zu bleiben?“; „Was hilft dir, wenn Unmögliches von dir verlangt wird?“ oder „Was bedeutet das Leiden Jesu für dein Verhältnis zur Politik und den Zentren globaler Mächte?“

An die Verwurzelung der christlichen Abendmahlsfeier in der jüdischen Passahtradition hat das Pfarrehepaar Kirsten und Reinhard Vollmer am Gründonnerstag in Bonbaden mit einer online übertragenen Sederfeier im Familienkreis erinnert.  „Am Abend, bevor er gekreuzigt wurde, hat Jesus dieses Fest mit seinen Jüngern gefeiert“, erklärte Pfarrer Vollmer dazu. „Die Juden, die in der Urgemeinde an Jesus geglaubt haben, haben mit diesen Festen Jesus als das wahre Passahlamm gefeiert.“ Das einfache, aber festliche Essen ist eingerahmt von einer festen „Ordnung“ (hebräisch „Seder“), die Gebete, Lesungen, symbolische Speisen, Getränke und bestimmte Handlungen umfasst und an die Befreiung Israels aus der Sklaverei in Ägypten erinnert.

bkl

 

 

 

 

Bild 1: An einem der ehemaligen Munitionsdepots auf dem „Weinberg“ zwischen Wetzlar und Laufdorf haben Pastor Ernst von der Recke (Mitte) sowie Judith Schäfer und Olaf Schäfer ein Kreuz aufgestellt und mit Liedern und Texten an den Leidensweg Jesu Christi erinnert.

Bild 2: Pfarrer Björn Heymer hielt die Karfreitagspredigt im Online-Gottesdienst aus der Wetzlarer Hospitalkirche.

Bild 3: Ulrich Kern aus Hermannstein hat den Karfreitags- und den Ostergottesdienst in der Hospitalkirche aufgenommen und dazu vier verschiedene Kameras verwendet.