Liebe Leserinnen, liebe Leser,

in dieser ungewöhnlichen Zeit suchen wir Christen einmal mehr bei Gott Halt und Orientierung, Trost und Hilfe. Wir begeben uns miteinander in die Feierlichkeiten der Karwoche und der Ostertage. Doch die wichtigsten christlichen Festtage ohne Gottesdienste in Kirchen und Gemeindehäusern? – Wir sind herausgefordert Neues auszuprobieren, uns an Ungewohntes zu wagen. Genau dazu möchte ich Sie ermutigen. Schon immer waren Leiden und Kreuz Jesu eine Herausforderung zum Umdenken für Menschen. Und in der Auferstehung Jesu liegt quasi genau das verborgen: Die Ermutigung, sich mitten in Leid und Tod auf Neues, Wunderbares, mit dem Verstand nicht Verstehbares einzulassen. Die Texte, die ich für Sie zum Gründonnerstag geschrieben habe, eignen sich für einen Hausgottesdienst. Sie können ihn mit Ihrer Familie (auch mit Kindern), mit Ihrer Partnerin / Ihrem Partner, aber auch alleine mit sich feiern. Miteinander am Gründonnerstag eine besondere Tischgemeinschaft zu Hause zu haben,- das kann viel Anstrengendes der vergangenen Wochen auffangen und zu Gott und zu Jesus Christus bringen. Schließlich kann ein solches geistliches Miteinander eine Kraftquelle sein für die Zeit, die noch vor uns liegt. Das Teilen von Brot im Sinne einer Agape-Feier vertieft den Gedanken, im Kummer dieser Tage mit Christus verbunden zu sein.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Gründonnerstagabend!

Pfarrerin Friederike Schuppener, Aßlar

 

Material, das Sie benötigen:

1 Bibel

1 Gesangbuch

1 große Scheibe Brot od. 1 kleines Brot

1 Bogen Papier (2 Din A4-Bögen an der langen Seite zusammenkleben)

Ca. 6 aus Papier ausgeschnittene Tropfen = Tränen (im Idealfall blau)

1 breiten Stift (im Idealfall grün)

1 Krug oder einen Teller/eine Schale

 

Es gibt 3 Rollen (bei Bedarf nur 1 oder 2 Personen):

Liturg/in

Vorleser/in

Beter/in

 

Dauer: ca. 40 Minuten

 

Gründonnerstag als Hausgottesdienst

1. A) Eröffnung

Liturg/in:

An diesem besonderen Tag der Erinnerung sind wir zusammen im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Heute am Gründonnerstag denken wir an den Abend, an dem Jesus mit seinen engsten Gefährten zum letzten Mal zusammensaß und das Passahmahl feierte. Dieses jüdische Festmahl ist bis heute bei den Juden ein Befreiungsmahl, ein Abend, der daran erinnert, wie vor nunmehr rund 3200 Jahren das Volk Israel von Gott aus der Sklavenherrschaft in Ägypten befreit wurde.

Auch heute sehnen wir uns nach Befreiung. Nicht nach Freizeit,- davon haben wir grade genug. Aber nach Befreiung,- von drohender Krankheit, von Angst vor Arbeitslosigkeit und Knappheit, nach Befreiung aus einer seelisch äußerst bedrängenden Situation.

Wenn wir heute miteinander den Gründonnerstag feiern, dann dürfen wir uns mit Christen auf der ganzen Welt verbunden fühlen. Nur wenige von ihnen dürfen sich an wenigen Orten in Kirchen und Gotteshäusern versammeln. Aber viele tausende gehen heute in sich, um sich zu erinnern, um Kraft in Jesu Weg zu finden, um sich neu auszurichten durch Karfreitag bis hin nach Ostern.

Das Thema unseres Gottesdienstes ist: „Wer mit Tränen sät, wird mit Freuden ernten“ nach einem Vers aus Psalm 126.

1. B) Lesung 1

Vorleser/in:

Wir hören auf Gottes Wort, wie Jesus zum letzten Mal mit seinen engsten Gefährten, Jüngerinnen und Jüngern, zusammen war und das Passahmahl feierte.

Es lag Festtagsfreude in der Luft. Und zugleich wohl tiefe Traurigkeit. Denn mittlerweile ahnten wohl alle, dass Jesus sterben würde. So mancher hatte wohl Tränen in den Augen.

 

Lesung: Markus 14, 12-26                     

 

1. C) Gebet

Auf dem Tisch liegen die aus Papier ausgeschnittenen Tropfen. Sie symbolisieren geweinte und ungeweinte Tränen. Nach den Gebetsteilen wird je 1 Träne in den Krug gelegt.

 

Beter/in:

Viel Kummer lag in der Luft als Jesus mit seinen Gefährten zusammenkam. Auch Jesus würde an diesem Abend noch zutiefst verzweifelt sein,- nämlich als er im Garten Gethsemane alleine betete. Wir bringen heute auch Kummer mit. Sorgen um unsere Gesundheit, Ängste rund um unsere Arbeit, Fragen nach unserer Zukunft. Manchem von uns sind darüber schon die Tränen gekommen. Wir bringen unsere Tränen nun vor Gott und beten:

 

1) Barmherziger Gott, jetzt kann ich es dir einmal sagen, warum ich weinen muss.

Ich bin es manchmal leid, Gott! – Jeden Tag dasselbe, die Familie hält mich auf Trapp, es ist eng in der Wohnung, alles ist mir zu viel. Ich weine Tränen der Ernüchterung. Fang doch meine Tränen auf!  (1 Träne wird in den Krug gelegt)

 

Alle:

Herr, erbarme dich,                                    (Hände nach vorne)

lass mich nicht allein.                                 (einander die Hände reichen)

Herr, umarme mich                                    (sich selbst umarmen)

bis die Sonne wieder scheint.                   (Hände nach oben)

 

Das kleine Zwischengebet geht auf ein Lied von Kurt Mikula zurück. Wenn man den Text alleine oder in der Familie zu Hause spricht, kann man dazu unterstützende Bewegungen machen (schön mit Kindern).

 

2) Barmherziger Gott, jetzt kann ich es dir einmal sagen, warum ich weinen muss.

Ich kann nicht mehr, Gott! – Ich kann das nicht mehr sehen, die Bilder aus den Krankenhäusern, die Politiker, die keine Lösung wissen. Auch die Bilder von geflüchteten Menschen ohne ein Zuhause sind mir zu viel. Ich weine Tränen der Hilflosigkeit. Fang doch meine Tränen auf! (1 Träne wird in den Krug gelegt) Alle: Herr, erbarme dich,… (siehe oben)

 

3) Barmherziger Gott, jetzt kann ich es dir einmal sagen, warum ich weinen muss.

Ich fühle mich so elend, Gott! – Ich kann nicht mehr, wie ich früher einmal konnte, mir tun die Knochen weh, jeden Tag, alles geht immer langsamer. Ich werde alt, und ich habe Angst, dass diese Krankheit nun mein Ende bedeutet. Ich weine Tränen über meinen alternden Körper. Fang doch meine Tränen auf! (1 Träne wird in den Krug gelegt) Alle: Herr, erbarme dich,…

 

5) Barmherziger Gott, jetzt kann ich es dir einmal sagen, warum ich weinen muss.

Ich heule in diesen Tagen manchmal los, einfach so, und weiß nicht, warum. Dann fühle ich mich so allein und hilflos. Ich bin auch nur ein Mensch, das ist wohl so. Ich weine Tränen über meine Begrenztheit. – Fang doch meine Tränen auf! (1 Träne wird in den Krug gelegt)  Alle: Herr, erbarme dich,…

  1. D) Lied: Fürchte dich nicht, EG 656

 

 

  1. E) Psalm 126

Liturg/in: Wir sprechen Psalm 126 im Wechsel miteinander. In den Worten unserer jüdischen Vorfahren steckt eine große Verheißung:

 

Als der Herr uns heimbrachte,

zurück zum Berg Zion,

da kamen wir uns vor wie im Traum.

Wie konnten wir lachen und vor Freude jubeln!

Bei den anderen Völkern sagt man damals:

„Der Herr hat Großes für sie getan!“

Ja, der Herr hat Großes für uns getan,

und wir waren glücklich.

Herr, wende auch jetzt unsere Not,

bring Glück und Frieden zurück,

so wie du das Wasser wieder zurückbringst

und die ausgetrockneten Bäche

plötzlich wieder füllst!

Wer mit Tränen sät,-

wird mit Freuden ernten.

Weinend gehen sie hin

und streuen die Saat aus,

jubelnd kommen sie heim

und tragen ihre Garben.

 

 

  1. F) Lesung 2

Vorleser/in: Der Abend ging damals tragisch weiter. Die Gruppe um Jesus drohte auseinander zu brechen. Ihr Meister, ihr Lehrer, ihr Vorbild, Gottes Sohn würde sie verlassen. Aber Jesus ist selbst zu Tode verzweifelt. Er setzt sich ab von seinen Freunden und betet im nahegelegenen Garten Gethsemane. Wir hören auf Gottes Wort: Lesung: Markus 14, 27-41

 

 

 

1.G) Aktion 1

Während Beter/in liest, nimmt Liturg/in nach jedem Lesestück 1 Träne aus dem Krug und legt sie zurück auf den Tisch

 

Beter/in: Unsere Tränen hat Gott aufgefangen. Gott ist uns nahe in unserem Leid. Dazu hat er seinen Sohn menschliches Leid erleben lassen. Gott ist vielleicht der Einzige, der in dieser Nacht schon weiß, dass es nicht bei Kummer und Tränen bleiben wird. In diesem Wissen sehen wir noch einmal unser Leid in diesen Tagen an. Hab den Mut, und geh deiner Träne innerlich nach, bedenke, was dich alles belastet, das dich weinen macht. (1 Träne)

Du warst so traurig. Du musstest verstehen, dass du keine Kontakte mehr haben darfst: Deine Freundinnen und Freunde darfst du nicht sehen. Von deinen eigenen Eltern musst du dich fernhalten. Auf einmal merkst du, wie wichtig sie dir sind. Aber man schränkt dich ein, es ihnen zu zeigen. (1 Träne)

Du bist überfordert gewesen. Von jetzt auf gleich musstest du dein Leben umkrempeln. Das konnte dir ja nicht einfach so gelingen, wie du wolltest. Alles steht ja Kopf. Denn die Welt ist aus dem Lot. „Das geht nicht!“, hättest du gerne laut geschrien. In einem nicht abzusehenden Moment, sind dir die Tränen gekommen. Mit der Frage: „warum das alles?“ (1 Träne)

Du bist enttäuscht gewesen. Ein Mensch, von dem du viel erwartet hattest, hat sich gerade jetzt abgekehrt. Oder jemand hat dich verletzt mit einem hingeworfenen Wort. „Wie schade“, hast du gedacht. Aber dann hast du gemerkt, wie enttäuscht du auch über dich selbst bist, dass du deinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht geworden bist. Da kamen die die Tränen. (1 Träne)

Du bist erschöpft gewesen. Es war einfach alles zu viel in der letzten Zeit. Du hast viel gearbeitet, du hast über die Maßen für andere gesorgt, du hast dir Gedanken gemacht um alle, die dir am Herzen liegen. Und dann bist du in den Sessel, ins Bett gesunken und hast die Tränen einfach laufen lassen,- erschöpft und müde. (1 Träne)

Jede Träne hatte ihren Grund. Keine war unbegründet, umsonst oder nicht angebracht. Immer hat es wehgetan zu weinen. Und immer hat es auch gut getan zu weinen. Wie ein klärendes, reinigendes Wasser, das den Kummer, die Wut, die Enttäuschung herausgespült hat.

 

 1. H) Lied

Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht, EG 667

 

I) Teilen des Brotes

Beter/in:

Heute, hier im kleinen Kreis, erinnern wir uns an das Abendmahl, das Mahl, welches aus dem jüdischen Passahmahl hervorgegangen ist. Wir fühlen uns am Gründonnerstag verbunden mit vielen Christen, die an den Weg Jesu erinnern, an sein Leiden, an seine Verzweiflung, an seinen Mut und an die unbändige lebensschaffende Kraft Gottes, die sich an Ostern beweist. Mit allen Christen dieser Welt beten wir gemeinsam das Vaterunser

 

Nun wollen wir uns stärken, um uns der aufwühlenden Zeit zu stellen, in der wir gerade leben. In Verbundenheit mit Jesu Leid teilen wir nun Brot miteinander. Zugleich sehnen wir uns nach der Kraft, die Jesus hatte. Wir spüren diese Kraft in der Kraft des Brotes.

 

Brot wird geteilt und miteinander in Ruhe gegessen. Man kann einander einen Segensspruch zusagen. Wer alleine feiert, genießt ein Stück Brot alleine. Ein weiteres Stück Brot kann auf einen Teller gelegt werden, symbolisch für Menschen, an die man jetzt denkt.

 

 

  1. J) Aktion 2

Liturg/in: In der Verzweiflung dieses letzten Abends lag immer noch ein Funken Hoffnung, dessen Wärme und Kraft aber wohl niemand mehr wahrnahm. Auch das erschütterte Beten Jesu lässt erahnen, dass auch Jesus jetzt keine Hoffnung mehr hatte. Gott selbst aber kannte das Ziel dieses Abends. Das Ziel sollte „Leben“ heißen und nicht „Tod“.

Wir haben unsre Tränen bedacht, in uns gehorcht und vor Gott und voreinander gebetet. Die Tränen, die wir ausgeschüttet haben, die dürfen unter Gottes Zuversicht nun zum Leben erweckt werden.

 

Auf dem doppelten Papierbogen legen nun die Teilnehmenden die Tränen aus Papier mit der spitzen Seite rund zu einem Kreis zusammen: Es entsteht eine Blüte. Man kann sie aufkleben. Mit einem breiten, grünen Stift kann ein Blütenstängel daran gemalt werden.

 

  1. K) Gebet

Beter/in:

Mit Dank für deine Nähe treten wir vor dich und bitten für uns und unsere Welt.

Barmherziger Gott,

wir haben Kummer, aber wir vertrauen auf deinen Beistand. Denn du hast Leid und Kummer durchlebt, um darin bei uns zu sein. Die Nachrichten der letzten Tage und Wochen erschrecken uns. Deshalb beten wir für die Menschen, die Sorge um ihre Gesundheit haben oder sogar um ihr Leben bangen,- hier und in anderen Ländern.

Herr, gibt uns Kraft und Mut!

Wir beten für alle, die helfen: Krankenschwestern und Pfleger, Ärztinnen und Ärzte, Rettungspersonal und Polizei. Aber auch für die, die versuchen, unser Leben aufrecht zu erhalten: Angestellte in den Supermärkten, in den Kindertagesstätten und Schulen, bei Bus & Bahn, in den Banken und Organisationen des öffentlichen Lebens.

Herr, gibt uns Kraft und Mut!

Wir beten für alle, die Entscheidungen treffen müssen für die Öffentlichkeit, in Politik, Wirtschaft und auch in den Kirchen und Religionsgemeinschaften. – Barmherziger Gott, wir vertrauen auf dich. Hilf uns, diese Krise gemeinsam durchzustehen. Amen.

 

  1. L) Segen

Liturg/in:

Um die Kraft von Gottes Segen zu spüren legen wir einander die rechte Hand auf die Schulter des Nächsten. (Einzelne nehmen eine Gebetshaltung ein.)

 

Gottes Segen komme zu dir.

Gottes Liebe gebe dir Kraft.

Gottes Hoffnung gebe dir Ausblick.

Gottes Gnade erlöse dich.

 

Sei gesegnet an diesem Abend.

Und hör nicht auf weiterzugehen,

ehe du nicht Ostern erlebt hast. Amen. 

 

Der Hausgottesdienst zum Ausdrucken ist hier zu finden:

20-4-9.Gründonnerstag.Homepage.Kirchenkreis

 

Fotos: Lotz / Grafik: Müller