Kraft zur Toleranz gewinnen:

Der Ausländerbeirat hat mehr Engagement der Politik gefordert für das Miteinander und gegen Reassismus. Bei einer Mahnwache in Niedergirmes forderte der stellvertretende Wetzlarer Ausländerbeiratsvorsitzende Kadir Terzi, dass sich alle Demokraten dem Rassismus entgegenstellen sollten. „Ein Ruck muss durch unser Land gehen“, so Terzi, der forderte, dass schon in den Schulen die Erziehung der Respekt gelehrt werden sollte. Er klagte an, dass die Mahnungen des Ausländerbeirates über viele Jahre nicht ernst genommen wurden und nun in Hanau neun erschossene Menschen in zwei Shisa-Bars zu beklagen sind. „Wir fragen uns, wie lange noch?“, so Terzi. Wer Rassismus verharmlose mache sich mit schuldig an dem Verbrechen. Menschen anderer Herkunft erlebten vielfach Diskriminierung. „Diskriminierung ist nichts anderes als Rassismus“.

Für die Kirchen ergriff Gemeindereferentin Theresia Hermann das Wort. Auch ihr fehlten die Worte bei so viel Gewalt. In solchen Momenten würde ihr Worte der Bibel helfen, wie sie sie im Buch Hiob gefunden habe: „Dahin sind meine Tage, zunichte meine Pläne, meine Herzenswünsche. Sie machen mir die Nacht zum Tag, das Licht nähert sich dem Dunkel. Wo aber ist meine Hoffnung? Ja, meine Hoffnung, wer kann sie erblicken?“ (Hiob 17, 11 bis 15). Für Christen gelte, dass alle Menschen gleich sind. Auch seien für sie im Glauben keine Menschen fremd. Sie sei erschüttert über die Tat eines Menschen, dessen Wahrnehmung so eng geworden sei. Es sei widerlich Menschen nur wegen ihres Aussehens zu töten. In ihren Gebeten bitte sie darum, dass die Menschen Kraft zur Toleranz gewinnen und dass die Gewalt nicht die Übermacht gewinne.

Der Ausländerbeirat hatte die Mahnwache so gelegt, dass die aus den Moscheen strömenden Besucher daran teilnehmen konnten. Unter ihnen war auch der frühere Bevollmächtigt der Deutschen Evangelischen Allianz am Sitz des Bundestages und der Bundesregierung, Wolfgang Baake.

Für die Stadt Wetzlar nahm Stadtrat Norbert Kortlüke (Bündnis 90/Die Grünen) an der Mahnwache teil. „Ich möchte unsere Trauer und Betroffenheit mitteilen“, so der Stadtrat. Er warnte davor, angesichts dieser Gewalttat sprachlos zu werden. Dadurch gewinne der Nationalismus und der Rassismus. „Wir dürfen diesen Raum nicht den Nazis und den Rassisten geben“, so Kortlüke. Solche Tagen wie in Hanau schürten Angst, die das Leben zerstöre. Kortlüke beklagte, dass selbst in Wetzlar ins Parlament Nazis gewählt wurden. „Wir werden uns als Gesellschaft nicht teilen lassen“, griff er Worte von Terzi auf.

Cicek Sahin-Keskin war eine der Teilnehmerinnen. Ihr Vater kam in der ersten Gastarbeitergeneration nach Wetzlar. Sie kritisierte, dass immer von Ausländern die Rede ist. Sie sei doch hier geboren und lebe und arbeite hier. „Was in Hanau geschah, ist ein Anschlag auf die Menschlickeit“. Gerade jetzt brauche es ein gemeinsames Aufstehen für ein friedliches Miteinander, so die Diplom-Pädagogin.

Während der 30-minütigen Mahnwache hatte die Polizei den Niedergirmeser Weg und die Gabelsberger Straße in Teilen abgesperrt und den Durchgangsverkehr umgeleitet.

lr / bkl / Fotos: lr

Bild 1: Gemeindereferentin Theresia Hermann sprach für die beiden großen Kirchen.

Bild 2: Rund 200 Teilnehmer beklagen die Toten von Hanau bei einer Mahnwache in Niedergirmes.

Bild 3: Der stellvertretende Wetzlarer Ausländerbeiratsvorsitzende Kadir Terzi.