Delegierte aus dem Kirchenkreis an Lahn und Dill bei rheinischer Landessynode:

„Unser kirchlich-diakonischer Auftrag kam ebenso zur Sprache wie Konsequenzen aus der Jugendsynode 2019, Fragen der Schöpfungsverantwortung und Finanzthemen.“ So die Erfahrung von Roland Rust, leitender Pfarrer des Evangelischen Kirchenkreises an Lahn und Dill, bei einer thematisch und zeitlich sehr dichten Tagung der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) im rheinland-pfälzischen Bad Neuenahr. Der Theologe, der nach 23 Jahren letztmals als stimmberechtigtes Mitglied an der rheinischen Synode teilnahm, fühlt sich auch ermutigt: „Im Vertrauen auf Christus verwurzelt müssen wir uns vor den bedrohlichen Entwicklungen unserer Zeit nicht fürchten: ‚Wo der Unglaube schon aufgeben will, ruft uns der Glaube heraus aus der Stagnation‘, hat uns Präses Rekowski Mut gemacht.“
Unter den 206 stimmberechtigten Abgeordneten waren aus dem heimischen Kirchenkreis auch Rolf Bastian (Dutenhofen), Manuela Lowies (Altenkirchen) und Pfarrerin Alexandra Hans (Wißmar).
Hauptthema der fünftägigen Zusammenkunft war die Diakonie, wobei die Chancen des Miteinanders von Kirche und Diakonie im Mittelpunkt standen. Mathias Rau, Vorstand der Diakonie Lahn Dill e.V., fasst die Impulse, die er bei der Synode erhalten hat, so zusammen: „Menschen haben spirituelle und existenzielle Bedürfnisse und Sehnsüchte. Das Wirken des biblischen Jesus geht ganzheitlich darauf ein. So sollten Kirche und Diakonie das Wohl der Menschen in ihren unterschiedlichen Lebenswelten und Lebenslagen anstreben und alles daransetzen, gemeinsam dieses Ziel zu erreichen. Mit dem handelnden Wort und der redenden Tat, mit Authentizität, können Menschen auch in Zukunft erreicht werden. Wir brauchen Kirchengemeinden, die eine diakonische Gemeinwohlorientierung konzeptionell verankern und umsetzen wollen und diakonisches Engagement von Menschen, das im geistlichen Sinne inspiriert und sprachfähig ist. Daran arbeiten wir im Kirchenkreis an Lahn und Dill und seiner Diakonie.“ So sieht es auch Rolf Bastian: „Ziel muss sein, die Unterscheidung zwischen Kirche und Diakonie aufzuheben. Deren Einheit als elementare Wesensäußerung von Kirche macht neue Modelle für das Wirken in einer Gesellschaft notwendig, die ihren Zusammenhalt verliert.“ Und Manuela Lowies ergänzt: „Auf dieser Tagung mit vielen kontroversen Diskussionen und zukunftsweisenden Beschlüssen war mir besonders wichtig, dass die Synode zum Thema „Kinderarmut“ klar Position bezogen hat und sich für eine Kindergrundsicherung einsetzt.“

„Ich bin froh, dass die Landessynode ein Kirchengesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt beschlossen hat“, sagte Pfarrerin Alexandra Hans, „und dass der Schutz vor Übergriffen nicht nur für Kinder und Jugendliche gelten soll. Wichtig ist mir auch, dass das Gebot sexueller Abstinenz für Haupt- und Ehrenamtliche gegenüber Minderjährigen und Menschen, die in Seelsorge und Beratung Unterstützung suchen, gilt.

Der Antrag des Kirchenkreises an Lahn und Dill vor dem Hintergrund, dass die Büchereifachstelle Ende 2022 geschlossen werden soll, eine Lösung zur Unterstützung der Gemeindebüchereien auf dem Land vorzulegen, wurde zur Bearbeitung an die Kirchenleitung überwiesen. Angesichts der deutlichen Kostenüberschreitungen bei der Finanzsoftware-Umstellung hatte der heimische Kirchenkreis zudem bei der Landessynode eine erweiterte Berichterstattung beantragt. Im diesbezüglichen Prüfbericht des Koblenzer Juristen Harald Kruse wurde als Hauptgrund für die Mehrkosten genannt, wirtschaftliche Risiken seien nicht bewertet und das Projekt zeitlich zu ambitioniert angegangen worden. Hierzu stellte die Synode fest, dass die nötigen Informationen nicht rechtzeitig und nicht vollständig erfolgt seien und verwies den Prüfbericht sowie das von der Kirchenleitung erarbeitete Dokument „Konsequenzen“ in die weiterführenden Beratungen der zuständigen Ausschüsse, die zwischen den Synoden tagen.

Ein Schwerpunkt der Synode war auch die Bekräftigung des vor 40 Jahren gefassten Beschlusses „Zur Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden“. Das Bekenntnis zur bleibenden Erwählung Israels als Gottes Volk und die Förderung des christlich-jüdischen Gesprächs sieht die rheinische Kirche als grundlegend an, auch aus der Erkenntnis christlicher Mitverantwortung und Schuld am Holocaust. „Als Kirche sind wir uns der Verantwortung bewusst, die sich für uns im Kampf gegen jede Form von Antisemitismus ergibt“, sagte Manfred Rekowski in seinem Präsesbericht: “‘Nie wieder!‘ kann und muss unsere deutliche Antwort sein.“ Der oberste Repräsentant der EKiR regte an, in Kirchenkreisen und Gemeinden weitere Begegnungsräume für Christen und Juden zu schaffen und gemeinsame diakonische Projekte auf den Weg zu bringen.
Auch zum Klimawandel fand Rekowski deutliche Worte: „Die Zeit der folgenlosen Deklarationen und Absichtserklärungen muss endgültig vorbei sein“, sagte er. „Gefragt sind konkrete Taten. Das Klimapaket der Bundesregierung kann nur ein erster Schritt sein.“ Auch die Anstrengungen der Kirche zur CO2-Vermeidung müssten intensiviert werden. Ein Beitrag zum Klimaschutz werde bereits seit einigen Jahren beim Gebäudeschutz und Mobilitätsverhalten geleistet. Es müsse aber noch viel mehr getan werden. Zum Thema „Organspende“ erklärte der Präses, der selbst einen Spendeausweis besitzt: „Die jetzt vom Bundestag beschlossene erweiterte Zustimmungslösung ist aus meiner Sicht die beste Option: Menschen entscheiden selbst und dokumentieren ihre Bereitschaft zur Organspende zweifelsfrei.“

Zudem bittet die Synode die Gemeinden darum, dem Bündnis „United4Rescue“ beizutreten. Das Bündnis unterstützt zivile Rettungsorganisationen, die sich um Menschen kümmern, die im Mittelmeer vom Ertrinken bedroht sind. Die Grundlagen des ökumenischen Selbstverständnisses der rheinischen Kirche hat das Kirchenparlament in einer neuen Ökumenekonzeption dargelegt, in der es die Einheit der Kirche, die Einheit der menschlichen Gemeinschaft sowie die Einheit der ganzen Schöpfung in den Mittelpunkt stellt.
Da die Beschlüsse zum Haushalt bereits im vergangenen Herbst gefasst wurden, war diese Synode um einen Tag kürzer als sonst.

Weitere Informationen zur Landessynode sind unter www.ekir.de/landessynode zu finden.

Hintergrund „Landessynode“
Die in der Regel Anfang Januar und damit als erste aller EKD-Gliedkirchen jährlich tagende Landessynode ist das oberste Leitungsgremium der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR). Sie entscheidet über die wichtigsten Belange der Landeskirche. Von den rund 2,5 Millionen Mitgliedern der rheinischen Kirche, die zwischen Niederrhein und Saar in 37 Kirchenkreisen mit 668 Kirchengemeinden organisiert sind, gehören mehr als 71.400 zu Hessen. Im Kirchenkreis an Lahn und Dill gibt es insgesamt 47 Kirchengemeinden. Oberster Repräsentant der EKiR als der zweitgrößten evangelischen Landeskirche in Deutschland ist seit 2013 Präses Manfred Rekowski. Er steht gleichzeitig der Kirchenleitung vor, die in der Zeit, in der die Landessynode nicht tagt, die Geschäfte führt.

Fotos: Barnikol-Lübeck / Stiewink / Schumacher[vc_gallery interval=”5″ images=”9154,9155,9156,9160,9161″ img_size=”full”]Bild 1: Vertraten den Evangelischen Kirchenkreis an Lahn und Dill bei der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland in Bad Neuenahr (v.l.):  Rolf Bastian, Manuela Lowies, Alexandra Hans und Roland Rust. (Foto: Barnikol-Lübeck)

Bild 2: Mathias Rau, Vorstand der Diakonie Lahn Dill, nahm von der Landessynode, die sich schwerpunktmäßig mit dem Thema „Diakonie“ befasste, wichtige Impulse mit nach Hause. (Foto: Stiewink)

Bild 3: Diakonie-Präsident Ulrich Lilie warb in seinem Impulsreferat für ein stärkeres Miteinander von Kirche und Diakonie. (Foto: Stiewink)

Bild 4: Beim Brot-für-die-Welt-Stand erprobten Mathias Rau, Vorstand der Diakonie Lahn Dill und TIKATO-Vorsitzende Heidi J. Stiewink ihren ökologischen Fußabdruck zum Thema „Lebensmittel“. (Foto: Erik Schumacher)

Bild 5: Der Bibelvers aus dem Matthäusevangelium, Kapitel 25, Vers 35, der am letzten Synodentag hinter dem Präsidium plakatiert war, weist gleichzeitig auf das Thema der nächsten Landessynode 2021 hin: „Seelsorge“. (Foto: Barnikol-Lübeck)