1000 Menschen in letzter Lebensphase begleitet:

Der Ambulante Hospizdienst der Diakonie Lahn Dill besteht seit 20 Jahren. Mit einem Schulungskurs im Jahr 1998 wurden erste Samen für die Hospizarbeit in der Region gelegt. Seitdem ist die Hospizbewegung kontinuierlich gewachsen. Nach Angaben der Koordinations- und Ansprechstelle (KASA) für Dienste der Sterbebegleitung und Angehörigenbetreuung im Hessischen Sozialministerium gibt es inzwischen hessenweit über 100 ambulante Hospizgruppen.

In Wetzlar haben in den vergangen zwei Jahrzehnten über 200 Menschen die Hospizkurse des Ambulanten Hospizdienstes besucht. Fast 1.000 Menschen aus dem südlichen Lahn Dill Kreis wurden in ihrer letzten Lebensphase oder in ihrer Trauer von Ehrenamtlichen des Dienstes begleitet.

Was bewegt Menschen, einen Schulungskurs in Sterbe- und Trauerbegleitung zu besuchen? Die Gründe sind sehr vielfältig. Manche Teilnehmende haben Angehörige gepflegt, manche suchen Menschen, mit denen sie sich sinnvoll austauschen können und wieder andere möchten etwas geben: Von ihrer frei gewordenen Zeit, weil sie in Rente gehen oder die Kinder erwachsen sind. Andere geben von ihrer Lebenserfahrung.

Alle Kursteilnehmer möchten lernen: Wie geht das mit dem Sterben? Was passiert in den letzten Wochen, Tagen und Stunden? Wie stelle ich mir mein eigenes Sterben vor? Welche Möglichkeiten der Unterstützung und Hilfe gibt es vor Ort und wie kann ich mich auf mein Sterben vorbereiten? Wie kann ich mit anderen Menschen über dieses Thema ins Gespräch kommen?

Eine Kursteilnehmerin sagte: „Ich habe im persönlichen Umfeld verschiedene Erfahrung mit dem Tod gemacht, dazu zählte auch das Sterben auf einer Palliativstation im Krankenhaus, sowie im Hospiz. Zu erleben, wie achtsam und liebevoll auf die Bedürfnisse der Sterbenden und Angehörigen eingegangen wurde, hat mich auch die Kostbarkeit meines Lebens spüren lassen.“
Anlässlich des 20jährigen Jubiläums des Ambulanten Hospizdienstes der Diakonie Lahn Dill haben die Ehrenamtlichen gemeinsam mit ihren Koordinatorinnen und einer Referentin ein Seminarwochenende „Die Kostbarkeit des Lebens im Angesicht von Sterben, Tod und Trauer“ in Laubach verbracht. In den Kursen erleben die Teilnehmer die hospizliche Grundhaltung: Fürsorgliches Annehmen, wertschätzenden Respekt, Aufrichtigkeit und Verlässlichkeit sowie große Zurückhaltung dabei, anderen eigene Vorstellungen aufdrängen zu wollen, so die beiden Koordinatorinnen Ute Schmidt und Sabine Adams.

„Vor allem an den Kurswochenenden erfahren die Teilnehmenden, wie heilsam es sein kann, mit ihrer eigenen Trauer wertschätzend angenommen zu sein und keine vorschnellen Ratschläge ertragen zu müssen. Diese Erfahrung kann Mut geben, sich nach dem Ende des Kurses ehrenamtlich im Hospizdienst weiter zu engagieren“, erklärte Adams und führt weiter aus: „Alle Kursbesucher nehmen diese kostbaren Erfahrungen mit in ihr eigenes Leben und tragen sie auf diese Weise in die Gesellschaft. So sind Hospizkurse auf eine Weise ‘Lebensschule’, die vermittelt: Das Lebens ist kostbar bis zuletzt und braucht verlässliches und fürsorgliches Dasein, gerade dann, wenn es schwer wird.“

Zurzeit sind rund 30 Frauen und Männer im Ambulanten Hospizdienst im südlichen Lahn Dill Kreis aktiv. Ambulante Hospizarbeit könne nur mit Ehrenamtlichen gelingen. Sie sind es, die die Menschen dort begleiten, wo sie sich sicher wissen. Das kann im vertrauten Zuhause, im Seniorenheim, auf einer Station eines Krankenhauses oder im stationären Hospiz sein.

Die Ehrenamtlichen wirken eher im Stillen und sind nach außen nicht immer sichtbar. Sie kommen als Mitmenschen und bringen viel Zeit mit und sie bleiben verlässlich da und halten mit aus, wenn es schwer wird.
Sterbenden Menschen falle es oft schwer sich dieses vorzustellen: Ich muss alles los- und zurückzulassen, geliebte Menschen, nicht gelebtes Leben und lieb gewonnene Dinge. Neben der Sprachlosigkeit gebe es oft ein großes Bedürfnis nach Austausch zu drängenden Fragen: Gibt es für mich noch Hoffnung auf Heilung? Muss ich jetzt schon sterben? Was geschieht danach? Oft können Gedanken und Wünsche zu Bestattung und zur Trauerfeier nur schwer mit den nächsten Angehörigen besprochen werden. „Ich bin so froh, dass Sie das mit meiner Mutter besprechen, mir selbst fällt das unendlich schwer!“, sagte ein Sohn zu einer begleitenden Ehrenamtlichen.

„Manchmal geht es auch um Ablenkung und Zeitvertreib durch Erzählen, Vorlesen oder miteinander spazieren Gehen. Nicht wir geben vor, was in der gemeinsam verbrachten Zeit geschieht, sondern der Mensch, der begleitet wird, zeigt uns, was er braucht“, so Ute Schmidt.

In den Begegnungen mit sterbenden und trauernden Menschen erfahren die Ehrenamtlichen oft große Dankbarkeit für das Dasein und Dableiben. „Ich bin immer wieder total erstaunt über das Vertrauen, das die Menschen mir als eigentlich wildfremdem Menschen entgegen bringen und wie dankbar sie sind. Eigentlich mach` ich gar nicht viel, ich bin doch einfach nur da!“, beschreibt es eine Ehrenamtliche.

„Wir selbst, als Begleitende im Sterben und in der Trauer, werden durch die Begegnungen immer wieder neu sensibilisiert, unsere eigenen Lebensmöglichkeiten bewusster wahrzunehmen“, sagt Ute Schmidt. Und Ehrenamtliche beschreiben es so: „Die Kostbarkeit des Lebens heißt für mich, mein Leben anzunehmen in allem, nicht nur in der Freude sondern auch in der Trauer und im Schmerz. Ich bin mir der Endlichkeit meines eigenen Leben bewusst und lerne, die Tage und die gemeinsam mit anderen Menschen verbrachte Zeit mehr zu schätzen“.

Auch im nächsten Jahr bietet der Ambulante Hospizdienst wieder einen Hospizkurs für ehrenamtliche Sterbe- und Trauerbegleitung ab Januar an. Einen Informationsabend für Interessenten gibt es deshalb am Donnerstag, 15. November, um 19 Uhr in der Charlotte-Bamberg-Str. 16, in Wetzlar statt. Anmeldungen oder Anfragen nehmen die Koordinatorinnen, Ute Schmidt und Sabine Adams gerne entgegen unter Telefon 06441 9013-116 oder per Mail an hospizdienst@diakonie-lahn-dill.de

lr

 

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Ehrenamtliche Hospizbegleiter genießen die herbstliche Natur bei einer Tagung im oberhessischen Laubach.