Ein Leben zwischen Bibel, Bildung und Begegnung
Der Evangelische Kirchenkreis an Lahn und Dill trauert um Pfarrer i.R. Hans Ulrich Müller, der im Alter von 64 Jahren verstorben ist.
Müller war ein Pfarrer, der mit Kopf, Herz und Humor wirkte – geprägt von einem tiefen Glauben, der immer auch suchend blieb, offen für die Fragen der Zeit und die Menschen, die ihm begegneten.
Vom Weigle-Haus ins Pfarrhaus
Geboren in Lahnstein am Rhein und aufgewachsen in Essen-Bredeney, fand Hans Ulrich Müller schon früh Zugang zum Glauben. Im pietistisch geprägten Weigle-Haus bei Pfarrer Ulrich Parzany und in der Jugendarbeit der Evangelischen Kirchengemeinde Essen-Rüttenscheid entdeckte er die Theologie als Lebensweg. Er berichtete, dass ihm dort der Glaube als persönliche Entscheidung vermittelt wurde, bibelorientiert, aber auch durchaus politisch und kritisch in den Zeiten des Endlagers Gorleben und des NATO-Doppelbeschlusses mit den Ostermärschen „Der Glaube war für mich nie bloß Theorie“, sagte er einmal. „Er war eine Entscheidung – persönlich, biblisch, kritisch.“
Er studierte Theologie in Wuppertal, München und Tübingen, ehe er für Vikariat und Hilfsdienst in den Lahn-Dill-Kreis kam, zum Ehepaar Kannemann in die Evangelische Kirchengemeinde Lützellinden. Dort lernte er die Praxis kirchlicher Arbeit kennen, ganz nah bei den Menschen.
Landpfarrer mit Herz für die Jugend
Nach seiner Ordination führte ihn sein Weg in den Kirchenkreis Simmern-Trarbach, wo er über zwei Jahrzehnte als Gemeinde-, Jugend- und Schulpfarrer tätig war.
Seine erste Pfarrstelle trat er 1992 in den Hunsrückgemeinden Irmenach-Lötzbeuren-Raversbeuren an. „Landpfarrer mit allem, was so eine dörfliche Gegend zu bieten hat“, nannte er sich selbst, mit einem Lächeln, das viel von seiner Haltung verriet: bodenständig, humorvoll, zugewandt. Die Jugendarbeit blieb ihm eine Herzensangelegenheit, weshalb er zusätzlich auch als Jugendpfarrer des Kirchenkreises Simmern-Trarbach wirkte und seit 2007 parallel zum Gemeindedienst als Seelsorger und Religionslehrer am Gymnasium Traben- Trarbach tätig war.
Ein neuer Weg: Seelsorge an Schulen
2014 entschied sich Hans Ulrich Müller, noch einmal Neues zu wagen und wechselte als Schulpfarrer und Seelsorger an Berufsschulen.
2015 kam er zurück in den Lahn-Dill-Kreis, wo er in Hüttenberg-Rechtenbach mit seiner Familie eine neue Heimat fand. An der Käthe-Kollwitz-Schule und Theodor-Heuss-Schule in Wetzlar wurde er für viele junge Menschen zu einem verlässlichen Ansprechpartner, der Glauben und Leben in Sprache brachte, ohne zu belehren.
Parallel wirkte er in der Kirchengemeinde Dutenhofen/Münchholzhausen, vor allem in der Konfirmandenarbeit.
Sein Engagement reichte weit über die Gemeindegrenzen hinaus: Als Synodalbeauftragter für den Kirchentag und als Mitglied, teils als Vorsitzender bzw. stellvertretender Vorsitzender, in verschiedenen Ausschüssen, so etwa dem Ausschuss für Ökumene und Mission im Evangelischen Kirchenkreis Simmern-Trarbach, des Botswana-Ausschusses, des Schulausschusses, des Seelsorgeausschusses sowie des Sozialethischen Ausschusses der Evangelischen Kirchenkreise Braunfels und Wetzlar, des heutigen Evangelischen Kirchenkreises an Lahn und Dill – prägte er kirchliches Leben mit.
Dankbare Weggemeinschaft
Als Hans Ulrich Müller Ende Juli in den Ruhestand verabschiedet wurde, war die Kirche in Münchholzhausen voll bis auf den letzten Platz. Viele Weggefährtinnen und Weggefährten aus Nah und Fern kamen, um „ihrem“ Pfarrer zu danken. Musik, Grußworte, persönliche Erinnerungen, sie erzählten von einem Menschen, der Glauben gelebt hat: leise, ehrlich, verlässlich.
„Man kann ja sowieso nicht tiefer fallen als in Gottes Hand.“
Seit 2017 lebte Hans Ulrich Müller mit einer schweren chronischen Erkrankung, getragen von seiner Frau Beate, seinen drei Kindern, der Schwiegertochter und zwei Enkelkindern.
Sein Blick blieb dankbar und hoffnungsvoll. „Mit Freude zu leben im Miteinander, zu sehen, dass es meiner Familie gut geht – getragen zu werden von Gott, der mir Kraft und Möglichkeiten dazu geben kann, wenn er mag. Aber man kann ja sowieso nicht tiefer fallen als in Gottes Hand. Merci, big daddy!“ – dieser Satz war typisch für ihn: humorvoll, gläubig, mit einem Augenzwinkern in Richtung Himmel.
Mit Hans Ulrich Müller verliert unser Kirchenkreis einen Pfarrer, der Glauben gelebt und weitergegeben hat – mit Herz, Haltung und einer stillen Fröhlichkeit, die ansteckend war.
Wir vertrauen ihn der Liebe Gottes an und sagen in Dankbarkeit: „Gott befohlen, lieber Uli Müller.“
JCK
FOTO: Beate Müller