Die Margarethenkirche in Krofdorf-Gleiberg platzte aus allen Nähten, als am Sonntag zu Erntedank der Organist Thilo Marauhn zum Eingang des Gottesdiensts zur Verabschiedung von Pfarrer Georg-Christoph Schaaf aufspielte. 32 Jahre war Schaaf der Gemeindepfarrer. Ab dem 1. November 2024 übernimmt er die neue pfarramtlich verbundene Gemeinde Kleebachtal, Ebersgöns und Hochelheim- Hörnsheim.

Sein Vikariat von 1992 bis 1994, die Pastorenstelle im Hilfsdienst, bis zu seiner Ordination und letztendlichen Anstellung als Pfarrer – all das fand in Krofdorf-Gleiberg statt. Seine Kinder sind hier aufgewachsenen, seine Familie im Leben der Ortsgemeinschaft tief verwurzelt. Es scheint also nicht übertrieben, zu sagen, dass die Gemeinde Wettenberg sein Leben war und andersherum. So wollten natürlich viele Menschen von ihrem Pfarrer Abschied nehmen und noch einmal mit ihm gemeinsam Gottesdienst feiern.

Geleitet durch den Familien-Psalm

Getragen wurde der Gottesdienst durch zwei Psalmen – Psalm 16 und Psalm 103. „Psalm 16 begleitete die Vereinigung der Gemeinden zur Gemeinde Wettenberg und war Inspiration für unser Siegel“, erzählte Pfarrer Schaaf. Der Psalm 103 „Das Hohelied der Barmherzigkeit Gottes“, im Gottesdienst gelesen von Schaafs Geschwistern, Antje-Felicitas Stahl und Georg-Dietrich Schaaf, ist der Familien-Psalm, der Familie Schaaf schon seit mehreren Generationen leitet und begleitet.

Ein Ruf zu neuen Ufern

In seiner Predigt schaute Georg-Christoph Schaaf noch einmal zurück: Er sprach von seltsamen Dingen, die plötzlich in seiner Familie passierten, wie der Tod eines uralten Apfelbaums im Pfarrgarten und dem Defekt einer Spülmaschine. Auch von seiner Arbeit als Assessor im Kirchenkreis und der zusätzlichen Vertretungspfarrstelle. „Zunehmend spürte ich auch, was es bedeutet, wenn ich als Pfarrer […] nicht mehr mit voller Kraft hier in Wettenberg zur Verfügung stehen kann.“ Alles das führte dazu, dass er einen „Ruf zu neuen Ufern“ verspürte.

Beim Betrachten des mächtigen Taufsteins von 1998 vom Künstler Kabukii, Kaa und dem Schreiterschen Tauf-Fenster sprach Schaaf über die Bedeutung der Taufe, nämlich „[…] theologisch ein Sterben des alten Menschen, damit das Neue, das frische, fröhliche Leben im Glauben an Jesus Christus bereitet wird“. Im übertragenen Sinne passiere dies eben jetzt durch seinen und den Abschied seiner Familie aus der Gemeinde.

Er und seine Familie blicken mit großem Dank auf die vergangenen 30 Jahre zurück. „Unendlich viele Menschen haben mit uns das Leben geteilt, uns Gutes getan und für uns gebetet, haben uns unterstützt und unsere Kinder gefördert.“ Doch es wird weitergehen, denn die Taufe ist nicht nur Abschied, sondern auch ein Neuanfang des Lebens. „Im Zeichen aller Vergänglichkeit und der Wirklichkeit schmerzhafter Abschiede, in der Sehnsucht nach Heil und Heil sein, entfaltet sich mein alter Familien-Psalm 103“, so Georg-Christoph Schaaf weiter.

Ein Leben auf acht Säulen

Ebenso wie die acht Säulen, die das Taufbecken von Kabukii, Kaa tragen, nannte Pfarrer Schaaf acht Säulen seines Lebens und dem seiner Familie in der Gemeinde Wettenberg. 1. Die Säule „liebliches Land“, dem „Erbteil“, mit dem Gott ihm betraute. Hier sprach Schaaf darüber, wie er und seine Frau Nicole als junge Familie wunderbar in der Gemeinde willkommen geheißen wurden und wie das Pfarrhaus für seine beiden Töchter zum Elternhaus wurde. Besonders dachte er hier an seinen Vorgänger und Mentor, Pfarrer Hanns-Christoph Barnikol, „von Anfang an beflügelte mich sein Vertrauen in mich und die Ermutigung, auch früh Verantwortung zu übernehmen“ Seine  2. Säule ist die in der Rolle als Pfarrer – an der Seite der Menschen in Seelsorge und Verkündigung, gerade der älteren Menschen. Aber auch mit seiner Neugier und Offenheit, die ihn immer wieder dazu antrieb, Neues zu initiieren. Die 3. Säule ist die „Natur“, mit besonderem Blick auf den wunderschönen Pfarrgarten, den er zusammen mit seiner Frau so gerne und reich gestaltete. Säule 4 seiner Zeit in der Gemeinde in Wettenberg waren „Kinder/ Jugend/ Familie“, bei der Schaaf sich daran erinnerte, wie er in einer Zeitung einmal als Jugendpfarrer bezeichnet wurde und das alte Gemeindehaus zum Jugendhaus umgewandelte. Kinder, Jugendliche und Familien sowie die Krabbelkreis-Arbeit seien für ihn immer ein Herzstück seiner Gemeindearbeit gewesen. Die 5. Säule war der „Kunst“ gewidmet, eine ganz besonders große Leidenschaft von Georg-Christoph Schaaf. Hier bedankte er sich besonders bei seinem Presbyterium, dass ihm in all den Jahren großes Vertrauen und den Freiraum schenkte, die Kirchenräume ästhetisch zu gestalten und somit Räume für die Bildende Kunst öffnete, wie z. B. die neuen Taufsteine, die neugestalteten Kirchenfenster, die zurückgeholten Bildepitaphen sowie der Rückbenennung der alten Kirchennamen aus Identitätsgründen. Auch die Gründung einer Denkmalstiftung sei eine „geniale Idee“ gewesen. „Musik“ ist die 6. Säule, voll mit unzähligen Konzerten von unterschiedlichsten Gruppen und Musikstilen. Schaaf hob besonders hervor, dass das Herzstück, der Singkreis, vor kurzem sein 25jähriges Jubiläum feierte. Die Säule 7 „Wissen“ verband Schaaf mit seinen Fortbildungen, von denen er immer sehr viel profitierte sowie seinem Sabbatical mit einem „Anschlussstudium“ in Greifswald. Die Begegnungstage unter dem Motto „Kirche unterwegs“ mit den Besuchen bei den Menschen in den Neubaugebieten, lassen Georg-Christoph Schaaf heute noch staunen: „Wir gehen zu den Menschen hin und warten nicht“. Die letzte und 8. Säule war mit dem Satz versehen „Ihr habt mich getragen“, besonders, als es Schaaf vor ein paar Jahren gesundheitlich nicht gut ging. „Und doch habe ich mich ermutigen lassen, Schritte nicht zurück, sondern wieder nach vorne zu gehen. Und ihr habt dabei auf mich geachtet“.

Zum Ende seiner Predigt erinnerte Schaaf auch noch einmal an das Erntedankfest und die darin enthaltene Vergänglichkeit. „Wer ist es, der in Wahrheit die Ernte einfährt und dem das Lob gebührt? Das sind nicht wir. Sondern es ist der Gott unser Herr …“.

Veränderungen sind Teil der Geschichte

Der Superintendent des Kirchenkreises an Lahn und Dill, Dr. Hartmut Sitzler, der Georg-Christoph Schaaf von seinem Dienst als Pfarrer entpflichtete, sprach von einer tiefen Weisheit des Erntedank, die gerade in gesellschaftlich sehr herausfordernden Zeiten wichtig ist. „Er wurde schon Jahrhunderte vor uns gefeiert und wird auch Jahrhunderte nach uns gefeiert werden. Nehmen wir uns als nicht so wichtig. Veränderungen gab es schon immer in der Geschichte auch und besonders in der Kirche.“

Musikalisch begleitet wurde der Gottesdienst von Thilo Marauhn an der Orgel, dem Singkreis, dem Taizé-Chor sowie von Diakon Ernest Aguirre und Elke Kurth am Piano. Die Kollekte ging zu gleichen Teilen an TIKATO und die Kirchengemeinde Wettenberg.

Die Männer-Pilgergruppe des Kirchenkreises an Lahn und Dill, die Pfarrer Georg-Christoph Schaaf leitet, hatte noch ein besonders Abschiedsgeschenk mitgebracht. Sie überreichte ihm im Rahmen des Gottesdiensts ein Pilgerkreuz.

Im Anschluss an den Gottesdienst wurde im Gemeindehaus bei Kaffee, Kuchen und dem einen oder anderen Grußwort und vielen tollen Gesangseinlagen stimmungsvoll weitergefeiert.

Am 03. November 2024, um 14 Uhr, wird Georg-Christoph Schaaf in der Evangelischen Kirche in Hochelheim, Hauptstraße 54, mit einem Festgottesdienst in seiner neuen Gemeinde Kleebachtal, Ebersgöns und Hochelheim-Hörnsheim in sein Amt eingeführt.

JCK